Bis einschließlich Mai dieses Jahres konnte sich Stefan Westerbecke, Managing Director bei RSG Electronic Components, über einen Umsatzzuwachs von bis zu 20 Prozent freuen. Sein größtes Problem ist derzeit die Rekrutierung entsprechend qualifizierter Mitarbeiter für Entwicklung und Vertrieb. Vor dem Eindruck der aktuellen Situation der Bauelementelieferkette beobachtet er auch zunehmend die Neigung seiner Kunden, Rahmenverträge über zwei Jahre abzuschließen. »Die Kunden wollen sich absichern und sie wollen angesichts der kontinuierlichen Preiserhöhungen bei den passiven Bauelementen auch die Kostenvorteile einer solch langfristigen Vertragsbindung mitnehmen«, berichtet Westerbecke. »Wir haben auch Fälle, wo Kunden trotz dieser Vorbereitung innerhalb von drei Monaten bereits ihren gesamten Jahresbedarf abgearbeitet haben.«
Nicht unbedingt zweistellige Wachstumsraten, dafür aber ein über die Jahre kontinuierliches Wachstum kann Syko vorweisen. Als aktuell größtes Hindernis empfindet Birgit Tunk, Mitglied der Geschäftsleitung, die Schwierigkeit, passendes Personal zu finden, »dann könnten wir sicherlich noch mehr machen«. Sie stört sich auch an der von den Distributoren wieder eingeführten Priorisierung. Wobei sie Unterschiede zur letzten Allokation festgestellt hat. »Beim letzten Mal hatten Digi-Key und Mouser letztlich alles am Lager, und wer das Geld hatte, konnte Ware kaufen; dieses Mal geht es in der Distribution nicht nur über Geld, es gibt manche Bauteile einfach nicht mehr!«
Auch in Thüringen ist es nicht mehr so einfach, passendes Personal zu finden, wie Michael Peters, Geschäftsführer der MTM Power, zugibt. »Zum ersten Mal in unserer Geschichte ist eine Situation eingetreten, dass wir eigentlich mehr schaffen könnten, aber dazu nicht in der Lage sind«, stellt er fest. »In der Vergangenheit hatten wir immer irgendwie einen Weg gefunden, um die Aufträge rechtzeitig abzuarbeiten.« Von der Vertriebsseite sei das derzeit absolut kein Spaß, versichert er, »vor allem wenn es Spezialisten gibt, die angeblich zum ersten Mal von Lieferschwierigkeiten hören, ich frage dann, ob sie eigentlich nicht Zeitung lesen oder Nachrichten sehen.«
Engpässe
Oliver Walter, CEO von Camtec, bewegt sich mit seinem Unternehmen im Projektgeschäft. »Wir haben Engpässe, aber in einem Bereich, der moderat ist«, erläutert er, »aber die Versorgungslage verschärft sich definitiv«. Nach einem Wachstum von 27 Prozent im letzten Jahr bewegte sich das 1. Quartal 2018 in etwa auf demselben Niveau; »ich glaube aber nicht, dass wir das auf Dauer halten können«, versichert er, »wir werden in Zukunft moderater wachsen«. Was den Planungshorizont der Kunden angeht, plädiert er für mindestens sechs Monate; »wer das nicht berücksichtigt, folgt einer Vogel-Strauß-Politik«.
Kundenspezifische Lösungen sind die Domäne des österreichischen Herstellers Egston und haben ihm in diesem Jahr bislang ein Umsatzwachstum von rund 10 Prozent beschert. »Aufgrund dieser Tatsache sind wir in der glücklichen Situation, dass unsere Kunden eigentlich sehr langfristig bestellen«, berichtet Markus Obritzhauser, Vice President PS & Chargers bei Egston; »viele unserer Kunden haben jetzt schon für 2019 bestellt«. Die angespannte Bauelementeliefersituation trifft Egston trotzdem vor allem im Halbleiterbereich, »MOSFETs sind ein ganz heikles Thema«. Im Zuge der Übernahmeaktivitäten in der Halbleiterbranche kommt es nach seinen Worten inzwischen zu Abkündigungen von Bauteilen, »die wir seit zehn Jahren einsetzen, da muss massiv in die Entwicklung investiert werden, um die Produkte nachzuschärfen«.
Relativ neu am Markt ist AE Conversion, eine Ausgründung der ehemaligen AP Tronic. Nachdem man nach dem Management-Buyout zuerst auf Microconverter für die Solarbranche setzte, ergänzte man das Konzept 2015 um kundenspezifische Stromversorgungen. »Wenn wir als Startup nicht mit 20 bis 30 Prozent pro Jahr wachsen würden«, so Dennis Dusny, Head of Sales, Adaptive Energy Conversion, »würden wir was falsch machen«. Neben dem Problem, an kompakte Musterstückzahlen zu kommen, stört er sich an den steigenden Durchlaufzeiten bei externen Zulassungshäusern, speziell bei denen, die weniger als drei Buchstaben haben. »Lag die Zeit für externe Prüfungen 2014 noch bei 8 Wochen, bewegen wir uns heute zwischen 12 und 16 Wochen«. Aktuell erzielt das Unternehmen zwei Drittel seines Umsatzes von rund 5 Millionen Euro mit kundenspezifischen Stromversorgungen.
Als junges Startup zumindest in Deutschland präsentiert sich auch Mornsun. Zum Zeitpunkt der Eröffnung der deutschen Niederlassung im letzten Oktober feierte das chinesische Unternehmen jedoch bereits sein 20-jähriges Firmenjubliäum. »Unsere Wachstumsraten lagen in den letzten Jahren zwischen 20 und 30 Prozent«, so Christian Werner, Sales & Marketing Manager bei Mornsun Power, »wir denken aber, dass wir auch auf dem deutschen Markt erreichen können«. Auch wenn Mornsun sein Lager um den Faktor drei bis vier erweitert hat, so bleibt die Äußerung von Werner, dass man nach wie vor Lieferzeiten von sechs bis acht Wochen habe, nicht unkommentiert. »Bei dem, was sich derzeit abspielt, sind vier bis sechs Wochen Lieferzeit für mich ein Rätsel«, meinte Karsten Bier, CEO von Recom Power.