Optical Bonding von Displays

Auf die Bonding-Technologie kommt es an

31. Mai 2023, 17:28 Uhr | Roland Maurer
Roland Maurer, Schurter: »Es zeigt sich, dass Optical Bonding für Applikationen mit hohen Anforderungen und herausfordernden Einsatzgebieten die optimale Lösung ist.«
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Durch Optical Bonding von Displays verbessern sich die optischen und mechanischen Leistungsmerkmale von HMI-Systemen entscheidend. Doch was sind die Kriterien zur Auswahl der für bestimmte HMI-Anwendungen mit Display passendsten Bonding-Technologie?

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Optical Bonding hat sich in Industrie und Medizin etabliert und ist eine technisch ausgereifte Methode der HMI-Display-Optimierung. Mittels unterschiedlicher Verbindungstechniken werden Covergläser mit Touchsensoren und Displays zu einer Einheit gebondet.

Die richtige Auswahl der am besten geeigneten Bonding-Technologie für bestimmte Applikationen erfolgt anhand deren Anforderungen. Bestimmende Faktoren sind dabei die Umwelteinflüsse, die Form und Diagonale des Displays sowie die Definition der PCAP-Sensortechnik.

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Display-Anwendungen im Freien

Steuereinheit im Outdoor-Einsatz
Steuereinheit im Outdoor-Einsatz
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Touchpanel- und Display-Anwendungen im Freien unterliegen starken Temperaturschwankungen. So kann es nachts bei Minustemperaturen und tagsüber durch Sonneneinstrahlung zu extremen Temperaturwechseln kommen. Kondensation auf den Oberflächen tritt dann auf, wenn warme und feuchte Luft auf kalte Oberflächen wie Display und Frontglas trifft. Warme Luft kann mehr Wasserdampf aufnehmen als kalte. Bei Kontakt mit kalten Oberflächen kondensiert der Wasserdampf und bildet Kondensationsfeuchtigkeit.

Befindet sich zwischen Display und Frontglas mit Touchsensor ein Luftspalt, kann sich aufgrund der Kondensation Feuchtigkeit auf beiden Oberflächen ablegen. Diese Kondensationsfeuchtigkeit beeinträchtigt die Bildschirmanzeige. Eine Verhinderung der Kondensation wäre möglich, wenn die Innentemperatur der Applikation konstant gehalten wird. Eine einfachere und sichere Lösung ist die vollständige Füllung des Luftspalts mit Optical-Bonding-Material. Für Anwendungen im Freien mit täglicher Sonneneinstrahlung kommen nur UV-qualifizierte Bonding-Materialien und Komponenten in Betracht. Die permanente UV-Einstrahlung führt somit zu keinem negativen Einfluss über die Lebensdauer.

Display-Anwendungen in Industrie und Medizin

Dry Optical Bonding
Dry Optical Bonding
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Die Ablesbarkeit eines Displays hängt nicht nur von hochtransparenten PCAP-Sensoren, sondern auch vom einfallenden Umgebungslicht ab. Die Lichtstrahlung wird über den Luftspalt der Oberflächen von Display und Coverglas mit Sensor gebrochen und reflektiert.

Durch die Füllung mit Optical-Bonding-Material wird dieser Luftspalt überbrückt. Der Bildschirminhalt wird dank Optical Bonding ohne Reflektion nach vorne abgestrahlt. Das Bonding-Material weist einen vergleichbaren Brechungsindex wie das Glas auf. Somit kann keine Reflektion oder Brechung mehr entstehen. Zusätzlich erhöht Bonding die Ablesbarkeit durch den gesteigerten Kontrast und ermöglicht eine blendfreie Bildschirmoberfläche.

Gerade in der Medizintechnik ist ein starker Kontrast bei Visualisierungen in der Diagnostik unabdingbar. Optical Bonding erhöht zudem die Robustheit und steigert die Beständigkeit bei Schock, Vibration und erhöhter Krafteinwirkung. Ein weiterer Vorteil ist die Wärmeableitung von den LED-Backlights und der Display-Oberfläche über das Bonding-Material an das Coverglas. Diese Wärmeableitung verlängert die Lebensdauer der LED-Hinterleuchtung aufgrund der niedrigeren Temperatur. Optical Bonding ist somit für alle medizinischen Geräte, die eine genaue Ablesbarkeit fordern, die optimale Lösung.

Display-Anwendungen bei tragbaren Geräten und im Fahrzeugbau

Liquid Optical Bonding
Liquid Optical Bonding
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Die durch Optical Bonding erzielte mechanische Verstärkung führt zu einem deutlich robusteren System. Vor allem bei tragbaren Geräten und Anwendungen im Fahrzeugbau ist dies von Vorteil. Die feste Verbindung des Coverglases über Optical Bonding sogt bei Glasbruch für Splitterschutz. Die Eliminierung des Luftspalts zwischen Coverglas mit Touchsensor und Display verhindert bei Außenanwendungen die Taubildung zwischen den beiden Komponenten. Außerdem wird das Eindringen von Schmutz oder Flüssigkeiten ausgeschlossen. Durch die mechanische Fixierung der Displays mittels Optical Bonding entfallen Haltewinkel, was das Gewicht tragbarer Geräte verringert.

