Parallel zur Evolution der CCDs führte das Scaling der integrierten CMOS-Halbleiterschaltungen über mehrere Generationen hinweg zu immer kleineren Prozessoren und Speicherbausteinen und auch zu kleineren Bildwandlern in CMOS-Technik mit höherer Geschwindigkeit und Komplexität sowie mit geringerem Leistungsverbrauch. In den 90er-Jahren begannen die Forscher am NASA Jet Propulsion Laboratory mit der Untersuchung des Potenzials der CMOS-Technik für die Bildverarbeitung im Weltraum. Die ersten Ergebnisse waren vielversprechend. Damit begann der Wettlauf zwischen den CCDs und den CMOS-Wandlern bei der Eroberung der Consumer-Märkte.
Heute haben die CMOS-Imager bei Consumer-Anwendungen die Führungsrolle übernommen. Der Grund ist das mit ihnen mögliche Pixel-Scaling (auf derzeit etwa 1 µm) und die Integration der digitalen Logik zur Bildausgabe direkt im Wandler-Chip. Mit CCDs ist das nicht möglich. Um die abnehmende Lichtempfindlichkeit der immer kleineren Pixel zu kompensieren, wird das Verfahren der rückseitigen Belichtung eingesetzt. State-of-the-Art-CMOS-Bildsensoren bieten also hohe Auflösungen und ausgezeichnete optische Eigenschaften – und all das (dank der kleineren Bildwandler-Chips) zu niedrigeren Kosten.
Während die CMOS-Technik also für die Consumer-Elektronik die Standards setzt, verlässt sich die Raumfahrt-Community immer noch gern auf die CCD-Technik. Doch die CMOS-Imager mit ihrer im Chip integrierten Auslese-Elektronik, ihrer günstigen Leistungsbilanz und ihrer höheren Widerstandsfähigkeit gegen Strahlungseinflüsse bieten attraktive Voraussetzungen auch für Raumfahrt-Anwendungen. Außerdem ermöglicht die rückseitige Belichtung die Entwicklung von CMOS-Bildwandlern mit ähnlicher optischer Performance wie bei CCDs.
Was hält also die Raumfahrtindustrie vom Einsatz der CMOS-Wandler ab? In erster Linie praktische Fragen und wirtschaftliche Erwägungen. Fast alle Fertigungsprozesse für CMOS-Wandler mit rückseitiger Belichtung wurden für Silizium-Wafer mit 300 mm Durchmesser entwickelt. High-End-Bildwandler für die Raumfahrt dagegen werden meist auf 200-mm-Wafern gefertigt. Zudem sind die Anbieter von Massenanwendungen der Consumer-Elektronik nicht besonders interessiert an den extrem geringen Stückzahlen, wie sie in der Raumfahrt benötigt werden, und sicherlich nicht an der dabei erforderlichen, extrem strengen Spezifikation für Performance und Pixel-Verfügbarkeit.
Der Raumfahrtindustrie wäre somit am besten gedient mit einer kundenspezifischen Plattform für High-End-CMOS-Imager mit Backside-lllumination, die auf 200-mm Silizium-Wafern gefertigt werden. Weil die Erdbeobachtung aus dem Weltraum von hohem strategischem Wert ist, überrascht es nicht, dass Regierungen auf beiden Seiten des Atlantiks etliche lokale Initiativen in diese Richtung fördern.
Beim Einsatz der CMOS-Technik in der Bildverarbeitung nehmen die Consumer-Anwendungen derzeit die Führungsposition ein. Trotzdem sehe ich kein Ende der Weiterentwicklung von Bildwandlern seitens der Raumfahrt-Community über den gegenwärtigen Stand hinaus. Bildwandler für die Raumfahrt schieben die Grenzen der Technik in anderen Aspekten immer noch in neue Dimensionen vor. So halten Bildwandler für die Raumfahrt weiterhin die Führungsposition etwa bei der Detektion von Objekten im nicht-sichtbaren Spektrum. Der Einsatz von UV-Detektoren für wissenschaftliche Zwecke bewährt sich bei der Untersuchung der Sonnenaktivität. Und die weiter schrumpfenden Transistorstrukturen der Mikroelektronik erhöhen die Bedeutung des UV-Imaging für die IC-Herstellung.
CCD und CMOS haben auf allen Evolutionsstufen der Bildwandler-Bausteine komplementäre Rollen gespielt. Ich sehe für beide Techniken, kurzfristig wie langfristig, entscheidende Voraussetzungen für den gezielten Einsatz in der Imaging-Industrie. Je nach Anwendung und Marktgegebenheiten hat jede ihren angemessenen Platz.
Piet De Moor ist Programm-Manager für Space Technologies bei Imec.