"Progressive SemiConductor Program" (PSCP), Teil 1

Überblick über die Halbleiterstrategie bei Audi

15. Juni 2012, 10:03 Uhr | Von Berthold Hellenthal
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Qualität durch Halbleiter

Die Frage nach den Folgen eines Technologiewechsels bei der Halbleiterproduktion lässt sich mit einer im günstigsten Fall 1-zu-1-Ersetzung durch den neuen Halbleiter beantworten, der bestenfalls auch noch kostengünstiger ist. Dies trifft jedoch in den seltensten Fällen zu. Vielfach werden stattdessen neue Software-Treiber benötigt, die u.U. mehr Rechenleistung des Mikrocontrollers erfordern. Bei MOSFETs müssen bestehende Schutzschaltungen oft ersetzt oder ergänzt werden, Schaltflanken sind neu auszulegen. Neue Lebensdauerbetrachtungen, thermische Untersuchungen, EMV-Untersuchungen, Deltaqualifizierungen und Fahrzeugabsicherungsläufe werden nötig. Ein Technologiewechsel bedeutet somit immer auch ein Qualitätsrisiko und in Folge einen Mehraufwand in Zeit, Ressourcen und Kosten für den Fahrzeughersteller. Zum einen werden bereits in der Entwicklung eines Fahrzeugs mehrere Technologiezyklen durchlaufen, zum anderen wird auch in der Serie kontinuierlich weiterentwickelt werden müssen, da neue Technologien zum Einsatz kommen und damit auch qualitativ abzusichern sind.
Im Premiumbereich besteht mit dem Premiumanspruch auch ein Innovationsanspruch. Es gilt, die richtigen Innovationen in geeigneter Form und Funktion dem Kunden als Erster zur Verfügung zu stellen. Dies bedeutet implizit, dass der Einsatz der neuesten Halbleiter notwendig ist, bis hin zum Maßschneidern von Applikationen auf zum SOP zur Verfügung stehende Halbleiter. Hier zeigt sich dann die terminliche Abhängigkeit von Halbleitern. Ist aufgrund eines Fehlers im Halbleiter ein Re-Design notwendig, so ist der OEM direkt betroffen. Eine kleine Fehlerkorrektur dauert mit Deltaqualifikation in der Regel etwa drei Monate, ein tiefes Re-Design bis zu 18 Monate. Dies geschieht wiederum mit dem Restrisiko, dass erneut ein Fehler auftreten kann und somit ein weiterer Iterationsschritt notwendig wird.
Die rein zahlenmäßig rasante Zunahme von Halbleitern in Fahrzeugen gibt bereits einen ersten Ausblick auf den Qualitätseinfluss der Halbleiter: Bei 6.000 Halbleitern pro Fahrzeug und einer Tagesfertigung von 1.000 Fahrzeugen pro Tag folgt daraus der tägliche Neueinsatz von sechs Millionen Halbleitern pro Tag. Bei einer Ausfallrate von 1 ppm (parts per million) pro Halbleiter über die Fahrzeuglebensdauer bedeutet dies allein aufgrund des Einsatzes der Halbleiter – ohne Berücksichtigung weiterer Fertigungsprozesse – sechs Halbleiterfehler über die Fahrzeuglebensdauer pro Tag. Die Kundenrelevanz eines Halbleiterfehlers ist höchst unterschiedlich, vom Ausfall einer Unterfunktion im Multimediabereich, über eine Warnlampe im Kombiinstrument bis hin zu einem Liegenbleiber. Der Wert von 1 ppm ist dabei bereits ein ordentlicher Wert, der von vielen komplexen Halbleitern, insbesondere in deren Anlaufphasen, um Zehner-Potenzen überschritten werden kann.
Die Steuergerätezielqualität von 100 ppm kann so bereits durch diverse Halbleiter aufgezehrt werden – ein großes Diskussionsthema zwischen OEM und Zulieferer.


  1. Überblick über die Halbleiterstrategie bei Audi
  2. Innovationstreiber Halbleiter
  3. Qualität durch Halbleiter
  4. Anerkennung der Abhängigkeit von Halbleitern
  5. Übergreifend tätige Fachabteilung unterstützt Zulieferer
  6. Vorstellung des Audi Progressive SemiConductor Program

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