Die Stabilität scheint auf absehbare Zeit verloren zu sein – das ist das Ergebnis der Studie »Global Supply Chain Trends« des Beratungsunternehmen PRTM. Laut Michael D´heur von PRTM werden nur die Zulieferer die Früchte der anziehenden Konjunktur ernten können, die ihre Lieferkette der Volatilität anpassen können.
Jürgen Weyer findet drastische Worte, um zu beschreiben, was seit dem einsetzenden Aufschwung geschehen ist. Aufgrund der leergefegten Lager und der abgebauten Fertigungskapazitäten führte der der plötzlich einsetzende Bedarf zu Lieferengpässen. Bezahlen durften das zum größten Teil die Zulieferer: »Ich schätze, dass die Schwierigkeiten in der Lieferkette dazu geführt haben, dass die Lieferanten zusätzliche Logistikkosten in Höhe von 500 Mio. Dollar verbraten haben«, erklärt Weyer.
Nicht zuletzt dieser Aderlass führte dazu, dass die Lieferanten jetzt – bei voller Auslastung! – gerade mal so eben profitabel seien. »Und das zu einer Zeit, zu der die Automobilhersteller einen Profit von sage und schreibe 26 Mrd. Dollar freuen können!«, ruft Weyer aus. Das habe bereits dazu geführt, dass einige Hersteller dem Automobilgeschäft den Rücken gekehrt hätten.
Wie Jürgen Weyer auch, sieht Michael d´heur, Principal Niederlassung München von PRTM und Leiter der Studie »Global Supply Chain Trends« einen Ausweg darin, die Partnerschaft zwischen den Kunden und den Zulieferern auszubauen. Näher an dem Kunden zu sein, bedeute gleichzeitig höhere Profitabilität. Innerhalb des Netzwerkes, das Zulieferer und ihre Kunden bilden, müsste nach Regionen und Märkten optimiert werden. »Die One-Size-fits-all-Supply-Chain wir den künftigen Aufgaben nicht mehr gerecht«, sagt Michael d´heur.
Um die Kosten zu reduzieren, mag es in bestimmten Fällen gerechtfertigt sein, zu Single-Sourcing über zu gehen, in anderen Fällen sei gerade das Gegenteil angebracht. Emerging Markets kann man nicht genauso behandeln wie die etablierten. Und um erfolgreich Risk-Management betreiben zu können, müsse die Lieferkette durchgängig von ihrem Beginn bis zum Endmarkt betrachtet werden. Die Fähigkeit, den Endmarkt einzuschätzen, dürfte sich zu einem wesentlichen Kriterium für den Erfolg entwickeln.
Im Fordergrund stehe aber die Partnerschaft. Wie können gemeinsam die Kosten reduziert werden, ohne dass ein Partner dabei die Luft ausgeht?
Gerade hier habe die Krise hat gezeigt, wie man es nicht machen sollte. Wer aus der Vogelperspektive auf die Lagerkosten schaut, der fordert sehr schnell ganz golbal, den Bestand runter zu fahren. Da wird quer durch die Bank alles abrasiert ohne zu differenzieren. Aber es gibt ja nicht nur die schlechten Lagerbestände. Die guten, die eigentlich gebraucht würden, hat das Rasiermesser der CFOs deshalb genauso getroffen.
Und weil auch die Fertigungskapazitäten drastisch gekürzt wurden, ist nun für solche Produkte kein Puffer vorhanden und es wird lange dauern, bis die Lieferzeiten sich in diesen Bereichen wieder beruhigen – denn die Halbleiterhersteller können nicht einfach aufs Knöpfchen drücken und schon springt die Produktion wieder auf Vorkrisenniveau an.
»Unsere Umfrageergebnisse zeigen, dass alle COOs sich derzeit intensiv damit befassen, die Qualität der Planung und den Informationsfluss zum Kunden zu verbessern«, sagt Michael d´heur. Wie können zum Beispiel Altbestände zusammen mit den Kunden für beide nutzbringend verwendet werden? Product Life Cycle Management werde zu einem ganz wichtigen Faktor. Und sich auf die Partner zu konzentrieren, mit denen man über längere Zeit zusammen arbeiten will.
Das alles geht wiederum in Richtung Visibilität und Transparenz. Wo beides nicht gegeben ist – und das dürfte in der Realität ja noch länger der Fall sein, und zwar ohne großen Puffer – kommt es darauf an, die Bestände noch enger zu managen, die Waren schneller an den Kunden bringen. Und trotz aller Partnerschaft: Dass bei den großen OEMs die Einkaufsabteilung und die Logistik nicht immer die selben Ziele verfolgen, das birgt für die Zulieferer auch künftig nur schwer zu managende Konflikte. Und zum Schluss gilt doch: Price is King!