Qualitätssicherung mithilfe von Hardware-in-the-Loop-Testsystemen

Fahrversuch versus HiL-Test

2. Juni 2008, 14:36 Uhr | Jürgen Meyer, Frank Langner und Dr. Ulrich Alsmann
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Fortsetzung des Artikels von Teil 4

Fahrversuch versus HiL-Test

Im Idealfall sind die Aufgaben an einem System-HiL auf mehrere Personen aufgeteilt. Das erworbene Knowhow über komplexe Funktionszusammenhänge der HiL-Spezialisten steht übergreifend für mehrere Baureihen bereit. Im Team können Fehlerbilder besprochen und sofort plausibilisiert werden. Bezogen auf den Bereich der Fahrdynamiktests auf der Straße steht und fällt die Testdurchführung damit, welche Fähigkeiten der zur Verfügung stehende Testfahrer mitbringt. Die Beurteilung eines fehlerhaften Verhaltens hängt alleine vom Detailwissen einer einzigen Person ab. An einem HiL-System können fertig erstellte Tests auch unabhängig von der für diese Funktion verantwortlichen Person ablaufen.

Vollständige Automatisierung im Rahmen einer notwendigen Testabdeckung

Das stärkste Argument zugunsten des HiL-Tests im Vergleich zum Fahrversuch ist die Möglichkeit der Testautomatisierung (Bild 2). Die Automatisierung am HiL erlaubt es, einmal erzeugte Testsequenzen immer wieder auszuführen – auch nachts oder am Wochenende. Dieser Aspekt gewinnt besondere Bedeutung, wenn man den iterativen Entwicklungsprozess von Automotive-Embedded-Systemen betrachtet. Das Testen wird in der Regel bereits entwicklungsbegleitend begonnen. Mit jedem neuen Release der Steuergeräte-Software wächst nicht nur der Funktionsumfang, sondern es werden auch die in früheren Releases gefundenen Fehler behoben.

In der Software-Entwicklung kann jede Änderung zu unerwünschten Nebeneffekten und Fehlern führen. In Regressionstests werden bereits als „gut“ getestete Funktionen mit jedem Release erneut überprüft. Die vielen tausend Funktionen in einem Fahrzeug erfordern daher eine vollständige Automatisierung im Rahmen einer notwendigen Testabdeckung.

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Bild 2. Messina stellt dem Anwender eine modellbasierte Testautomatisierung für MiL-, SiL- und HiL-Anwendungen zur Verfügung.

Die am HiL mögliche Automatisierung unterstützt zudem eine Analyse sporadisch auftretender Fehler. Diese sind während eines Fahrversuchs im Fahrzeug zumeist nicht reproduzierbar, weil die auslösenden Eingabeparameter nur grob bekannt sind. Am HiL erlaubt die Software, Parameter automatisiert in kleinen Schritten zu variieren, um so systematisch nach dem Fehler zu suchen. Nicht-funktionale Tests, wie Stresstests, sind im Fahrversuch nur eingeschränkt möglich. HiL-Systeme unterstützen diese Art von Test, da die Fahrereingaben programmgesteuert durch die Testautomatisierung oder das Simulationsmodell ausgeführt werden.

Flexibilität von HiL spricht für sich

Bleibt ein Fahrzeug liegen, verschieben sich alle Tests bis zur Reparatur des Schadens. Reparaturen oder sogar der Austausch ganzer Steuergeräte am HiL erfordern im Regelfall nur wenige Minuten. Vor dem Aufbau der Prototypenkarosserien sind erste Funktionstests schon in der A-Musterphase am HiL ausführbar. Simulationen auf Modellbasis ersetzen zunächst fehlende Steuergeräte.

Bei einer Eingrenzung von Fehlern spielt ein modernes HiL-System weitere Vorteile gegenüber statischen Aufbauten in Fahrzeugen aus. Für eine systematische Fehlersuche stehen frei konfigurierbare elektrische Widerstände und Relais für Leitungskurzschlüsse jeder Art zur Verfügung. Alle Aktor-, Sensor- und CAN-Leitungen sind nahezu beliebig beeinflussbar. Fast alle Szenarien, die zu Fehlereinträgen in Steuergeräten führen, können für eine Fahrzeugdiagnose lückenlos getestet werden. Für die Werkstätten erschließen sich daraus Zeit- und Kosteneinsparungen durch eine schnelle Lokalisierung der Fehler, für Kunden eine höhere Zuverlässigkeit durch die Reduzierung von ungerechtfertigten Fehlermeldungen über den Bordcomputer.


  1. Fahrversuch versus HiL-Test
  2. Tabelle: Beispiele für Testszenarien, bei denen entweder HiL oder das Fahrzeug das bessere Testinstrument sind
  3. Autoren:
  4. Wirtschaftlichkeit lässt sich nicht allein an nackten Zahlen festmachen
  5. Fahrversuch versus HiL-Test
  6. Tests am HiL sind nicht auf Komponenten begrenzt

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