Nicht zuletzt der Preisdruck sorgt dafür, dass Europa im globalen Vergleich substragisch werden wird, meint Brian Wilken, Vice President Avnet Supply Chain Solutions bei Avnet Electronics Marketing EMEA. Ganz so schwarz sieht Stephanie Spinner-König, Manging Director der Spinner Group allerdings nicht für den Standort Europa: »Die Verlagerung ins Ausland geht nach meiner Erfahrung wieder etwas zurück. Allein aus Logistik-Gründen ist eine Verlagerung ins Ausland schließlich nicht immer der Weisheit letzter Schluss.« Wichtig sei vielmehr dort zu produzieren, wo der Kunde ist und das ist in vielen Fällen besonders bei mittelständischen Unternehmen nach wie vor Europa. Allerdings mahnt Spinner-König auch die Politik ein innovationsfreundlicheres Umfeld in Deutschland zu schaffen, das den Standort stärkt und nicht behindert, wie so manche Gesetzgebung - beispielsweise Basel II.
Dass der Tier-1-Markt langsam aber sicher aus Europa abwandern wird, davon ist Wilken überzeugt: »Die Komponenten-Hersteller werden sich in der Folge mit ihren Ressourcen vor allem auf die großen Volumina in Asien konzentrieren.« Das zeigt sich alleine schon daran, dass die Halbleiterfertigung nur noch zu 13 Prozent in Europa stattfindet, während in Asien mehr als 50 Prozent der Halbleiter produziert werden. Was bleibt ist die »europäische Tier-2-Welt« und damit eine 95 Prozent Minderheit in der Lieferkette: Und damit schlägt nach Ansicht von Wilken die Stunde der Distribution, die mit dedizierten Supply-Chain-Konzepten die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Tier 2 und damit des Standortes Europa entscheidend stärken kann. Aber auch das kann laut Wilken nur gelingen, wenn Kunde und Distributor noch vernetzter und enger zusammenarbeiten.
Fazit: Den Königsweg zu »der« richtigen Supply Chain gibt es nicht. Es kommt vielfältige Faktoren an: Den Markt an, die Branche, auf die Region, auf die Struktur der Zulieferer und die der Kunden. Der wichtigste Faktor dürfte zum Schluss wie immer der Mensch sein. Wenn es Zulieferern und OEMs gelingt, vertrauensvoll zusammen zu arbeiten, dann ergibt sich die nötige Transparenz, die es beiden ermöglicht, auch in schwierigen Zeiten zu bestehen. Das ist gelebte Partnerschaft und sie wird wichtiger. Denn über eines waren sich die Teilnehmer des Markt&Technik Supply Chain Summit einig: Die Zeiten der Stabilität gehören der Vergangenheit an, die Volatilität wird zur Normalität. Nur wer flexibel ist, wird überleben.
Heinz Arnold, Karin Zühlke