Und wie verteilt sich Ihr Geschäft derzeit auf kleine, mittlere und große Stückzahlen?
Das lässt sich nur grob segmentieren, weil die Übergänge sehr unterschiedlich sind. Was für das eine Produkt zutrifft, ist bei einem anderen Produkt bedeutungslos. Volumen und Kundenzahl verhalten sich überwiegend gegenläufig proportional zueinander. Mit einigen wenigen Abnehmern entsteht großes Volumen mit einer eher homogenen Produktauswahl, und andersherum entsteht mit einer großen Kundenzahl eine Vielzahl von Aufträgen im Kleinmengenbereich mit sehr unterschiedlichen Produkten.
Wie hoch ist der Anteil an Design-In-Geschäft? Gibt es das bei Schukat überhaupt im klassischen Sinne?
Natürlich gibt es bei Schukat klassisches Design-In-Geschäft. Für den Bereich Gerätelüfter etwa existiert eine große Anzahl Kunden mit individuellen Bedürfnissen, angefangen beim einfachen Stecker bis hin zu komplexen Entwärmungslösungen, in denen mehrere Hot-Spots im Gerät zu berücksichtigen sind. Hier führt der Weg über eine Simulation zur applikationsspezifischen Anwendung. Meist ist sehr erstaunlich, wie groß die Ersparnis in Zeit und Material und damit auch bei den Kosten letztendlich ist. Dieser eben skizzierte Weg ist sehr aufwendig und kommt nur im Massengeschäft in Betracht.
Das überwiegend Design-In-geprägte Projektgeschäft erreicht bei uns je nach Franchise bis zu zwei Drittel des jeweiligen Umsatzes. Es gibt aber auch Linien, die nahezu rein aus Kataloggeschäft bestehen. Dabei übernehmen wir eine wichtige Schlüsselrolle zwischen den Herstellern von Bauteilen und den Entwicklern. Denn unsere Fachleute haben nicht nur alle Informationen zu Bauteilen, Spezifikationen, Lieferkonditionen, Preisgestaltung und Verfügbarkeit, sondern sie können auch neutral beurteilen, welche Komponenten sich für die jeweilige Anwendung am besten eignen. Unsere Kommunikationswege untereinander sind sehr kurz, so dass Feedback vom Kunden schnell und unkompliziert in Änderungen am Design-In einfließt und umgesetzt wird. Diese besondere Rolle der Distribution haben auch die Hersteller erkannt. Wenn große Standardgerätehersteller wie MeanWell verstärkt auf kundenspezifische Anforderungen eingehen, ist das auch unserer Vorarbeit zu verdanken.
Technischer Support findet gerade in der Katalogdistribution mehr und mehr im Internet statt. Wie gefragt ist der Face-to-Face-Kontakt überhaupt noch?
Sehr gefragt. Wir sehen, dass die Beratung durch den Distributor immer wichtiger wird – sowohl im Internet als auch Face-to-Face. Beim Design-In spielt die persönliche Beratung die wichtigste Rolle. Hier lässt sich der direkte Kontakt in der Regel nicht durch digitale Systeme ersetzen. Unsere Mitarbeiter durchlaufen daher spezielle Schulungen bei den Herstellern und sind Spezialisten auf ihrem Gebiet. Zudem haben wir unsere Vertriebsregionen neu gegliedert und das Außendienstteam für Deutschland personell aufgestockt. Das ermöglicht flächendeckend eine persönliche Beratung. Gleichzeitig verbessern wir kontinuierlich unser Service-Angebot online. Der Relaunch der Website ist dazu nur ein erster Schritt. Weitere Funktionen, wie beispielsweise der Zugang zu Live-Daten aus dem ERP-System auf der Website, sind geplant. Für die Kunden bedeutet das noch mehr relevante Daten zu den Produkten, eine höhere Transparenz bei den Preisen und kurze Such- und Bestellwege.
50 Jahre im Geschäft, das ist heute keine Selbstverständlichkeit mehr. Was sind die Erfolgsfaktoren aus Ihrer Sicht? Ihre USPs?
