Trotz ähnlicher Wachstumsprognosen von 1 bis 2 Prozent sieht der BDI die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands schwinden, während der ZVEI Innovation und das Wachstum der Beschäftigung hervorhebt.
Zur Eröffnung der Hannover Messe haben die Verbände BDI (Bundesverband der Deutschen Industrie) und ZVEI (Verband der Elektro- und Digitalindustrie) Ihre Einschätzung der wirtschaftlichen Lage bekanntgegeben.
Der BDI rechnet für das laufende Jahr nur mit einem geringen Wachstum der Exporte und der Produktion des verarbeitenden Gewerbes. »Die wirtschaftliche Dynamik in unserem Land ist aktuell noch ausgesprochen gering«, sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm am Montag zum Auftakt der Hannover-Messe. Der BDI prognostiziert bei den Ausfuhren einen Anstieg von gerade einmal zwei Prozent in diesem Jahr. Dies ist zwar doppelt so viel wie in der BDI-Prognose zum Jahresauftakt, doch ein geringeres Wachstum als 2021 und 2022. Im vergangenen Jahr gab es ein Plus von knapp drei Prozent.
Der Welthandel wird in diesem Jahr mit 2,5 Prozent stärker wachsen als die Ausfuhren made in Germany. »Erneut verlieren wir Weltmarktanteile, weil der Welthandel stärker wächst als unsere Ausfuhren – die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands schwindet«, betonte Russwurm. Der globalen Wettbewerbsfähigkeit und dem Investitionsverhalten machen laut BDI vor allem die aktuellen Preise für Strom und Energie zu schaffen. »Der hohe Industriestrompreis muss dringend wieder auf ein wettbewerbsfähiges europäisches Niveau zurück, sonst droht die Transformation in der Industrie zu missglücken«, erklärte Russwurm.
Optimistischer blicken der ZVEI und die ihm angeschlossenen Unternehmen auf das Jahr 2023. In den ersten ersten beiden Monaten des Jahres zog die preisbereinigte, reale Produktion um 6 Prozentpunkte an. Die starken beiden Anfangsmonate bewogen den ZVEI dazu, seine Jahresprognose der realen Produktion von 0 auf 1 bis 2 Prozent zu erhöhen. Besonders erfreulich sei hierbei der anhaltende Beschäftigungsaufbau, so ZVEI-Präsident Dr. Gunther Kegel auf der Eröffnungspressekonferenz zur Hannover Messe. Erstmals seit einem Vierteljahrhundert weist die Branche laut ZVEI allein in Deutschland wieder mehr als 900.000 Beschäftigte aus (knapp 902.000).
Die positive Entwicklung stellt der Verband der Elektro- und Digitalindustrie in den Kontext der beiden Megatrends Elektrifizierung und Digitalisierung. »Seit zwei Jahren beobachten wir, dass unsere Branche sich dynamischer als das verarbeitende Gewerbe im Durchschnitt entwickelt«, betont Dr. Kegel. Zweifelsfrei habe das mit dem Umbau zu einer klimaneutralen Industriegesellschaft zu tun.
Kritisch sehen sowohl BDI als auch ZVEI die stetige Zunahme staatlicher Intervention ins Wirtschaftsgeschehen, zuletzt in Form des Wettbewerbsdurchsetzungsgesetz. »Statt immer neue bürokratische Ungetüme großzuziehen, sollte sich die Bundesregierung auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren und für wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen sorgen«, kritisiert der ZVEI-Präsident das Vorgehen der Politik, die unternehmerische Freiheit durch sich hinschleppende Genehmigungsverfahren und überbordende Dokumentations- und Meldepflichten auszubremsen. »Die Überbürokratisierung lähmt und geht zulasten von Wettbewerb und Innovation«, so der ZVEI-Präsident und fordert, mit dem Deutschlandtempo endlich ernst zu machen.