Automatisierte Mikromobile

Autonome Lastenräder bekommen ein Gehirn

11. Juli 2024, 13:27 Uhr | Kathrin Veigel
Dr. Tom Assmann von der Uni Magdeburg ruft das autonome Lastenrad zu sich - möglich macht das eine neu entwickelte Fahrfunktion.
© Markus Höfer/Uni Magdeburg

Mobilitätsexperten der Universität Magdeburg haben gemeinsam mit Forschern der Hochschule Merseburg im Projekt AuRa-Hirn 2 den Prototypen einer neuen Fahrfunktion für autonome Lastenräder entwickelt. Damit lassen sich die Mikromobile bisher über eine Distanz von 20 Metern herbeirufen.

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Im Rahmen des Projekts Aura-Hirn 2 entwickeln die Forscher ein universell einsetzbares Steuerungsmodul für automatisierte Mikromobile, zum Beispiel autonome Lastenräder. Mit einer neuen Software sollen diese »Verkehrsteilnehmer« sich künftig sicherer und weniger anfällig im Straßenverkehr bewegen können; die Interaktion mit Passanten soll deutlich verbessert werden.

Ein Anwendungsszenario ist beispielsweise der Einsatz in der Stadtreinigung. »Personen, die Kleinabfall sammeln oder Mülleimer leeren, verfolgt das Lastenrad eigenständig. Der große Vorteil ist: Beide Hände sind zum Arbeiten frei«, beschreibt Projektleiter Prof. Andreas Scholz vom Lehrstuhl für Mechatronik der Uni Magdeburg ein mögliches Einsatzfeld. »Und, weil das Rad herbeigerufen werden kann, können unnütze Leerwege eingespart werden.« Im Herbst 2024 sind zwei Feldtests mit namenhaften Industriepartnern avisiert. 

Prototyp fährt schon autonom

Für das Forschungsvorhaben werden autonome Lastenräder aus dem Vorgängerprojekt »AuRa – autonomes Lastenrad« genutzt, das im September 2022 abgeschlossen wurde. Der hierbei entwickelte Prototyp eines autonomen Lastenrades ist bereits mit einer Sensorik ausgestattet, die es erlaubt, in einem begrenzten Umfeld automatisiert zu fahren. 

»Die Mechanismen für die Fahrtenplanung von autonomen PKW sind bereits relativ gut erforscht. Sie gehen in erster Linie von leeren Fahrbahnen mit strikter Spurtrennung und gerichtetem Verkehr aus. Fußgänger sind da eher Störobjekte statt gleichberechtigte Verkehrsteilnehmende«, so Dr. Tom Assmann vom Institut für Logistik und Materialflusstechnik der Uni Magdeburg.

Würden diese Mechanismen auf die autonomen Mikromobile, wie Lastenräder, einfach übertragen, würden sich die Räder in unstrukturierten Verkehrsräumen mit vielen Passanten nicht oder nur sehr schwer vorwärtsbewegen. »Mikromobile könnten sich durch ihre deutlich geringere Masse, Geschwindigkeit und Größe an eine belebte Straße besser anpassen als ein PKW. Jedoch gibt es bisher keine adäquaten Lösungen für das Problem, dass sie ständig mit anderen Verkehrsteilnehmern in Konflikt um den Platz kommen. Genau dort setzen wir an«, beschreibt der Ingenieur.

Die in dem Forschungsprojekt AuRa-Hirn 2 weiterentwickelte Automatisierungstechnik mit verbesserten Fahrfunktionen würde künftig eine friedliche Koexistenz und risikominimierte Fahrweise ermöglichen, so Assmann.

»Neue Paradigmen, wie die 15-Minuten-Stadt, verändern die Perspektiven darauf, wie öffentlicher Raum in Städten künftig aufgeteilt werden wird«, erläutert Assmann. Das Konzept der 15-Minuten-Stadt beschreibe eine Stadt, in der alle Wege des Alltags in weniger als 15 Minuten mit nachhaltigen Verkehrsmitteln bewältigt werden können. Beispiele wie eine autofreie Innenstadt in Madrid oder 70 Prozent Fahrradanteil am Verkehrsaufkommen im niederländischen Groningen zeigten, dass es funktioniert.

Die Entwicklung hin zur »Straße für Menschen« finde bereits statt. »Ein wachsender Markt in Bezug auf E-Bikes und Lastenräder machen deutlich, dass Verkehr in Städten zukünftig deutlich mikromobiler und damit möglicherweise auch digitaler sein wird«, so der Logistiker weiter. 

Das Projekt Aura-Hirn 2 läuft noch bis Dezember 2025 und wird gefördert aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und vom Land Sachsen-Anhalt.


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