Ein überaus weites Feld für Messtechnik sind Windkraftanlagen. Je größer sie werden, desto aufwendiger wird ihre Überwachung. Um sich anbahnende Materialermüdung im Frühstadium erkennen zu können, ist „Condition Monitoring“ unerlässlich. Zu messen sind dafür vor allem Verformungen, Vibrationen und Beschleunigungen. Was die Aufgabe hier erschwert: Die Rotorblätter bestehen aus faserverstärkten Kunststoffen und sind aus Gewichtsgründen hohl.
Im Inneren dürfen aus Blitzschutzgründen keine elektrischen Leitungen verlegt sein. Wenn die dafür eingesetzten Sensorsysteme elektrisch arbeiten sollen, müssen sie lokal mit Strom versorgt werden. Dazu wird Laserlicht durch eine Glasfaser geführt und am Ende auf eine hocheffiziente Mikro-Solarzelle geleitet. Das Messsignal läuft dann in optischer Form durch dieselbe Faser zur Auswertestelle in der Nabe zurück. Eine Alternative sind die schon genannten, rein optisch arbeitenden Glasfasersensoren. Außer in den Blättern sind auch in der Gondel zahlreiche Größen zu erfassen, etwa Beschleunigung, Neigung, Temperaturen, Drehmoment (Bild 4), Drehzahl, Winkelstellung, Windrichtung, Windgeschwindigkeit und noch zahllose weitere. Das geht bis zur Qualität des Getriebeöls.
Wie im Auto verschlechtert sich diese mit der Zeit durch Metallabrieb und chemische Veränderung. Ein Sensor eigens für diesen Zweck wurde an der Universität des Saarlandes entwickelt (Kasten). Die gesammelten Messwerte werden permanent zu einer zentralen Überwachungsstelle für den gesamten Windpark übertragen.
Ölqualität elektronisch kontrolliert |
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Getriebeöl bleibt erfahrungsgemäß im Laufe der Zeit nicht so. wie es ist. Nicht nur dass sich abgeriebene Metallpartikel darin ansammeln; zusätzlich bilden sich durch unerwünschte, chemische Prozesse neue, ursprünglich nicht enthaltene Bestandteile, die zum Teil schädlich sind. Während man es beim Auto einfach in regelmäßigen Abständen wechselt, geht das bei Großanlagen wie z.B. Windgeneratoren nicht so leicht. Ein Stillstand würde viel Geld kosten. Deshalb werden Wege gesucht, den Ölzustand im laufenden Betrieb zu überwachen und Austausch oder Reinigung kontinuierlich vorzunehmen. Ein dafür geeigneter Sensor ist nirgends käuflich, sondern muss erst eigens entwickelt werden. So geschehen am Lehrstuhl für Messtechnik der Universität des Saarlandes (Prof. Dr. Andreas Schütze) in enger Kooperation mit dem Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik in Saarbrücken im Rahmen des Projekts „FluidSens“. Das Messprinzip für die chemischen Veränderungen ist Infrarot-Spektroskopie. Hierbei absorbieren Moleküle von verschiedenen Bestandteilen charakteristische Wellenlängen; aus der Intensitätsabschwächung lässt sich auf die Konzentration rückschließen. Eine optisch breitbandige Strahlungsquelle durchstrahlt eine Messzelle (Weglänge ca. 200 µm), dahinter sitzen mehrere Detektoren mit Filtern für die zu untersuchenden Wellenlängen. Der zusätzlich vorgesehene Partikelsensor basiert auf dem Streulichtprinzip; er misst mittels dreier unterschiedlich angeordneter Fotodioden das Licht, das in andere Richtungen gelenkt wird. Metallische und nichtmetallische Partikel sowie Luftblasen sind dabei sicher unterscheidbar. |
Kasten
Seitdem Photovoltaik einen nennenswerten Beitrag zur Stromversorgung leistet, wird auch hier eine Überwachung der aktuell erzeugten Leistung immer wichtiger. Angenommen, eine Anlage produziert nicht so viel Leistung wie erwartet, dann muss man sicher unterscheiden können, ob das am Wetter, an Verschmutzung der Module oder an einer echten Degradation liegt. Auch das erfordert ausgefeilte Messtechnik.
Höchst komplexe Systeme sind Biogasanlagen. Mittlerweile sind in Deutschland schon rund 8.000 Anlagen in Betrieb und ständig werden es mehr. Damit sie effizient arbeiten, d.h. ein Maximum an Methan produzieren und möglichst wenig störende andere Gase wie CO2, H2S, NH3 usw., müssen die Betriebsparameter ständig kontrolliert werden. Zu messen sind dabei Temperaturen, Drücke, Konzentrationen von Gasen sowie von biologischen Stoffen in der Flüssigkeit, pH-Wert, Durchflussmengen, Füllstände, der Brennwert des erzeugten Gasgemischs und vieles mehr. Der Steuerungsrechner muss all diese Größen zueinander in Beziehung bringen und die zuständigen Aktoren steuern.
Ohne Speicherung von größeren Energiemengen wird das Smart Grid mittel- bis langfristig nicht auskommen können. In Frage kommen viele Alternativen. Akkumulatoren mit besseren Eigenschaften als die derzeitigen sind intensiv in Untersuchung. Für eine lange Lebensdauer sind weit mehr Größen als nur Spannungen und Ströme zu registrieren, vor allem die Temperatur. Lithium-Ionen-Batterien sind wegen ihrer hohen Energiedichte die Favoriten, aber bekanntermaßen sehr empfindlich. Aus Sicherheitsgründen ist jede Zelle separat zu überwachen. Bei Tausenden von Zellen wird der Aufwand gigantisch, schon allein von der Verkabelung her. So ist es unwahrscheinlich, dass sehr große Batteriespeicher jemals kommen werden. Die relativ besten Aussichten hat in naher Zukunft die Umwandlung von Strom in Methan (über die Zwischenstufe Wasserstoff) und Einspeisung in das Gasnetz. Wegen schlechtem Über-alles-Wirkungsgrad wird gefordert, dass jedes Systemteil mit maximalem Wirkungsgrad arbeitet. Auch das erfordert wieder hohen Messtechnikaufwand.
Nur eine Art von physikalischen Größen braucht man bei regenerativen Energien - zum Glück - nicht mehr zu messen: radioaktive Strahlung.