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Ob es kritisch wird, entscheidet der Herbst

16. Juli 2018, 15:24 Uhr | Engelbert Hopf
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Stromversorgungsspezialisten plädieren für EN 61010

Ein Thema, das die Stromversorgungsbranche in der DACH-Region inzwischen intensiv beschäftigt, ist die Ablösung der bisher gültigen Sicherheitsnorm EN 60950 durch eine Nachfolgenorm, die EN 62368. Doch mit dieser Lösung sind speziell die Stromversorgungshersteller nicht glücklich, die für den Industriebereich fertigen. Stand der Dinge ist: Ab dem 1. Juli nächsten Jahres dürfen keine Stromversorgungen mehr auf den europäischen Markt gebracht werden, die der Konformitätsbedingung EN 60950 entsprechen. 

»Im Prinzip ist dagegen ja auch nichts einzuwenden«, meint Erdl, »eigentlich war die Verwendung der EN 60950 seit Jahrzehnten Quatsch, das war eine Büromaschinennorm, aber die Situation war dadurch einfach für uns, und es galt „One Size fits All“«. Die neuen Normen sind anwendungsorientierter. Dazu kommt: EN 62368 verfolgt ein ganz anderes Hazard-Based-Sicherheitskonzept. Der Umstieg von EN 60950 auf EN 62368 ist deshalb mitnichten einfach. 

Thema „One Size fits All“: Stromversorgungen kommen nun einmal per se in den verschiedensten Anwendungsbereichen zum Einsatz. Und EN 62368 zielt nun einmal auf die Bereiche Informationsverarbeitung, Audio und Video. Für den Industriebereich versuchen einige Hersteller nun, zusammen mit ihren Kunden einen anderen Weg zu gehen. So ist EN 61010 die Norm für Industrieanwendungen und es dürfen auf ihrer Basis Konformitätserklärungen ausgestellt werden. 

»Mit der Übernahme der EN 62368 würde ich die alten Fehler fortsetzen«, meint Erdl, »zudem hat ein EN-60950-konformes Produkt eine viel größere Chance, auch EN-61010-kompatibel zu sein als EN-62368-konform«. Für Dussny besteht der besondere Reiz von EN 61010 auch darin, »dass EN 61010 in dem entsprechenden UL-Test hinterlegt ist; damit erfolgt die Zulassung dann nach alter Väter Sitte«. 
Peters berichtet, dass die Kunden von MTM Power inzwischen zu drei Vierteln EN 61010 präferieren. »Wir müssen mit den Anwendern reden und ihnen klar machen, wo die Vorteile der EN 61010 für sie und uns liegen«, meint er. »Die Umstellung muss jetzt reibungslos erfolgen, und dafür bietet EN 61010 die besten Voraussetzungen.« Heinemann weist zudem darauf hin, dass der besondere Charme von EN 61010 auch darin besteht, »dass sie durchgängig ist, was bedeutet, dass andere Normen auf sie referenzieren.« Was das bedeutet, macht Erdl am Beispiel eines UL-508-Schaltschranks deutlich: »Laut den Amerikanern darf ich da eine Stromversorgung mit EN-61010-Konformitätsbestätigung einbauen, eine EN 62368 kennen die nicht.«
Trotzdem werden die Stromversorgungshersteller aus der DACH-Region auch in Zukunft noch Stromversorgungen mit EN 60950 fertigen. Das liegt zum einen daran, dass UL 60950 weiterhin Bestandsschutz bietet, ist aber auch der Tatsache geschuldet, dass die Asiaten und Japaner den Umstieg bislang nicht mitmachen. Unabhängig davon wird es im Zuge der Umstellung aber zu Abkündigungen im Produktbereich kommen. Anders als in der Vergangenheit muss entsprechend der neuen Norm jede Produktfamilie und jeder Produkttyp getestet werden. »Für ältere Gerätegenerationen wird das auf Abkündigungen hinauslaufen«, stellt Dr. Lüdeke fest. Im Schnitt gehen die Diskussionsteilnehmer davon aus, dass etwa 10 Prozent des Produktangebots der Umstellung auf die neue Sicherheitsnorm zum Opfer fallen werden.


  1. Ob es kritisch wird, entscheidet der Herbst
  2. Es fehlt nicht nur an Komponenten
  3. Gute Zeiten, schlechte Zeiten
  4. Nervige Priorisierung
  5. Umsteigen auf Tantal macht keinen Sinn
  6. Stromversorgungsspezialisten plädieren für EN 61010

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