Vor allem in Asien und Afrika, aber auch in Süd- und Nordamerika sowie einigen Ländern Südosteuropas konnte der Zug-Riese, der aus dem Zusammenschluss der zwei größten chinesischen Bahnunternehmen hervorgegangen war, bereits zahlreiche Bestellungen an Land ziehen – von Hochgeschwindigkeits- bis zu Metrozügen. Auch Richtung Westeuropa strecken die Chinesen bereits die Fühler aus und unterhalten unter anderem ein Vertriebsbüro in Wien.
Bei den europäischen Bahnherstellern pocht man bereits seit einiger Zeit auf faire und gleiche Wettbewerbsbedingungen. Die Chinesen böten ihre Produkte teils zu nicht kostendeckenden Preisen inklusive zinsgünstiger Milliarden-Finanzierungen an, heißt es. Aus Europa hingegen könnten nach China selbst keine vollständigen Fahrzeuge oder Großkomponenten geliefert werden. Um ein gleiches Spielfeld zu schaffen, wünscht man sich in der europäischen Branche auch mehr politische Unterstützung.
Kartellbehörden müssen noch zustimmen
Für ihre Fusionspläne hatten Alstom und Siemens aus Berlin und Paris Rückendeckung bekommen. Mit der EU-Kommission, die die Pläne unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten prüft, führe man derzeit »einen sehr konstruktiven Dialog«, sagte ein Siemens-Sprecher. Auch nach dem Zusammenschluss dürfte der Wettbewerb intensiv bleiben, zumal auch kleinere Spieler wie die spanischen Anbieter Patentes Talgo und CAF oder das Schweizer Unternehmen Stadler erfolgreich am Markt unterwegs seien, heißt es in der Branche.
Französische Gewerkschafter dagegen sehen die Fusionspläne kritisch, unter anderem wegen möglicher Jobverluste, und auch französische und belgische Vertreter im Europäischen Betriebsrat von Alstom hatten dagegen gestimmt – was allerdings keine aufschiebende Wirkung für den Zusammenschluss hat. Bei Siemens heißt es dazu, man nehme die Sorgen der Mitarbeiter ernst. Es gehe hier aber nicht darum, durch Personalabbau Kosten zu senken. Vielmehr ziele die Fusion darauf, die Chancen in einem jährlich um etwa drei bis vier Prozent wachsenden Markt gemeinsam zu nutzen.
470 Mio. Euro sparen – natürlich nicht an den Mitarbeitern
Spätestens ab 2022 soll die Fusion Synergieeffekte von 470 Millionen Euro pro Jahr bringen, wie Siemens bereits angekündigt hatte. Der deutsche Konzern hatte sich im Zuge der Fusionsentscheidung mit Arbeitnehmervertretern auf vierjährige Standort- und Jobgarantien, auf den Erhalt der Mitbestimmung und die Absicherung der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten in Deutschland und Frankreich geeinigt. In vielen Bereichen ergänzten sich die beiden Unternehmen, es gebe aber auch Doppelarbeit, die man künftig vermeiden wolle, verlautete aus Unternehmenskreisen. Einsparpotenziale böten sich zudem beispielsweise im Einkauf.
Spekulationen um angebliche Misstöne zwischen Managern von Siemens und Alstom war Vorstand Busch bereits entgegentreten. Er und Alstom-Chef Henri Poupart-Lafarge, der auch das zusammengeschlossene Unternehmen führen wird, hätten »ein sehr gutes Verhältnis und gemeinsames Verständnis«, sagte Busch in einem internen Interview, das im Intranet von Siemens veröffentlicht worden war. »Wir diskutieren intensiv – aber stets konstruktiv – um die beste Lösung für unsere Mitarbeiter und Kunden zu finden.«
Klar sei aber auch: Bis zum Vollzug der Transaktion seien beide Unternehmen Wettbewerber im Markt.