Nicht zuletzt der Preisdruck sorgt dafür, dass Europa im globalen Vergleich substrategisch werden wird, meint Brian Wilken, Vice President Avnet Supply Chain Solutions bei Avnet Electronics Marketing EMEA.
Ganz so schwarz sieht Stephanie Spinner-König, Manging Director der Spinner Group, nicht für den Standort Europa: »Die Produktionsverlagerung geht wieder etwas zurück, denn allein aus logistischen Gründen ist eine Verlagerung nicht immer der Weisheit letzter Schluss.« Wichtig sei vielmehr, dort zu produzieren, wo der Kunde ist, und das ist in vielen Fällen besonders bei mittelständischen Unternehmen nach wie vor Europa, ist Spinner-König überzeugt. Allerdings mahnt die Firmenchefin auch die Politik, ein innovationsfreundlicheres Umfeld in Deutschland zu schaffen, das den Standort stärkt und nicht behindert, wie so manche Gesetzgebung. Zwar sei Deutschland unbestritten ganz weit vorne, was die Forschung anbelangt, aber wenn es um die konkrete Umsetzung von neuen Technologien und Produkten gehe, sei man doch traditionell vorsichtig und zurückhaltend nach dem Motto »Bloß keine Fehler machen«. »Ich würde mir eine positivere Fehlerkultur hierzulande wünschen«, meint Spinner-König, »die Entwicklungsingenieure müssen auch mal einen falschen Seitenpfad beschreiten dürfen, um daraus zu lernen und anschließend den richtigen Weg einzuschlagen«, Nur so könnten neue Technologien marktreif werden. Die Firmenchefin geht hier bereits mit gutem Beispiel voran und gründete im eigenen Unternehmen eine Innovationsabteilung. Dabei sei es wichtig, dass den Entwicklern ein kreativer Freiraum zur Verfügung steht, sie nicht unter dem Zwang einer schnellen Markteinführung eine Roadmap abarbeiten müssen.
Und was versteht die Unternehmerin unter dem viel zitierten Begriff »Innovation«? Auch darauf hat Spinner-König eine klare Antwort: »Nicht das, was die Kunden brauchen, sondern was sie wollen!« Wem es gelinge, ein solches Produkt auf den Markt zu bringen, der werde in Europa auch weiterhin Erfolg haben, betont die Firmenchefin.
Dass nichtsdestotrotz der Tier-1-Markt langsam, aber sicher aus Europa abwandern wird, davon sind Wilken und auch andere Teilnehmer des »Supply Chain Summit« überzeugt. »Die Komponenten-Hersteller werden sich in der Folge mit ihren Ressourcen vor allem auf die großen Volumina in Asien konzentrieren.« Das zeigt sich allein daran, dass laut Aussage von Dr. Ulrich Schaefer, Director Market Research bei Robert Bosch, derzeit nur 13 Prozent der Halbleiter in Europa gefertigt werden, während in Asien mehr als 50 Prozent der Halbleiter produziert werden. Und damit sei der Exodus der Halbleiteindustrie aus Europa noch nicht beendet, wie Schäfer erklärt: »Bis 2015 werden nur noch 7 Prozent der Halbleiter in Europa gefertigt werden, die Abhängigkeit von den asiatischen Märkten, allen voran China, wird also deutlich zunehmen.«