Der Kraftstoff E10 enthält circa 5 bis 10 Prozent Bioethanol. Dieser teilweise Ersatz fossiler Kraftstoffe durch Bioethanol verändert die Verhältnisse für die Kraftstoffdampfrückhaltesysteme in den Autos. Doch welche Auswirkungen das auf die Funktionstüchigkeit der Filter?
Für Kraftfahrzeuge mit Ottomotor sind Aktivkohlefilter (sogenannte Kraftstoffdampfrückhaltesysteme / KDRS) gesetzlich vorgeschrieben, um Benzindämpfe, die beim Stillstand oder während des Betriebes eines Fahrzeugs aus dem Tank entweichen, aufzufangen und in den Motor zu leiten.
Die Funktionsweise der Aktivkohlefilter lässt sich vereinfacht in zwei Prozesse unterteilen: Beim Stillstand des Motors verdampft der Kraftstoff und wird mittels Adsorption an der Aktivkohle angelagert. Emissionen werden somit reduziert. Beim laufenden Motor wird die Umgebungsluft vom Motor angesaugt und über die Aktivkohle geführt. Dadurch werden die Kraftstoffkomponenten wieder freigesetzt – Desorption – und dem Motor zugeführt und dort verbrannt.
Im Rahmen eines Kooperationsprojektes des Fraunhofer UMSICHT und der Universität Siegen wurde nun eine Anlage entwickelt, mit der das Adsorptionsverhalten der Aktivkohle über viele Zyklen – bestehend aus Ad- und Desorption – messtechnisch begleitet werden kann. Ein Ausschuss aus Automobil-, Aktivkohle-, Aktivkohlefilter-, Bioethanol-Herstellern und Analyselabors begleitete das Projekt.
»Diese Anlage ermöglicht es nun, entsprechend der ‚Lebensdauer‘ eines PKW bis zu 300 Zyklen an kontrolliert konditionierten Aktivkohlen zu untersuchen. Wir haben insbesondere den Einfluss von Wasser in der Spül- bzw. Umgebungsluft auf den Filter analysiert. Dabei haben wir einfaches ‚Modell-Benzin‘ (n-Pentan mit einem 10-prozentigen Ethanol-Anteil) eingesetzt«, erläutert Eva Schieferstein, Projektleiterin beim Fraunhofer UMSICHT.
Derzeit werden KDRS im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften mit Modellbenzinen (unter anderem E10) bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 50 ±10 Prozent getestet. Dieser Test wird bisher nur einmalig vor dem Einbau der Systeme durchgeführt. Im Rahmen des Projekts haben vergleichende Versuche ergeben, dass ein Zusatz von Ethanol zu Benzin (hier: E10) in Gegenwart von höheren, realitätsnäheren Luftfeuchtigkeitswerten das Langfrist-Adsorptionsverhaltens der Aktivkohle verschlechtert. Bei steigender Zyklenzahl bzw. zunehmender Einsatzdauer des KDRS nimmt daher dessen Kapazität deutlich ab.
Dieser Effekt kann ohne Ethanol-Zusatz nicht in demselben Maße beobachtet werden. Somit besteht also die Gefahr, dass Biokraftstoff mehr Emissionen verursacht, wenn die Aktivkohlefilter nach langfristigem Einsatz nicht mehr ausreichend adsorbieren. Mit dem zurzeit für KDR-Systeme vorgeschriebenen Prüfverfahren werden deutlich längere Lebensdauern erreicht, da sie den Einfluss der Luftfeuchtigkeit auf das Abscheideverhalten der Aktivkohle nicht realitätsnah abbilden. Dies steht im Einklang mit Untersuchungen des TÜV Nord und des schwedischen TÜV, die gezeigt haben, dass es nach langfristigem Einsatz der Kraftstoffdampfrückhaltesysteme (KDRS) mit Biokraftstoffen vermehrt zu Ausfällen kommen kann.
Das Forschungsteam empfiehlt dringend, die Funktionstüchtigkeit der Aktivkohlefilter – beispielsweise im Rahmen der TÜV-Untersuchungen – regelmäßig zu untersuchen. Wichtig wäre zudem, im Prüfprozess die Rahmenbedingungen anzupassen und die relative Feuchtigkeit der Spülluft zu erhöhen.