»Nicht auf Demand Creation reduzieren«

Neue Modelle für die Distribution gesucht?

17. Juli 2018, 11:36 Uhr | Karin Zühlke
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Die Online-Distribution macht es vor

Was der Online-Distribution insgesamt so gut gelungen ist, nämlich ihre Leistungen auch adäquat zu monetarisieren, daran kann die Volumendistribution bisher nicht in Gänze anknüpfen. Versuche in diese Richtung habe es schon vor vielen Jahren gegeben, schildert Georg Steinberger, Vorsitzender des FBDi und VP von Avnet. »1999 haben Arrow und Avnet das Thema Fee for Service positioniert, um den Kunden bewusst zu machen, dass die Distribution etwas leistet, was nicht unbedingt mit der Marge abgedeckt ist. Es folgte eine große Anzeigenkampagne eines anderen Distributors mit dem Tenor „Bei uns gibt es das alles umsonst“. Wo Wettbewerb Synergien verhindert, lässt sich kaum ein neuer Standard setzen. Dementsprechend hat sich seither im Grunde nichts am Modell der Volumendistribution geändert. Und im Grunde ist das nach Ansicht vieler Distributoren in der Diskussionsrunde auch legitim. »Wir sprechen von einem dynamischen Markt und jeder behält sich vor, dass er sein eigenes Modell platziert«, so Bühler.

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Axel Wiezcorek, Schukat »Wir werden das Geschäftsmodell der Distribution bei uns nicht neu erfinden können. Unser Anspruch ist, unsere Prozesse weiter zu optimieren und in dem, was wir tun, immer besser zu werden.«
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Um die Zukunft der Distribution ist den meisten aber auch nicht wirklich bange: »Solange es die Distribution versteht, eng an den Kunden im jeweiligen Segment dran zu sein, und die Schlüsselanforderungen der Kunden versteht, werden wir immer eine Daseinsberechtigung haben, weil die Welt um uns immer komplexer wird. Wenn es uns dort gelingt, adäquate Lösungen aufzuzeigen, haben wir eine Pole-Position wie die Spinne im Netz und werden immer gebraucht werden«, fasst Frank Stephan, Country Director von Avnet Silica, zusammen.

Distribution vom Sensor bis zur Cloud

Ein Aktionsfeld, in dem die Distribution sich profilieren und ihren Aktionsradius in der Wertschöpfungskette ausweiten kann, ist das Thema IoT: »Wir haben inzwischen im Rahmen des IoT auch ganz neue Wege der Zusammenarbeit und sitzen zum Beispiel bei einem Kunden, der ein großes IoT-Projekt realisiert, bei Strategie-Workshops als Halbleiter-Consultant mit am Tisch«, berichtet Frank Stephan. »Unser Mehrwert ist, dass wir vom Sensor bis zur Cloud genau Auskunft geben können, welche Hersteller maßgeblich sind, und natürlich zusätzlich unsere Expertise bei Software und Security mit einbringen können.« Letztlich geht es bei solchen Diskussionen nicht vordergründig um die Hardware. Der Erfolg beim IoT stehe und falle mit den richtigen Partnern im Netzwerk, bekräftigen auch andere Teilnehmer der Diskussionsrunde. Gelingt es dem Distributor, eine Vertrauensbasis zu schaffen, ist er im Netzwerk mit an Bord. »Wir müssen heute Kompetenz mitbringen, die eine ganz andere ist als früher«, unterstreicht Stephan. »Der Kunde hat eine Idee und sucht Partner, die sie mit ihm umsetzen.« Wer als Distributor neue Themen wie das IoT für sich besetzen möchte, muss sich dieser Herausforderung stellen. So sieht das auch Markus Zühlke: Einfach nur Bauteile beim Kunden vorzustellen, reiche bei diesem Themenkomplex bei Weitem nicht. »Wir gehen zunehmend Kooperationen und Partnerschaften ein, um das komplette Segment abzubilden, und kooperieren zum Beispiel mit Fraunhofer und der TU Chemnitz und Zwickau.« Gemeinsam mit diesen Forschungseinrichtungen hat Rutronik bereits gemeinsame Projekte realisiert, die in patentfähige Lösungen mündeten.

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Frank Stephan, Avnet Silica »Wir müssen heute Kompetenz mitbringen, die eine ganz andere ist als früher.«
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Bei allem Hype um das IoT macht eine Schwalbe noch keinen Frühling. Nicht jeder Distributor kann oder will auf den IoT-Zug aufspringen. So hat Schukat nach Auskunft von Vertriebsleiter Axel Wieczorek bewusst nicht geplant, das eigene Portfolio in Richtung Software-Expertise oder Cloud-Lösungen zu erweitern.  »Wir werden das Geschäftsmodell der Distribution bei uns nicht neu erfinden können. Unser Anspruch ist, unsere Prozesse weiter zu optimieren und in dem, was wir tun, immer besser zu werden.«

Am Ende des Tages muss sich die Distribution darüber im Klaren sein, dass bei all den spannenden Weiterentwicklungen auch noch das – vermeintlich langweilige – Daily Business erledigt werden muss, dem sich etwa ein Distributor für passive Bauelemente täglich stellen muss. »Am Ende des Tages ist dieses Geschäftsmodell bekanntlich aber auch nicht unerfolgreich«, bekräftigt Uwe Reinicke. Schon vor 20 Jahren begann der Abgesang auf passive Bauteile, die durch eine höhere Integration ersetzt würden. »Und heute arbeiten wir immer noch mit MLCCs«, so Reinicke. Für einen Distributor von C-Bauteilen gebe es im Tagesgeschäft eher die Frage, wie man die zunehmenden Massen an Bauteilen logistisch am effizientesten handhabt und wie man die Prozesskosten senkt. »Der Markt verändert sich, die Ansprüche verändern sich und wir adaptieren uns und das werden wir als Distributionsbranche auch weiterhin tun müssen«, resümiert Reinicke.

Ein Modell nach dem Prinzip „one size fits all“ wird es jedenfalls auch in Zukunft nicht geben, aber genau das macht die Distribution in Mitteleuropa aus: Individualismus anstatt Mainstream. Diesen Vorzug sollte sich die Branche stets vor Augen halten, wenn sie sich auf die Suche nach neuen Geschäftsmodellen begibt.


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