Markt&Technik-Umfrage

7. April 2020, 14 Bilder
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Dr. Alain Schumacher, IEE:

Als Automobilzulieferer sind wir von der Corona-Problematik definitiv nicht ausgeschlossen. Wie seit geraumer Zeit in den Medien berichtet wird, reagiert der Automobilmarkt in diesem Zusammenhang weltweit sehr agil. Da die COVID19-Thematik uns schrittweise auf das Niveau einer Pandemie geführt hat, werden/wurden je nach Land und Kontinent zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Entscheidungen und Maßnahmen getroffen. Diese waren/werden teilweise auf Eigeninitiative der Hersteller selbst oder auf Anweisung von den jeweiligen Regierungen getroffen. Angefangen hat alles in China und hat sich dann Schritt für Schritt über den gesamten Globus gezogen.

Da wir als IEE international aufgestellt sind (Produktion, Kundenentwicklungsteams, Verkauf),  in Asien (China, Korea, Japan), den USA, Mexico, Europa (Luxemburg, Slovakei), bekommen wir die verschiedenen Entscheidungen Schritt für Schritt mit.

Dies hat sich als Erstes Anfang des Jahres in China gezeigt, wo alle Produktionsaktivitäten drastisch auf null gefahren wurden, weil der gesamte Automobilmarkt, aufgrund der regierungsseitigen Maßnahmen, quasi spontan zusammengebrochen ist. Hier haben wir die Produktion erst Mitte März wieder hochfahren können und unser Entwicklungsbüro gegen Ende März wieder geöffnet.

In Europa haben die Entscheidungen der Automobilbauer, in Kurzarbeit zu gehen oder Werke zu schließen, einen eher sehr verzögerten Einfluss gehabt. Trotz Werksschließungen wurden zunächst die Abrufe seitens der OEMs im März aufrecht erhalten. Möglicherweise will man die Lager voll haben um nicht ins Hintertreffen zu gelangen, wenn es „dann“ wieder losgeht. Jedoch sehen wir jetzt für die kommenden Monate April und Mai bedeutende Rückgänge. Wie es darüber hinaus aussieht, ist schwer zu sagen. Dies hängt von der Marktnachfrage ab, die aufgrund der immer noch unsicheren und unerfahrenen Situation keiner absehen kann.

In USA sind auch verstärkt Einbrüche im Absatzmarkt zu vermerken, und hier wird die Situation noch heikler sein....

Die Tatsache, dass wir produkt- und kundenseitig weltweit versatil aufgestellt sind, hilft uns sicherlich die Einbrüche zu mildern, aber doch sind sie merklich.    

Aufgrund der mittlerweile sinkenden Nachfrage werden unsere Werke auch vermehrt in Kurzarbeit gehen.

Im Bereich Entwicklung sind die Bücher voll. Ob hier aber nicht das eine oder andere Kundenprojekt von OEM-Seite nach hinten verschoben wird, wird sich erst in den nächsten Wochen und Monaten zeigen. Es ist aber davon auszugehen. Insbesondere bei Produkten (neue und aus dem aktuellen Bestand), die mehr auf den Zubehörmarkt zielen. Darüber hinaus muss man auch sehen, wie sich die COVID19-Krise auf die Entwicklungen im Elektro- und Hybridfahrzeugmarkt auswirkt, wo es aus kostentechnischen Gründen möglicherweise auch zu Verschiebungen kommen kann. Auch hier denken wir über die Einführung von Kurzarbeit nach.

Neuere Studien, die wir von Seiten der CLEPA mit Sitz in Brüssel (Vereinigung der europäischen Automobilzulieferer) kennen, berichten von Einbrüchen in vereinzelten Zuliefersparten (Ende März/Anfang April) von bis zu 60 Prozent. Andere geben bis zu 40 Prozent an. Im Durchschnitt scheint der Wert bei etwa 20 Prozent  zu liegen, was wir zurzeit auch eher sehen. Aber die Zeiten sind sehr agil.   

Aufgrund der sehr agilen Lage haben wir einen sogenannten Corona-Krisenstab, bestehend aus Vertretern verschiedener Firmenbereiche, eingeführt. Dieser besteht aus Personalabteilung, Produktion, Logistik, Einkauf und F&E. Hier werden auf täglicher Basis die relevanten Themen und Entwicklungen diskutiert und Entscheidungen getroffen. So haben wir Ende letzter Woche mitgeteilt bekommen, dass Werke in Mexiko ab Montag ihren Betrieb schließen müssen. Es ist aber nicht ganz klar formuliert, welche. Man ist also in einer Situation, die sich sehr sporadisch ändern kann.

Aufgrund unserer internationalen Aufstellung stellt der Bereich Logistik eine wahre Herausforderung dar, mit vermehrtem Aufwand gewisse Zulieferketten aufrechtzuerhalten. Des Weiteren ist das Verschiffen von Waren schwieriger und teurer geworden, insbesondere für Übersee.

Wie vorhin schon erwähnt, fahren wir inzwischen kundenbedingt die Produktion zurück. Dies ist allerdings verzögert zu den OEMs geschehen.

Da wir weltweite Kundschaft haben, werden wir womöglich die Produktion von Komponenten nicht vollständig einstellen, da etwa China wieder Fahrt aufgenommen hat. Hier müssen wir liefern. Je nach Nachfrage sind aber kurzzeitige Reduzierungen je nach Produktzweig von bis zu 50 Prozent denkbar.

Die permanente Herausforderung wird bleiben, tagtäglich die richtige Min/Max-Betrachtung zu betreiben, um das Risiko sowohl auf geschäftlicher als auch menschlicher Seite (Gesundheit) so gering wie möglich zu halten. Des Weiteren muss man jetzt schon Betrachtungen für die Zeit danach durchführen. Hier gehört auch Stress der Firmenfinanzen dazu.