Wie genau ist Ihre Kommunikationslösung technisch aufgebaut?
Thomas Schumacher: Sie besteht aus vier Kernkomponenten. Auf der Feldebene läuft, erstens, eine Software, die Daten einsammelt, bündelt und sicher auf die Server- bzw. IT-Ebene bringt. Dort befindet sich, zweitens, eine Software, die als Schnittstelle fungiert, um Bedienung und Daten-Handling durchführen zu können. Drittens bedarf es dazwischen eines geeigneten Protokolls, wobei die Lösung nicht von einem bestimmten Protokoll abhängig ist – Anwendungs- und Protokollunabhängigkeit sind ihre Grundprinzipien. Und viertens erfordert das Ganze, um laufen zu können, natürlich die entsprechende Hardware.
Auf der Feldebene ist die Software entweder in einem Embedded-Modul der »IPC@CHIP«-Serie in Form eines kleinen Boards oder in einem gehäusten Gateway der »com.tom«-Baureihe verankert. Die nötigen Anschlüsse sind alle vorhanden – das »IPC@CHIP«-Board hatte sie bisher als Ball Grids und hat sie neuerdings als kleine Pins auf der Seite. An ihnen wird das Board auf ein Haupt-Board gelötet.
Entwickelt Ihr Unternehmen die Software für die Lösung selbst?
Christoph Müller: Generell verwenden wir für unsere Lösung viel Open-Source-Software, sonst könnten wir ja die Schnelligkeit der IT gar nicht mitmachen. Und gute Open-Source-Projekte haben eine sehr hohe Qualität und Dynamik. Mit Open-Source-Software-Halbzeug können wir eigene Software, etwa Konfiguratoren, schnell erstellen. Ein Web-basierter Profinet-Konfigurator beispielsweise ist in der Hardware integriert.
All das klingt schön und gut – aber eignet sich eine solche Lösung wirklich für Steuerungsaufgaben?
Christoph Müller: Momentan ermöglicht unsere Lösung einen zuverlässigen Betrieb mit Reaktionszeiten von 20 ms und eignet sich vor allem für die Visualisierung. Aber mit TSN wird sie künftig Deterministik im µs-Bereich ermöglichen und somit auch für Steuerungs-Anwendungen in Frage kommen. Wenn die Deterministik durch TSN im System ist, kann die Steuerung as-a-Service in der Cloud stattfinden. Außer in der Cloud können die Services natürlich auch On Premise ablaufen.
Lassen sich auch Bestandsmaschinen in die Lösung einbinden?
Christoph Müller: Ja, sie eignet sich tatsächlich für das Retrofit von Bestandsmaschinen. Das ist einer ihrer großen Vorteile: Die Maschinen lassen sich mit dem Internet verbinden, um ihnen neue Funktionen zu verpassen. Im Prinzip lässt sich so jede Bestandsmaschine Internet-fähig machen.
Bietet Ihr Unternehmen auch eine eigene Cloud-Lösung an?
Thomas Schumacher: Ja, wobei sowohl gehostete Cloud-Lösungen als auch kleinere On-Premise-Lösungen möglich sind. Unsere Cloud-Lösung nennt sich »com.tom«-Portal.
Welches Software-Konzept hat Ihr Unternehmen in der Cloud umgesetzt?
Thomas Schumacher: Die zentrale Software-Komponente in unserer Cloud ist der sogenannte Broker. Er umfasst Datenbanken, Kommunikationstreiber sowie einen Load Balancer, der die Verbindungen koordiniert. Der Broker betreibt Consumer-Verwaltung, Producer-Verwaltung, Datenaustausch und Dekodierung, und zwar alles as-a-Service. Außerdem bietet er definierte API-Schnittstellen zu Daten-Consumern und Daten-Producern.
Was genau verstehen Sie unter Consumer und Producer?
Thomas Schumacher: HMIs beispielsweise sind typische Consumer: Sie holen Daten aus dem Broker und visualisieren sie. Die Producer erzeugen Daten und übertragen sie zum Broker; indirekt sind es also die Maschinen, direkt das »IPC@CHIP«-Board und das »com.tom«-Gateway.
Können Kunden in Ihrer Cloud auch ihre eigenen Algorithmen laufen lassen?
Christoph Müller: Ja, das ist möglich.
Wo ist Ihre Cloud gehostet?
Christoph Müller: In einem öffentlichen Rechenzentrum in Frankfurt. Auch das User Interface ist dort gehostet.
Welche Hauptzielgruppen sehen Sie für Ihre Cloud-Lösung?
Thomas Schumacher: Unsere Cloud-Technik kann jeder nutzen, der Daten vom Feld ins Internet bringen will. Wir denken dabei nicht nur an Industrieunternehmen, sondern auch an Betreiber von Windparks, Photovoltaik-Anlagen, Stromtankstellen oder virtuellen Kraftwerken.