Am 8. Februar 1947 begann im skandinavischen Automobilbau ein neues Zeitalter: Mit der Auslieferung von zwei Volvo PV444 an Kunden in Borås und Alingsås bei Göteborg feierte die schwedische Automarke den Serienstart ihres ersten Volumenmodells, das zur Ikone wurde. Eine Rückschau in Wort und Bild.
Der von seinen Fans liebevoll Buckel genannte Volvo PV444 steht für den Aufbruch der europäischen Autoindustrie in die Nachkriegsära: Die von den Medien damals als »sicherstes Automobil der Welt« gefeierte neue Fastback-Limousine konnte bereits bei ihrer Premiere im Kriegsjahr 1944 bestellt werden.
Mit dem PV444 gelang Volvo der Sprung in die Liga der global erfolgreichen Großserienhersteller. Das im Stromliniendesign gezeichnete und mit moderner Sicherheitstechnik ausgestattete Automobil wurde als erschwingliches Massenmodell entwickelt und übertraf von Beginn an alle Verkaufserwartungen. Hatte Volvo bis dahin maximal 2.000 Einheiten einer Modellreihe gebaut, wurden vom kompakten, aber technisch fortschrittlichen Volvo PV444 bis zum Jahr 1958 insgesamt 195.959 Fahrzeuge verkauft. Zusammen mit der Weiterentwicklung Volvo PV544 und den auch bei Familien und Freizeitsportlern populären Kombiversionen Volvo Duett PV445 und P210 wurden es bis 1969 sogar über 540.000 Einheiten.
Als sogenanntes Friedensfahrzeug feierte der von den Volvo-Unternehmensgründern Assar Gabrielsson und Gustaf Larson initiierte Volvo PV444 schon im September 1944 in Stockholm seine Premiere. Der Preis für dieses trotz stattlicher Abmessungen als erster Volvo-Kleinwagen positionierte Modell betrug günstige 4.800 Schwedische Kronen, genauso viel wie 1927 für den legendären Volvo ÖV4 Jakob berechnet wurde, mit dem die Geschichte von Volvo begonnen hatte.
Was keiner ahnte: Auch nach Kriegsende hielt die Rohstoff- und Materialknappheit an und die Kosten stiegen. So kam die Serienfertigung des nun mit 6.050 Kronen eingepreisten Volvo PV444 erst Anfang 1947 ins Rollen. Alle Vorbesteller dieses ersten Automobils mit selbsttragender Sicherheitskarosserie, innovativer Verbundglas-Frontscheibe sowie vorderer Einzelradaufhängung erhielten ihr Fahrzeug allerdings dennoch zum ursprünglichen Preis.
Der Verkaufserfolg des von einem sehr effizienten, robusten und vergleichsweise kräftigen 29 kW (40 PS) Vierzylindermotor angetriebenen Volvo PV444 entwickelte sich überwältigend, sodass die ursprünglich geplante Gesamtstückzahl zunächst von 8.000 auf 12.000 Einheiten erhöht wurde. Mit seinem avantgardistisch wirkenden Aero-Design gewann der anfangs ausschließlich in Schwarz lackierte PV444 sogar internationale Concours d’Elegance – der Auftakt zum globalen Exporterfolg.
Ab 1949 erhöhte die sogenannte Roto-Dip-Phosphatbeschichtung den Rostschutz der Karosserie, wichtig für dauerhafte Stabilität der Sicherheitsstruktur. Als 1950 endlich alle Materialengpässe überwunden waren, katapultierte die nun in Großserie gehende Fastback-Limousine die Marke Volvo erstmals auf Platz eins der schwedischen Neuzulassungsstatistik.
Wenig später feierten die Amerikaner den Volvo PV444 als bis dahin »wichtigstes Importfahrzeug aller Zeiten«. Dazu trug bei, dass der in vielen Rallyes siegreiche und als »Family Sports Car« beworbene PV444 ab 1955 auch mit 63 kW (85 PS) starkem Sportmotor lieferbar war. Das Auto punktete bei Rekordfahrten ebenso wie als Effizienzkünstler, denn der Verbrauch von 6,7 Liter Benzin auf 100 km galt als sehr niedrig.
Der Volvo PV444 zeigte sich aber nicht nur als Buckel in Bestform, auch mit Kombikarosserie als 1953 eingeführter Volvo PV445 Duett wurde er bald Kult. Zwei sympathische Charaktertypen, die 1958 beziehungsweise 1960 durch das Duo Volvo PV544 und Volvo Duett P210 eine sanfte Modernisierung erhielten. Als die Karriere der Buckel-Modelle 21 Jahre nach dem Debüt doch zu einem Ende kam – der Duett wurde sogar bis 1969 gebaut – verabschiedete Volvo die bereits damals legendäre Baureihe in Anzeigen mit den Worten »Farewell, old Friend«.
Seine Absatzerfolge verdankte der PV444 nicht nur den Eigenschaften eines vielseitigen Familien-Sportlers, sondern auch seiner Vorreiterrolle auf dem Feld der Fahrzeugsicherheit. Vor allem die Entwicklung des Dreipunkt-Sicherheitsgurts als patentierter Lebensretter nahm in diesem Automobil Anfang. Bereits 1956 präsentierte ein Handbuch zum PV444 nachrüstbare Hosenträger-Sicherheitsgurte, die an den Vordersitzen befestigt wurden und als Zubehör erworben werden konnten.
Die wirklich wichtigen Schritte waren jedoch erst die fest verankerten Zweipunkt-Sicherheitsgurte im PV444 und schließlich die im weiterentwickelten Volvo PV544 ab Modelljahr 1959 installierten Dreipunkt-Sicherheitsgurte. Innovationen, die Geschichte schrieben und mit denen Volvo seine Kompetenz auf dem Gebiet der Sicherheitsforschung bereits damals nachhaltig manifestierte.