Interview mit Herbert Schein, Varta

Noch vor 2020 über die 300-Millionen-Euro-Umsatzschwelle

17. Juli 2018, 10:45 Uhr | Engelbert Hopf
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Personelle Voraussetzungen für Wachstum

Varta Microbattery konzentriert sich bisher auf zwei Anwendungsbereiche: Healthcare und Entertainment. Beschränkt sich Healthcare ausschließlich auf Hörgerätebatterien oder gibt es da auch andere Anwendungen?

Hörgerätebatterien in Form von Zink-Luft sind hier sicher die dominierende Anwendung. Sie wachsen weiter kontinuierlich und erlauben uns in idealer Weise die Nutzung von Skalierungseffekten. Darüber hinaus kommen aber auch Silberoxid-Batterien und Lithium-Knopfzellen zum Einsatz. Die Überwachung medizinischer Parameter durch mobile, tragbare Geräte wird in Zukunft noch stärker zunehmen. Ein Trend, der es uns erlaubt, unsere Maxime, dem Kunden die jeweils höchstmögliche Energiedichte für seine Applikation anzubieten, auch in diesem Marktsegment erfolgreich umzusetzen.

In den letzten Jahren haben Sie sich erfolgreich in der Konsumelektronik etabliert und dort vor allem im Bereich True-Wireless-Headsets. Wohin geht dort der Trend und wird der Entertainment-Bereich das Hörgeräte-Batterien-Geschäft irgendwann überflügeln?

Der Trend bei tragbarer Elektronik geht dahin, immer kleiner und letztlich fast unsichtbar zu werden. Das erfordert sehr kompakte Zellen mit hoher Energiedichte. Wir stellen entsprechende Lösungen für den True-Wireless-Headset-Bereich sowie für Brillen zur Verfügung. Neben der Performance ist hier die Zuverlässigkeit entscheidend, denn die Zellen, in diesem Fall wiederaufladbare Lithium-Ionen-Zellen, sind fest in die Geräte eingebaut. Mangelnde Zuverlässigkeit und Qualität würde dazu führen, dass der Kunde das ganze Gerät wegwerfen muss. Wir konzentrieren uns bei den True-Wireless-Headsets auf das Segment der kleinen Geräte, das in den nächsten Jahren Wachstumsraten von 40 Prozent aufweisen soll. Unsere Innovationskraft werden wir hier im nächsten Jahr einmal mehr unter Beweis stellen, indem wir im ersten Halbjahr 2019 eine neue Zellengeneration auf den Markt bringen werden, die noch kompakter ist und eine um 20 Prozent höhere Energiedichte aufweist. Headsets werden in Zukunft durch neue Features, wie etwa eine Simultanübersetzung, die Google plant, einen höheren Energiebedarf aufweisen. Bei Hörgerätebatterien gehen wir von einem weiteren sehr kontinuierlichen Wachstum aus. Der Bereich Entertainment jedoch hat durch die hohen Wachstumsraten mittelfristig das Potenzial, sogar die Hörgerätebatterien zu überflügeln.

Varta Microbattery beschäftigt sich im R&D-Bereich auch mit druckbaren Batterien. Sehen Sie für diese Batterietechnologie inzwischen einen Business-Case?

Kurzfristig nicht, wir sind noch dabei, verschiedene Möglichkeiten zu evaluieren. Eine Möglichkeit wäre ein Einsatz im Bereich Labeling, also der Sichtbarmachung etwa der Haltbarkeit von Produkten durch Farben oder Symbole. Denkbar ist auch ein Einsatz im Bereich Werbung und Marketing. Eine andere Möglichkeit wäre der Einsatz von RFID-Lösungen für Tracking-Aufgaben.

Seit einem Jahr wird der Sinn einer Batterie-Foundry in Europa diskutiert. Was halten Sie grundsätzlich von diesem Geschäftsansatz?

Hier darf man sich nicht verzetteln. Im Vordergrund muss auch hier die Wettbewerbsfähigkeit einer Fertigung liegen. Eine Foundry hat auch die Herausforderung, zu viele Lösungen anbieten zu müssen.

Zurück zur Varta Microbattery. Sie sind im November letzten Jahres an die Börse gegangen. Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem bisherigen Kursverlauf?

Wir sind damals mit 17,50 Euro gestartet und liegen derzeit stabil bei einem Wert zwischen 22 und 24 Euro. Wer also von Anfang an dabei war, konnte bisher eine enorme Steigerung verzeichnen. Ich denke damit dürften alle zufrieden sein.

Die ersten sechs Monate des Geschäftsjahres liegen hinter Ihnen. Wie ist das Jahr bisher verlaufen und mit welcher Entwicklung rechnen Sie für die zweite Jahreshälfte?

Wir haben 2017 mit 242 Millionen Euro abgeschlossen, das war ein Wachstum von 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Steigerung beim EBITDA lag bei 50 Prozent. In den ersten sechs Monaten lag unser Umsatzzuwachs bei 12 Prozent, der EBITDA sogar wieder über 50 Prozent. Wir haben mehr Hörgerätebatterien verkauft, da machen sich Skalierungseffekte bemerkbar, und wir haben es geschafft, zweieinhalb Jahre nach dem Einstieg in die Massenfertigung der kleinen wiederaufladbaren Lithium-Ionen-Zellen im deutlich positiven Bereich zu sein, das schlägt sich positiv auf den EBITDA nieder. Für die zweite Jahreshälfte bin ich deshalb sehr zuversichtlich, den begonnenen Wachstumskurs weiter fortzusetzen.

Wachstum erfordert auch neue, qualifizierte Mitarbeiter. Finden Sie in Ellwangen und Umgebung denn noch genügend qualifizierte Mitarbeiter für die neuen Aufgaben?

Wir rekrutieren weltweit Mitarbeiter, aber wir haben allein in diesem Jahr in Deutschland bereits 100 neue Mitarbeiter eingestellt und es werden noch mehr werden. Wir haben hier am Standort Ellwangen seit vielen Jahren sehr gute Erfahrungen mit der dualen Ausbildung und dem dualen Studium gemacht. Vor diesem Hintergrund bilden wir den Großteil unserer Mitarbeiter selbst aus. Ein entscheidender Faktor für unsere geringe Fluktuationsrate dürfte in unserer gelebten Innovationskultur liegen. Es gibt keinen Stillstand, jeder kann durch Verbesserungen in seinem Bereich zum Erfolg beitragen.


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