Trends in der Industrie-Automatisierung

Weiteren Evolutionssprung für 2022 erwartet

17. Mai 2022, 21:52 Uhr | Andreas Knoll
Steffen Winkler, Vertriebsleiter Business Unit Automation & Electrification Solutions bei Bosch Rexroth
Steffen Winkler, Bosch Rexroth: »Der Paradigmenwechsel in der industriellen Automatisierung – weg von starren, proprietären System hin zu offenen, flexiblen Lösungen – ist schon eingeläutet.«
© Bosch Rexroth AG

Die Transformation in der industriellen Automatisierung ist in vollem Gange und wird laut Bosch Rexroth 2022 einen deutlichen Sprung machen. Dabei werde die Automatisierung noch offener und kooperativer, also von zunehmender Zusammenarbeit zwischen vielen Marktakteuren geprägt.

- Ecosystems bündeln Know-how aller Beteiligten
- Low Code / No Code: Time-to-Market bis zu fünfmal kürzer
- Unabhängigkeit von globalen Lieferketten
- Langfristige Verfügbarkeit

Forderungen nach Einfachheit und Flexibilität auf technischer Seite sowie Unabhängigkeit von globalen Lieferketten werden demnach lauter. Maschinen- und Anlagenbauer profitieren dann von deutlich geringerem Aufwand im Engineering, weniger Lock-in und vor allem von optimierten Lösungen, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

»Der Paradigmenwechsel in der industriellen Automatisierung – weg von starren, proprietären Systemen hin zu offenen, flexiblen Lösungen – ist schon eingeläutet«, erläutert Steffen Winkler, Vertriebsleiter Business Unit Automation & Electrification Solutions bei Bosch Rexroth. »Allerdings werden viele Veränderungen erst in diesem Jahr im Markt deutlich spürbar und sichtbar. Der Bedarf an alternativen Lösungen und offenen Standards wächst stark, um die Abhängigkeit von einzelnen Anbietern zu verringern. Gleichzeitig ist zunehmende Offenheit auf Seiten aller Beteiligten gefragt, um in Co-Creation die besten Entwicklungen zu erzielen.«

Es bedarf also eines maximal offenen Automatisierungsbaukastens, dessen Lösungsraum durch ein möglichst großes Ecosystem aus Drittanbietern umfassend erweitert wird. So fließt das Wissen spezialisierter Unternehmen zusammen, und es entsteht Innovation, die in Form von Hard- und Software bereitgestellt wird. Anwender können sich ihre Automatisierungslösung nach Bedarf zusammenstellen, aber auch ihre eigene Software entwickeln und die neue Welt mitgestalten.

»Für die Software-Entwicklung ist vor allem eines wichtig: Sie muss mit allen gängigen Programmiersprachen und -tools möglich sein und darf nicht mehr von proprietären Systemen einzelner Anbieter abhängig sein«, erklärt Steffen Winkler. »Nur so lässt sich die nächste Generation von Entwicklern für die Industrie gewinnen und die Abhängigkeit von einzelnen Automatisierungsanbietern – besonders in puncto Software – reduzieren.«

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Low Code / No Code: bis zu fünfmal schnellere Entwicklung

Industrielle Automatisierungslösungen werden zunehmend durch Software-Entwicklung bestimmt. In diesem Zusammenhang ist es erforderlich, noch einfacher und schneller an Lösungen zu gelangen. Der Trend geht daher in Richtung Low-Code-/No-Code-Plattformen. Über sie können Personen, die nur geringe bis gar keine Programmierkenntnisse haben, ganz einfach Software erzeugen. »Der Low-Code-Ansatz bedeutet einen Paradigmenwechsel in der industriellen Automatisierung: Die Entwicklung einfacher Anwendungen ist dadurch bis zu fünfmal schneller und liefert zudem einen fehlerfreien Code«, verdeutlicht Steffen Winkler.

Auch das Engineering unterliegt einem Wandel, weil Engineering-Aufgaben immer häufiger auf Web-Basis ausgeführt werden. »Die umfangreichen Installationen von Anbieter-spezifischen Softwarelösungen und deren Wartung sind heutzutage kaum mehr zu leisten«, betont Steffen Winkler. »Deshalb erfolgen bei Automatisierungssystemen wie ctrlX Automation bereits etwa 70 Prozent aller Engineering-Tätigkeiten auf Web-Basis – 100 Prozent ist das Ziel.«

Durch Offenheit unabhängig von globalen Lieferketten

Neben der zunehmend geforderten Einfachheit und neuen Freiheitsgraden auf technischer Seite zeichnet sich aktuell auch ein verstärkter Wunsch nach Unabhängigkeit von Anbietern auf globaler Ebene ab. »Die Corona-Pandemie und die schwierige Beschaffungslage haben die Schwachstellen der Globalisierung deutlich aufgezeigt«, führt Steffen Winkler aus. »So sehen wir im Jahr 2022 einen noch größeren Trend zur Loslösung von einzelnen Lieferanten. Vermehrt werden Re-Shoring-Projekte verfolgt und wieder Multi-Sourcing-Strategien umgesetzt – oft gezwungenermaßen, weil einige Anbieter bereits lieferunfähig geworden sind. Jetzt zeigt sich besonders, wie wichtig ein offenes Automatisierungssystem ist, das auf allen Ebenen Drittanbieter zulässt und somit sogar kurzfristig dringend nötige Alternativen eröffnet.«

Nachhaltigkeit und langfristige Verfügbarkeit

Ein weiterer Megatrend ist das Thema Nachhaltigkeit. Das trifft auch auf Lösungen in der Automatisierungsbranche zu. Hier muss die langfristige Verfügbarkeit von Maschinen und einzelnen Komponenten ebenso gewährleistet sein wie deren einfache Erweiterbarkeit. Eine nachhaltige Produktion berücksichtigt Faktoren wie Emissionsfreiheit und Ressourceneffizienz und muss zugleich wirtschaftlich sein. Die Nachhaltigkeit lässt sich mit moderner Automatisierungstechnik beispielsweise durch intelligente Energieversorgung und -verteilung, gesteigerte Anlageneffizienz sowie sicheren Zugang zu relevanten Daten und den damit verbundenen Einsatz von Data Analytics steigern.


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