Um mehrere Fertigungsstandorte wie eine einzige, globale virtuelle Fabrik zu steuern, ist ein Datenaustausch in Echtzeit notwendig. Das betrifft einerseits die standortübergreifende Verfügbarkeit von detaillieren Fertigungsdaten. Diese horizontale Integration ermöglicht beispielsweise die schnelle Implementierung neuer Fertigungstechnologien oder Prozessschritte im Fertigungsverbund. Andererseits werden Systeme über die vertikale Integration von der Planungsebene bis in die Fertigungsbereiche miteinander verknüpft. Die Verfügbarkeit von durchgängigen Daten ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, um mittels Optimierungs- und Simulationsverfahren Verbesserungen bei der Auslastung und Durchlaufzeit zu erzielen. Auch diesen zweiten Schritt hat Infineon erfolgreich gemeistert.
Zwei Beispiele: Kundennutzen, Firmennutzen
Neue Technologien und Sonderanfertigungen werden vom Kunden, bevor die Produkte in Serie verbaut werden, zunächst getestet und qualifiziert. Hierfür sind Kundenmuster erforderlich, die in der Regel schnell benötigt werden. Diese „Rocket-Lose“ wurden noch vor einigen Jahren manuell in den Fertigungsprozess eingefügt. Die Bediener der einzelnen Prozessanlagen mussten dem Los quasi manuell „die Vorfahrt gewähren“.
Heute erkennen die IT-Systeme die Priorität des Loses, und über Algorithmen findet eine bestmögliche Einbindung des Rocket-Loses in den Gesamtfertigungsprozess statt. Das System errechnet jetzt selbst das Optimum für die kürzeste Fertigungszeit bei gleichzeitig geringster Auswirkung auf die laufende Fertigung. Der Kundennutzen: deutlich verkürzte Produktionszeiten für Kundenmuster, die jetzt automatisiert um bis zur Hälfte geringer ausfallen.
Um dem Innovationsdruck standzuhalten, werden in der Halbleiterindustrie erhebliche Mittel im Bereich der Forschung und Entwicklung eingesetzt – bei Infineon im Geschäftsjahr 2016 über 700 Mio. Euro. Die vertikale Vernetzung im Rahmen von Industrie 4.0 führt auch hier zu einer Reduktion von Komplexität und damit einem Effizienzgewinn. Heute können Entwicklungsingenieure remote (also vom Büro aus) auf die Prozessanlagen zugreifen und von dort Daten abfragen, aber auch Einstellungen ändern. Sie bereiten mit Software-Unterstützung den Versuch vor, schicken die Daten an das System und dieses integriert den Versuch optimal in den Fertigungsprozess.
Die Resultate des Experiments sind sofort abrufbar. Neben der besseren Auslastung der Anlagen sorgt die Vernetzung hier für eine schnellere Datenauswertung und eine höhere Datentransparenz, denn sie gehen direkt ins Projekt-System ein. Damit können alle an den Versuchen beteiligten Entwicklungsingenieure mit entsprechender Berechtigung unmittelbar auf den Datensatz zugreifen – egal ob in Asien, Europa oder Nordamerika.
Der letzte Schritt
Diese Flexibilität sowohl bei der Produktion von Mustern als auch beim Testen neuer Verfahren und Rezepte stärkt die Innovations- und damit die Wettbewerbsfähigkeit. Mittelfristig wird es jetzt darum gehen, den skizzierten Integrationsprozess auf die dem Unternehmen vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsketten auszudehnen – sich mit Zulieferern, Dienstleistern, Entwicklungspartner und Kunden über einen gemeinsamen Standard zu vernetzen. Auch hiervon erwarten wir uns weitere, deutliche Vorteile für neue und wettbewerbsfähige Produkte.