Im Oktober 2023 hat Susanne Ertl bei TDK die Leitung des europäischen Distributionsvertriebs übernommen. Damit unterstützt sie Dietmar Jäger als Leiter der Global Distributor Division von TDK. Markt&Technik hat beide zum Interview im Europa-Headquarter in München getroffen.
Herr Jäger, warum haben Sie die Leitung des Europäischen Distributionsvertriebs an Susanne Ertl übergeben?
Dietmar Jäger: In Europa haben wir bei TDK die Zusammenführung der Vertriebsorganisation schon lange erfolgreich abgeschlossen. In China sind wir noch nicht ganz so weit. Deshalb ist es gut, dass ich mit Susanne Ertl eine hervorragende Leiterin für das Distributionsgeschäft in Europa gefunden habe, und mich jetzt verstärkt auf die Herausforderungen konzentrieren kann, die in China vor uns liegen. China trägt mit knapp 50 Prozent erheblich zum Distributionsumsatz von TDK teil.
Welche Herausforderungen in China sind das aus Ihrer Sicht?
Jäger: Zum einen sind diese Herausforderungen organisatorischer Natur: Die Zusammenführung der Vertriebsbereiche von Epcos und TDK ist in China noch nicht so weit fortgeschritten wie in Europa. Zum anderen ist die allgemeine wirtschaftliche Lage in China derzeit bekanntlich schwierig. Das heißt, wir wollen unseren Vertrieb entsprechend aufstellen, um auf diese Situation besser reagieren zu können.
Welche Vertriebskanäle nutzt TDK derzeit weltweit?
Jäger: TDK ist weltweit sowohl mit seinem eigenen Vertrieb als auch mit seinen Distributionspartnern aktiv. Bei den Distributoren arbeiten wir sowohl mit den wichtigsten globalen Akteuren als auch mit starken lokalen Partnern eng zusammen.
Wie hoch ist der Anteil der Distribution bei TDK derzeit in Europa und weltweit?
Jäger: Im Bauelementgeschäft läuft derzeit in Europa etwa ein Viertel, global etwa ein Drittel über den Channel. Der Anteil in Europa ist etwas niedriger, da TDK hier sehr stark im Direktgeschäft mit der Automobilbranche ist.
Arbeiten Sie auch mit Brokern direkt zusammen?
Jäger: Definitiv nicht!
Wie evaluieren Sie die Leistung Ihrer Distributoren – speziell auch für die jährliche Auszeichnung der besten Distributoren in EMEA?
Susanne Ertl: Wir haben eine 1000-Punkte-Scorecard entwickelt, mit der wir die Leistung unserer Distributoren auswerten. Diese Scorecard wird jährlich an die aktuelle Marktsituation angepasst und ist für unsere Partner transparent. Dadurch teilen wir unseren Distributoren mit, welche Punkte für uns in der Zusammenarbeit maßgeblich sind. Die Bestperformer werden jährlich ausgezeichnet.
Was muss ein Distributor können und bieten, wenn er mit TDK zusammenarbeiten möchte?
Ertl: Da TDK neben sogenannten Commodity-Produkten auch immer mehr Spezialprodukte anbietet, erwarten wir eine technisch versierte Vertriebsmannschaft bei unseren Distributoren. Eine gute Lagerhaltung ist natürlich auch sehr wichtig, weil wir auftragsbezogen fertigen.
Auftragsbezogen heißt …?
Ertl: Wir fertigen nach dem Prinzip »Built to order« und nicht auf »Verdacht«. Wir bevorraten unsere Produkte also selbst nicht in großem Maße, sondern setzen bei der Lagerhaltung auf unsere Distributoren. Das unterstreicht natürlich die Bedeutung der Distribution für TDK.
Inwieweit haben Sie für Europa/EMEA das Vertriebs-/Distributionsnetz angepasst?
Ertl: Da wir in unserer Zusammenarbeit auf starke Partner setzen, ermitteln wir gemeinsam auf Basis unserer Scorecard-Verbesserungsmöglichkeiten zum Wohle der Kunden. Gleichzeitig arbeiten wir auch an einer Verbesserung des Supports für unsere Distributoren, wie etwa Prozessautomatisierung oder Designregistrierung.