Seit der Gründung 1964 steht bei Schukat die Unabhängigkeit im Fokus. Damit hat Firmengründer Hans-Georg Schukat einen klaren Trend gesetzt, den wir weiterhin verfolgen. So bedienen wir heute unterschiedliche Marktsegmente – von Industrial über Medical und Lighting bis hin zu White Goods und POS. Dazu ist unser Portfolio immer am Puls der Zeit und in produktionsgerechten Mengen ab Lager verfügbar. Als unabhängiges Familienunternehmen in zweiter Generation liegen uns die »alten« Werte wie Fairness, Wertschätzung und Kontinuität am Herzen. Es gehört zu unserer Firmenphilosophie, dass wir nicht nur zu unseren Kunden und Lieferanten langfristige Beziehungen pflegen, sondern auch zu unseren Mitarbeitern. Das zeigt sich auch daran, dass über die Hälfte der derzeit 79 kaufmännischen Angestellten als Auszubildende bei Schukat angefangen haben.
Der Mittelstand hat es in der deutschen Distributionslandschaft teilweise sehr schwer. Experten gehen sogar so weit zu sagen, die Kleinen und die Großen bleiben, aber der Mittelstand wird verschwinden, weil mittelständische Distributions-Firmen irgendwann an den Punkt kommen, richtig viel investieren zu müssen, um weiter wachsen und mit den Großen mithalten zu können. – Wie können Sie hier argumentativ dagegenhalten?
Ja, sicher. Es wird immer aufstrebende Unternehmen geben, die klein anfangen und Partner suchen, die sie verstehen und begleiten. Oder es sind Spezialisten, die aufgrund ihrer Nische im kleinen und mittleren Bedarf verharren. Aufgrund von Marktgegebenheiten sind KMUs für die Volumendistribution oft weniger reizvoll, weil wenig aussichtsreich. Natürlich gibt es im Wachstum Widerstandslinien. Glücklicherweise gibt es zahlreiche Herangehensweisen, um die zu überwinden.
Wie sieht es mit dem Aktionsradius und den Expansionsbestrebungen aus?
Im vergangenen Geschäftsjahr erzielte Schukat eine Umsatzsteigerung von 60 auf 64 Millionen Euro. Dieses gesunde Wachstum wollen wir auch 2014 fortsetzen. Großes Potenzial versprechen vor allem die Zielmärkte Lighting, Industrial Power Supply, EMS Service sowie Heating & Ventilation. Zusätzlich haben wir viele neue Produktlinien ins Programm aufgenommen. Mit dem Hersteller Schützinger arbeiten wir mit einem kompetenten Partner im Bereich Mess- und Prüftechnik zusammen. Auch unser Angebot an Steckverbindern ist mit den schraublosen Klemmen von Wago deutlich gewachsen. Sehr vielversprechend verläuft zudem die 2013 gestartete Franchise-Distribution für Fujitsu im Bereich Relais. Mit diesen neuen Linien und unserem vergrößerten Außendienst lässt sich das angestrebte Wachstum von 8 Prozent im nächsten Jahr gut realisieren.
Avnet will mit MSC ins Systemgeschäft einsteigen. Ist mit Komponenten alleine kein Geld mehr zu verdienen?
So kann man das nicht sagen. Ein Distributor ist heute immer auch ein Service- und Lösungsanbieter – egal ob für Einzelkomponenten oder Komplettsysteme. Zusatzdienstleistungen wie die montagegerechte Vorassemblierung einzelner Komponenten zu mehrteiligen Baugruppen gehören deshalb bei uns genauso zum Angebot wie Rahmen- und Terminaufträge, verhandelbare Sonderkonditionen und die Bestellung von Komponenten in Kleinmengen. Zu unserer Produktphilosophie gehört es, unser gesamtes Portfolio immer wieder auf den Prüfstand zu stellen und gezielt zu erweitern. So können wir sichergehen, dass wir unseren Kunden auch die Artikel anbieten, die sie wirklich brauchen.
Will Schukat das Portfolio in Richtung Value Add Services noch ausbauen?
Den Rahmen dafür stecken die Herausforderungen, die sich uns stellen, und die vorhandenen Kompetenzen, die im Kontext zu der jeweiligen Produktlinie stehen. Wir werden sicher keine Bestückungs- und Fertigungslinie aufbauen, aber auf dem Weg vom einfachen Bauelement zum fertigen Gerät liegen viele Bearbeitungsschritte. Genau dort sehen wir die Möglichkeit, um Dienstleistungen zu erbringen. Das ist insbesondere dann für alle Partner lukrativ, wenn diese Dienstleistungen an anderer Stelle mit höherem Aufwand geleistet werden müssen oder wenn es im Verarbeitungsablauf vorteilhaft ist, einen Prozessschritt schon sehr früh anzugliedern, weil dann beispielsweise die Handhabung wesentlich einfacher fällt oder dadurch das Fehlerrisiko sinkt.