Fahrverbote, Grauzonen, neue Tests

Geht dem Diesel die Luft aus?

16. Juni 2017, 14:05 Uhr | Jan Petermann, Martina Herzog und Teresa Dapp | dpa
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Autobauer wollen auf »Brückentechnologie« Diesel nicht verzichten

Deutsche kaufen nach wie vor gerne Dieselautos, für die Sprit dank Steuervergünstigungen billiger ist. Nicht nur bei den Herstellern, auch in den Zulieferbetrieben hängen Zehntausende Jobs am Verbrenner. E-Autos brauchen ganz andere Bauteile. Zudem geht der Ausbau der Infrastruktur, etwa von Ladestationen, nicht von heute auf morgen. In Sachen Reichweite und Ladedauer tut sich in der Forschung viel, doch bis zur Serienreife ist es weit. Der VDA argumentiert, dass der Verkauf der Verbrenner den Konzernen erst ermöglicht, in abgasfreie Technologien zu investieren. Die «Verkehrswende» ist eine zähe Sache.

Streit über alternative Konzepte

Vor allem die Grünen machen im Wahlkampf Vorschläge für sauberere Luft. Spitzenkandidat Cem Özdemir will den Abschied vom Diesel über höhere Steuern für schmutzige Autos beschleunigen. Im Gegenzug schlägt er Gutschriften bei der Kfz-Steuer für abgasfreie Autos vor, wie er der Wirtschaftswoche sagte. Auch fordern die Grünen, dass von 2030 an keine Autos mit Verbrennern mehr neu zugelassen werden - bei der Formulierung gibt es noch Unklarheiten. Das Umweltbundesamt will Dieselkraftstoff verteuern. Die SPD-Ministerinnen Brigitte Zypries (Wirtschaft) und Barbara Hendricks (Umwelt) regten an, zu »überlegen, wie wir Deutschland zum Leitmarkt für Elektromobilität machen«.

Graustufen im Abgas-Regelwerk

Kritiker sagen, die EU-Regeln zu sogenannten Abschalteinrichtungen seien nicht eindeutig. Zwar steht in der relevanten Verordnung: »Die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, ist unzulässig.« Allerdings gibt es eine Reihe von Ausnahmen. So darf die Technik eben doch genutzt werden, um Motorschäden zu verhindern oder den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten. Umstrittene Folge: Die Hersteller nutzen Thermofenster, bei denen in bestimmten Temperaturbereichen die Abgasnachbereitung heruntergeregelt wird.

Die Sicht des Bundesverkehrsministers

Alexander Dobrindt muss seit dem Beginn der Diesel-Affäre viel Kritik einstecken. Der CSU-Politiker schütze die Branche, lautet der Vorwurf von Opposition und Umweltschützern. Allerdings wirft auch Brüssel der Bundesrepublik vor, sie habe VW nicht bestraft und halte Daten zurück. Es läuft ein Vertragsverletzungsverfahren. Dobrindt sieht das anders: 2,4 Millionen VW-Diesel müssen im Pflicht-Rückruf umgerüstet, 630 000 weitere Wagen mehrerer Marken in puncto Abgastechnik freiwillig nachgebessert werden. Er unterstützt verschärfte Regeln und neue Tests. Ausnahmen bei der Reinigung für den Motorschutz seien an den »Einsatz der besten verfügbaren Technologien« zu koppeln.

Neue Testverfahren ab September - wird dann alles besser?

Das Problem unrealistischer Abgastests ist erkannt. Für NOx soll deshalb ab September schrittweise das sogenannte RDE-Prüfverfahren mit Messungen auf der Straße eingeführt werden. Jedoch sollen noch jahrelang großzügige Abweichungen von geltenden Grenzwerten erlaubt bleiben. Auch für die Messung von CO2 gelten bald neue Auflagen. Ab September ist das realistischere WLTP-Verfahren für neue Modelle verpflichtend. Ein Jahr später wird es für alle Neuwagen zwingend.


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