Welche Rolle spielt die Distribution in der Vertriebsstrategie von TDK, insbesondere im Hinblick auf die Erschließung neuer Märkte oder den Zugang zu spezialisierten Kundensegmenten?
Jäger: Hier setzen wir auf unsere e-Catalogue-Distributoren wie Farnell, Digi-Key und Mouser, die für uns global tätig sind. Wir haben unseren New-Product-Introduction(NPI)-Prozess auf diese Distributoren angepasst. Wenn wir also neue Produkte vorstellen, sind diese in der Regel bereits ab Lager der Distributoren lieferbar. Dadurch können wir sofort in alle Teile der Welt bemustern und versorgen so neue Markt- und Kundensegmente, die wir im Direktvertrieb nicht so leicht erreichen.
Inwiefern trägt das Vertriebsmodell von TDK dazu bei, die Marktposition des Unternehmens in verschiedenen Regionen der Welt zu stärken und lokale Anforderungen zu erfüllen?
Jäger: TDK setzt bei seiner Vertriebsstruktur auf einen guten Mix aus Key Accounts, regionalen Großkunden und der immer stärkeren Einbindung unserer Distributionspartner. Besondere Schwerpunkte bei uns liegen auf den Abnehmerbranchen Automotive, Industry und Telekommunikation. Das gewährleistet eine gute Marktübersicht, aber auch eine gute Versorgungssicherheit für unser Kunden durch Lagerhaltung bei unseren Channel-Partnern.
Welche Maßnahmen ergreift TDK, um eine effektive Kommunikation und Zusammenarbeit mit seinen Vertriebspartnern zu gewährleisten?
Jäger: Distribution ist People Business. Neben starker lokaler Präsenz setzen wir natürlich auf Service aus einer Hand. In unseren zentralisierten Service-Hubs können wir in ganz Europa gleiche Servicestandards bieten, die in einem dezentralen System so nicht möglich wären. Da sich aber die Anforderungen unserer Distributoren immer wieder verändern, arbeiten wir kontinuierlich daran, unsere Leistungen zu verbessern. So stellen wir zum Beispiel für Besucher der Websites von Digi-Key und Mouser Produktdaten direkt von TDK Websites zur Verfügung. Damit sind diese Daten immer aktuell. TDK war hier weltweit Vorreiter.
Wie reagiert TDK auf die sich ändernden Kundenanforderungen bezüglich Liefergeschwindigkeit und Flexibilität in der Belieferung?
Jäger: Unsere Kernkompetenz als Hersteller liegt in Design und Fertigung von hochwertigen Bauelementen. Die schnelle und flexible Belieferung der Kunden ist Kernkompetenz unserer weltweiten Distributoren. Dazu ist unter anderem eine sehr gute Lagerhaltung erforderlich. All diese Faktoren bewerten wir unter anderem mit unserer Scorecard. Der steigende Distributionsanteil im Gesamtvertrieb zeigt, dass wir damit richtig liegen.
Welche Maßnahmen ergreift TDK, um die Resilienz seiner Lieferkette gegenüber externen Störungen wie Naturkatastrophen oder politischen Unruhen zu stärken?
Jäger: TDK fertigt weltweit. Unser Bestreben ist es, eine lokale Versorgung zu sichern, das gilt auch für den Einkauf der Rohstoffe. Daher finden wir auch für viele gleiche Produktlinien Werke in mehreren Regionen. Das reduziert nicht nur die Lieferzeiten und Kosten, sondert sichert auch die Versorgungssicherheit.
Inwiefern integriert TDK nachhaltige Praktiken in seine Lieferkette und welche Initiativen gibt es, um umweltfreundliche Beschaffungs- und Produktionsprozesse zu fördern?
Jäger: TDK hat sich das Ziel gesetzt, Energie effizienter einzusetzen und die Nutzung erneuerbarer Energien weiter auszubauen, um bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu sein. Als Beispiel ist TDK der internationalen Initiative RE100 beigetreten. Deren Mitglieder verpflichten sich dazu, ihren Strombezug auf 100 Prozent erneuerbare Energien umzustellen. In Europa haben wir dieses Ziel heute schon erreicht. Damit sind wir sicherlich ein Vorreiter in unserer Branche.