Die Halbleiterbranche gehört zu den Indus-trien mit der höchsten Komplexität und der schnellsten Abfolge von neuen Technologien überhaupt. Neben dem Trend zu größeren Wafern und höherer Leistungsdichte gibt es in der Halbleiterproduktion auch die Entwicklung zu immer geringeren Strukturbreiten, die für die fortschreitende Miniaturisierung der Elektronik verantwortlich ist. Je mehr Transistoren sich auf einer Fläche unterbringen lassen, desto kleiner und leistungsfähiger wird der Chip. Folgt die Technik weiter der bisherigen Entwicklung, kann man davon ausgehen, dass etwa um das Jahr 2020 herum Transistoren nur noch aus einzelnen Atomen bestehen werden. Damit wäre die physikalische Grenze erreicht und eine weitere Verringerung der Strukturbreiten technisch nicht mehr möglich.
Nicht für jeden Hersteller ist es jedoch sinnvoll, Halbleiter immer kleiner zu machen. So verfolgt Infineon seit vielen Jahren die Strategie einer zunehmenden Systemintegration: Immer mehr Funktionen werden in einem einzelnen Chip vereint – ein Weg, der in der Industrie unter dem Begriff „More than Moore“ bekannt ist. Dieser Weg besteht darin, weiteres Potenzial durch Verknüpfung komplexerer Funktion zu erschließen: Halbleiter, die analoge und digitale Funktionen ausführen können (Mixed Signal) und darüber hinaus etwa mit Sensoren und Leistungsendstufen ausgestattet sind. Neue Aufbau- und Verbindungstechniken – zum Beispiel das vertikale Stapeln oder das horizontale Verteilen in einem gemeinsamen Gehäuse – bieten weitere Ansätze, die Leistungsfähigkeit von Chips zu optimieren. So kommen etwa in Mobiltelefonen kompakte Chips zum Einsatz, die aus Prozessor, DRAM und Flash-Speicher bestehen.
Vor 50 Jahren gab es nur einfache Bauelemente wie den Transistor. Heute, mehr als 20 Technologiegenerationen später, integriert man ganze Systeme in einem einzigen Chip und liefert die Software gleich mit. Neben diesen Aspekten, die einen steten Zustrom von Komplexität bedeuten, stellen Kundenforderungen nach maßgeschneiderten Produkten und eine sich stets verändernde Wertschöpfungskette weitere Treiber für Komplexität dar.
Vernetzte Produktion in Fabriken
Exponentiell steigende Entwicklungskosten für jede neue Technologie und für jedes neue Produkt stehen im Kontrast zur Kundenforderung nach vermehrt individuellen Lösungen. Diese Entwicklung erfordert Strategien, die Komplexität zu reduzieren. Standardisierte Prozessblöcke oder eine durchgängige Datenerfassung aller Produktionsschritte bis hinunter auf die Chip- oder Transistorebene ermöglichen, die Komplexität zu beherrschen, schneller zu lernen und dadurch die Prozesse zu optimieren.
Das Konzept Industrie 4.0 – also die Vernetzung auch weltweit verteilter Produktionsstätten und die Einbindung von Lieferanten und Kunden in den Produktionsprozess – bietet diese Lösungsansätze. Industrie 4.0 bezeichnet die „4. industrielle Revolution“, in der Industrieanlagen mittels digitaler Informationstechnologien vernetzt werden: Intelligente Maschinen, Lagersysteme und Betriebsmittel tauschen untereinander Daten aus, steuern Aktivitäten selbständig und optimieren sich gegenseitig. Die Fabriken und Lager von Lieferanten und Kunden werden über die gesamte Wertschöpfungskette ebenfalls vernetzt.
Durch Industrie 4.0 wird ein neues Maß an Produktivität, Effizienz und Stabilität erreicht. Die nahtlose und zeitnahe Umsetzung von Entwicklungskonzepten in der Massenproduktion ermöglicht Betrieben ein „schnelleres Lernen“. Und damit die effiziente Individualisierung von Produkten bis hin zur Losgröße 1. Was heute unter dem Begriff Industrie 4.0 zusammengefasst wird, beschäftigt Infineon als Anwender in der Fertigung sowie als Anbieter von Mikroelektronik-Produkten schon geraume Zeit.
Daten bei der Produktion zu erfassen, auszuwerten und über einen längeren Zeitraum vorzuhalten ist für die Halbleiterindustrie nichts Neues. Beginnend mit der Einspeisung des Wafers bis zum getesteten und fertigen Produkt wird jeder einzelne Prozessschritt elektronisch dokumentiert – und abhängig vom Halbleiter kann es bis zu 1200 Schritte geben. Auf Basis dieser Dokumentation können auch noch nach Jahren mögliche Fehlerquellen in der Produktion identifiziert und Verbesserungen für die laufende Produktion vorgenommen werden. Diese hohe Affinität zu digitalen Daten ist die Grundlage für eine intelligente Fabrik und notwendig für den zweiten Schritt hin zur Industrie 4.0.