Schwerlastverkehr

Diverse Ansätze, um CO2 zu reduzieren

20. Mai 2022, 14:16 Uhr | Iris Stroh
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Ziel ist es, die Reichweite zu vergrößern

Laut seiner Aussage ist von den oben genannten Betankungsmöglichkeiten die 350-bar-Betankung international normungsseitig am weitesten abgestimmt – es gibt Betankungskupplungen, Tanksysteme und Betankungsprotokolle. Starr: »Daher sehen wir heute bereits Wasserstoffbusse und -Lkw auf den Straßen und der Infrastrukturausbau nimmt Fahrt auf.« Mit dem Ziel die Reichweite zu vergrößern, verfolgen die Fahrzeughersteller laut seiner Aussage aber auch die 700-bar-Technologie sowie die Betankung mit tiefkaltem, gasförmigem bzw. flüssigem Wasserstoff. Für die 700-bar-Betankung hat das von der EU geförderte Projekt »Prhyde« zuletzt Vorschläge für die zukünftige Standardisierung unterbreitet. Starr weiter: »Die CEP hingegen hat sich im letzten Jahr der von den CEP-Partnern Daimler/Linde präferierten sLH2-Betankung (subcooled Liquid Hydrogen) sowie dem Vorschlag von Cryomotive zur Betankung mit Cryogas gewidmet und verschiedene Whitepaper erarbeitet. Diese werden nun in der ISO in einem international abgestimmten Prozess zu Standards weiterentwickelt.«

Starr glaubt, dass Wasserstoff-Lkw auf der Straße sehr wahrscheinlich sämtliche Betankungsformen unterstützen. Aus seiner Sicht ist dies aber kein Problem, »schließlich fragt heute auch keiner nach dem Unterschied zwischen Diesel und Super. Wichtig ist nur, dass der diskriminierungsfreie Zugang für alle Teilnehmer sichergestellt ist – und das ist eines der wesentlichen Ziele der CEP«, so Starr.
Wichtig ist es seiner Meinung nach auch, dass es einen EU-weiten Standard geben wird, allerdings sei es heute für so eine Entscheidung noch zu früh. Zunächst müssten die Technologien in Pilotprojekten hinsichtlich ihrer Eignung erprobt werden. Starr: »Am Ende wird sich die Wirtschaft für die praktikabelste und wirtschaftlichste Lösung entscheiden. Dazu gehört auch ein Logistikkonzept zur Versorgung der Tankstellen unter Berücksichtigung der allgemeinen Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff.«

350-bar-Betankungsprotokoll

CEP hat zusammen mit Wenger Engineering ein 350-bar-Betankungsprotokoll entwickelt. Laut Starr wurde bei der gemeinsamen Entwicklung das Ziel verfolgt, auf technologische Neuerungen unmittelbar zu reagieren und sicherzustellen, dass alle Busse und LKW mit 350 bar an heutigen Tankstellen betankt werden können. Starr: »Es war immer als eine Zwischenlösung gedacht, bis die Kollegen von Prhyde mit dem fertigen Betankungsprotokoll ihre Ergebnisse in die ISO eingespielt haben.« Laut seiner Aussage implementieren derzeit die CEP-Partner dieses Protokoll an den Schwerlasttankstellen in Europa.

Aber natürlich arbeitet nicht nur die CEP an Betankungsprotokollen, sondern auch andere. Doch Starr sieht dies gelassen, Vielfalt belebe das Geschäft. Starr weiter: »Um einen Überblick über die unterschiedlichen Ansätze zu gewinnen, haben wir zuletzt wieder einen internationalen Workshop durchgeführt, um diese zu diskutieren – die Ergebnisse werden demnächst auf unserer Website herunterladbar sein.«
Starr betont, dass der Fokus von CEP auf der Vernetzung aller relevanten Player liegt, um der Entstehung von Paralleluniversen vorzubeugen. »Das Ziel ist und bleibt die Schaffung einheitlicher Standards, die sowohl aufwärts wie abwärts kompatibel sind. Niemand soll an einer Tankstelle stehen bleiben, weil er ein ›altes Auto‹ hat«, erklärt Starr weiter.