Welches Optical-Bonding-Verfahren ist geeignet?

Optical Bonding von Displays
Optical Bonding von Displays
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Für das Optical Bonding von Displays stehen mehrere Technologien zur Auswahl. Der optimale Prozess richtet sich nach der Auswahl der Komponenten, der Systemintegration und den Anforderungen der Applikation.

• Dry Optical Bonding: Beim Trockenbonding wird das Bonding-Material auf die Größe der sichtbaren Displayoberfläche zugeschnitten und der Luftspalt damit homogen gefüllt. Zur Auswahl stehen mehrere Bonding-Materialien in unterschiedlichen Materialstärken und Konsistenzen, die anhand der Displays und der Spezifikation der Applikation ausgewählt werden. Displays haben je nach Modell und Diagonale unterschiedlich hohe Metallrahmen. Anhand der Displays wird die optimale Materialstärke ermittelt. Das Zusammenfügen von Frontglas mit Touch und Display wird unter Vakuum in der Bondinganlage durchgeführt.

• Liquid Optical Bonding (LOCA): Mit einem UV-härtenden Flüssigmaterial wird der Luftspalt zwischen Displayoberfläche und Sensorrückseite bzw. Coverglas gefüllt. Der Klebstoff ist silikonfrei, alterungsbeständig und UV-stabil. Das Verfahren eignet sich für alle TFT-Displays mit oder ohne Rahmen. Das flüssige Bondingmaterial wird auf die Displayoberfläche in einem speziellen Muster dispensiert, und das Coverglas mit Sensor wird über einen kontrollierten Flächendruck gebondet. Das Bondingmaterial verteilt sich gleichmäßig und blasenfrei zwischen den beiden Komponenten. Anschließend erfolgt die Aushärtung des Bondingmaterials mittels UV-Licht ohne zusätzliche Wärmelagerung, d.h. es kommt zu keiner Materialstressung durch Temperatureinwirkung und somit zu keiner mechanischen Belastung.

Bei beiden Technologien erfolgt eine spezielle Vorbehandlung, um die Haftkraft des Bondingmaterials auf den Oberflächen der Fügepartner zu erhöhen. Die Vorbehandlung stellt eine starke Bindung zwischen den verschiedenen Materialien sicher. Die Verbindung ist so stark, dass das Bondingmaterial das Display mechanisch fest fixiert und keine weiteren mechanische Verschraubungen nötig sind.

• Air Gap Bonding: Bei diesem einfachen Verfahren wird das Display umlaufend mit einem Kleberahmen direkt hinter das Coverglas mit Sensor im Reinraum fest verklebt. Air Gap Bonding ist eine einfache und kostengünstige Möglichkeit, Displays mit Covergläsern oder Touchsensoren ohne weitere mechanische Fixierung zu verbinden.

Besonderheit: Optical Bonding von E-Paper-Displays

gebondetes E-Paper
gebondetes E-Paper
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Die Eigenschaften von E-Paper-Displays erfordern immer einen zusätzlichen mechanischen Schutz bei der Integration. Die Stabilität und Robustheit lässt sich nur durch vollflächige Verklebung über Optical Bonding mit einem Coverglas erzielen. Auch hier wird die Auswahl des Bondingmaterials anhand der Komponenten und Umgebungsbedingungen der Applikation definiert. Unterschiedliche Schutzgläser mit Rahmenbedruckung, Touch-Sensoren und Kunststoffscheiben kommen dabei zum Einsatz.

Im Vergleich zum Optical Bonding von TFT-LC-Displays sind die Prozesse beim extrem dünnen E-Paper-Bonding erheblich anspruchsvoller und irreversibel. E-Paper-Displays benötigen bei Dunkelheit eine zusätzliche Beleuchtung. Realisiert wird dies über einen speziellen Aufbau mit hochtransparenten Klebstoffen und einem Lightguide-Material. Das Licht von LED-Streifen wird seitlich eingekoppelt und über die Aufbaulagen homogen auf die Oberfläche des Displays verteilt. Diese Beleuchtungsoption ermöglicht die Ablesbarkeit von E-Paper-Displays bei Dunkelheit.

Es zeigt sich, dass Optical Bonding für Applikationen mit hohen Anforderungen und herausfordernden Einsatzgebieten die optimale Lösung ist. Alle Bonding-Prozesse werden bei Schurter in speziellen Reinräumen mit einem hohen Automatisierungsgrad und standardisierten Prozessen durchgeführt.

Der Autor:
Roland Maurer ist Product Manager Input Systems bei der Schurter GmbH in Endingen am Kaiserstuhl.


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