Teuer und ungerecht

IG BCE-Chef: Den Ökostrom zahlen die sozial Schwachen

2. September 2014, 18:10 Uhr | Hagen Lang
Teilt ordentlich gegen grüne Weltretter aller Parteien aus, die die sozialen Folgen ihres Eifers vergessen: IG BCE-Chef Michael Vassiliadis.
© IG BCE

Für den Chef der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) ist Ökostrom soziale Umverteilung auf dem Rücken sozial Schwacher, die wegen angeblicher »Weltrettung« ausgeblendet würde. Im Interview mit dem Tagesspiegel plädiert Vassiliadis für den Erhalt der Kohlekraftwerke.

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37 Prozent aller Grünwähler gehören laut einer Studie der Universitäten Leipzig und Giessen zu den »Besserverdienenden« (über 2.500 Euro Nettomonatseinkommen), praktisch ein »F.D.P.-Wert«. Vor diesem Hintergrund hat die von IGBC Chef Michael Vassiliadis beklagte soziale Schieflage und gleichzeitige Marktfeindlichkeit des Erneuerbare Energien Gesetzes eine gewisse Eigenlogik.

Angesichts einer absehbaren Strompreissteigerung auf über 30 Cent pro kWh fordert der IG BCE-Chef im Interview eine Entlastung der Verbraucher und verteidigt die Befreiung energieintensiver Industriebetriebe von der Ökostromumlage. Ohne diese wären noch mehr Unternehmen ins Ausland abgewandert, als bereits geschehen. Dieser Trend müsse gestoppt werden.

Während bei der Steuer gelte, dass wer viel habe, auch viel bezahle, sei es bei der Ökostromförderung genau umgekehrt: Die Einkommensschwachen ohne PV- oder Wind-Investment oder Solaranlage finanzierten sie über die Stromrechnung. Die Energiewende sei »eine riesige Umverteilung von unten nach oben«, so Vassiliadis. Weil es angeblich um »Weltrettung« gehe, schauten viele weg.

Die jüngste EEG-Reform habe den Anstieg der Stromkosten gedämpft aber nicht gestoppt. Die völlige Ausschaltung des Marktes beim Ökostrom entziehe den konventionellen Kraftwerken, die aber für das Energiesystem in den nächsten Jahren noch unverzichtbar blieben, die Existenzgrundlage. Renditen von 8 Prozent seien für Investoren in Erneuerbare zu hoch, die müssten halbiert werden, was im Vergleich zu festverzinslichen Anlagen immer noch ein gutes Geschäft darstelle.

Vassiliadis fordert zum Erhalt der konventionellen Kraftwerke, die für wind- und sonnenlose Zeiten vorgehalten werden müssen, einen »neuen Mechanismus«, also Subventionen, oder »Kraftwerks Hartz IV«. In Summe könnte dies vier bis acht Milliarden Euro kosten, die hauptsächlich vom Stromverbraucher zu zahlen wären. Ohne Kohlestrom ist der Atomausstieg nicht zu schaffen und die Strompreise lägen längst jenseits der 30 Cent/ kWh, mahnt der Gewerkschaftschef.

Eigenartig sei, dass es zur Energiewende derzeit keine Opposition gebe, »alle bejubeln die Erneuerbaren … Kritische Hinweise werden im Lobbyistendschungel erstickt. Das ist in der deutschen Nachkriegspolitik einzigartig«. Der Politik mache es viel Spaß, »bei der Energiewende am Joystick zu sitzen und Milliardenbeiträge zu bewegen«. Mehrfach beklagt Vassiliadis das Fehlen eines funktionierenden Marktes im Energiebereich. Wenn der Staat teure Gaskraftwerke wolle, die am Markt nicht finanzierbar sind, müsse er sie eben selber bauen und betreiben. Dass ein Gewerkschaftsboss in Deutschland im Jahre 2014 als Marktverfechter gegen alle anderen Parteigänger auftritt, gehört zu den todernsten Ironien dieses Interviews.

Während bei der Steuer gelte, dass wer viel habe, auch viel bezahle, sei es bei der Ökostromförderung genau umgekehrt: Die Einkommensschwachen ohne PV- oder Wind-Investment oder Solaranlage finanzierten sie. Die Energiewende sei »eine riesige Umverteilung von unten nach oben«, so Vassiliadis. Weil es angeblich um »Weltrettung« gehe, schauten viele weg.

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