Wasserstoff-Tankstellennetz für den Schwerlastverkehr

Im März dieses Jahres gab H2 Mobility - ein Partner von CEP, der für den Aufbau des Wasserstoff-Tankstellennetzes verantwortlich ist - bekannt, dass es dem Unternehmen gelungen ist, sich 110 Millionen Euro an Finanzmitteln zum Aufbau der Wasserstoff-Tankinfrastruktur zu sichern. Mehr als 200 Tankstellen, Großanlagen, sollen damit bis 2030 schon zu den knapp 200 bestehenden Wasserstoff-Tankstellen in Deutschland hinzukommen.

Starr: »Wir erleben derzeit, dass ein Markt für die Wasserstoffmobilität entsteht.« Lag der Fokus im letzten Jahrzehnt auf der Wasserstoffmobilität mit Pkw, wurde nunmehr die Perspektive auf Schwerlastanwendungen verschoben – ohne jedoch die Wasserstoff-Pkw aus den Augen zu verlieren. »Dieser Perspektivwechsel hatte wesentlich mit dem Druck zu tun, so schnell wie möglich CO2-Emissionen zu senken, um die Pariser Klimaziele überhaupt noch erreichen zu können. Den 48,5 Millionen in Deutschland zugelassenen Pkw stehen dabei 3,5 Millionen Lkw gegenüber, von denen eine Million Lkw fast ein Drittel aller Emissionen im Verkehr verursachen. Uns muss es daher gelingen, diese, vergleichsweise geringe Stückzahl zu dekarbonisieren, um wesentliche Einsparungen in der CO2-Emittierung zu erreichen.«

Die EU hat ihre Grenzwerte daher so formuliert, dass bis zum Jahr 2030 in Deutschland fast 40.000 Lkw dekarbonisiert sein müssen, fünf Jahre später müssen es bereits 180.000 Lkw sein. Starr ist überzeugt: »Wasserstoff ist als Energieträger im Vergleich zu anderen Technologien dabei am ehesten in der Lage, den heutigen Diesel zu substituieren, weshalb die Lkw-Hersteller insbesondere bei der Langstrecke auf Wasserstoff setzen.«

Dementsprechend erweitert nicht nur H2 Mobility das Tankstellennetz. Starr verweist auf weitere Player wie ein Konsortium von H2Energy und Phillips 66 (die mit der Marke JET über 1.000 Tankstellen verfügen), das bereits im Februar angekündigt hatte, bis zum Jahr 2026 bis zu 250 Wasserstoff-Tankstellen in Deutschland, Österreich und Dänemark zu errichten. Aber auch die GP-Joule Group, ein weiterer Partner der CEP, wird sich laut Starr am Aufbau einer H2-Infrastruktur beteiligen und verfolgt durchaus ambitionierte Pläne. Starr: »Die EU und Deutschland unterstützen all diese Aktivitäten durch das IPCEI-Programm (Important Projects of Common European Interest).«

Er verweist außerdem auf die AFIR (Alternative Fuel Infrastructure Regulation). Darin wird für Europa geregelt, dass in jedem Mitgliedsland in bestimmten Abständen (100 km bis 150 km sind derzeit in der Diskussion) an den Ten-T-Korridoren Wasserstoff-Tankstellen errichtet werden müssen.

Starr abschließend: »Mit den Festlegungen in der AFIR wird die Errichtung von Wasserstoff-Tankstellen in einer netzrelevanten Anzahl bis zum Ende des Jahrzehnts verpflichtend und darüber die europaweite Netzabdeckung gewährleistet. Es wird also zum Ende des Jahrzehnts ein Tankstellennetz für Wasserstoff-Lkw geben, das europaweit die Bedarfe an Wasserstoff befriedigen wird. Wichtig ist dabei, dass diese Tankstellen so modular gebaut werden, dass sie, wie die Lkw, auf die unterschiedlichen technologischen Entwicklungen und Mengenbedarfe reagieren können.« 
 


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