Der Sektor Energie bereitet auch sonst Sorgen. So sind Hochspannungsgleichstromprojekte in Alberta/Kanada aus dem Ruder gelaufen, was zu Belastungen in Höhe von 287 Mio. Euro führte. »Wir haben die Ursachen dafür genau angesehen und die Folgerungen daraus gezogen«, sagt Kaeser. Künftig werden nicht mehr einzelne Personen über solche Projekte entscheiden. Für Neuprojekte hat Siemens einen risikominimierenden Regelkatalog eingeführt. Noch vor den Vertragsverhandlungen von neuen Projekten wird analysiert, ob die ins Auge gefassten Projekte eine ausreichende Wertschöpfung versprechen und welches Risiko dem gegenüber steht. Erkenntnisse aus dem Debakel in Alberta sind bereits in das Projekt BorWin3 eingeflossen. Das zeigt nach Kaesers Worten wiederum, wie gut Erkenntnisse aus einem Bereich von Siemens in andere Bereiche transformiert werden können, die dann davon profitieren.
Insgesamt sei über die letzten Jahre die operative Excellence etwas vernachlässigt worden. »Das wird sich ändern«, so Kaeser. »Wir werden die Sonderbelastungen deutlich senken und Gemeinsamkeiten im Unternehmen bündeln, um sie auf andere Geschäfte anwenden zu können.«
Übernahme von Rolls-Royce-Gasturbinen
Mit überdurchschnittlichem Wachstum rechnet Keaser im Sektor der kleinen, flexiblen Gasturbinen. Mit der 785-Mio.-Pfund-Übernahme des überwiegenden Teils der Energiesparte von Rolls-Royce habe Siemens eine Lücke im Bereich der Gasturbinen geschlossen und könne über die nächsten Jahre mit 8 Prozent pro Jahr wachsen. Bis 2017 könnten über Synergieeffekte 50 Mio. britische Pfund eingespart werden.
Joint Venture mit Mitsubishi-Hitachi Heavy Machinery
Siemens Metal Technology wird künftig mit Mitsubishi-Hitachi Heavy Machinery ein Joint-venture bilden, an dem Siemens 49 Prozent hält. Die Transaktion soll Ende 2014 abgeschlossen sein. Siemens Metal Technology hatte 2013 einen Umsatz von 2 Mrd. Dollar erzielt, Mitsubishi kam mit ihren metallurgischen Industriegeschäften auf 550 Mio. Euro.
Digitalisierung – riesige Chancen
Die Digitalisierung wird nach den Worten von Kaeser alle Bereiche beeinflussen. Es komme darauf an, Daten zu sammeln, Inhalte zu analysieren und die richtigen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen. Mit einem Wachstum von 4 bis 6 Prozent wachse dieser Bereich doppelt so schnell wie das GDP. Die Datenanalytik wachse sogar mit durchschnittlich 7 bis 9 Prozent pro Jahr. Kaeser sieht Siemens hier gut aufgestellt, einen wichtigen Zukauf hatte Siemens hier schon vor acht Jahren getätigt. »Heute arbeiten 8000 Software-Ingenieure bei Siemens – zehn mal so viele wie vor zehn Jahren.« Das sei eine gute Ausgangsposition, denn die riesigen Datenmengen seien der wertvolle Rohstoff der Zukunft. »Unsere Aufgabe besteht darin, aus den Daten Geschäftsmodelle zu entwickeln.«
Industrie 4.0
Ein wichtiger Aspekt der Digitalisierung ist Industrie 4.0 »Weltweit bündeln wir jetzt die Aktivitäten für die digitalen Fabrik unter einem Dach. Wir reden nicht nur über Industrie 4.0 und schreiben Bücher darüber, wir verankern Industrie 4.0 in der Organisation des Unternehmens«, so Kaeser. Die Digitale Fabrik eröffnet dank Software und Simulationen die Möglichkeit zu deutlich schnelleren und effizienteren Produktentwicklungen. Datengetriebenen Services, Software und IT-Lösungen kommt eine entscheidende Bedeutung zu, da sie einen erheblichen Einfluss auf alle künftigen Wachstumsfelder von Siemens haben.