Ladezustand von Li-Ionen-Akkus erfassen

Ein Algorithmus für alle Zellen

2. August 2016, 13:43 Uhr | Von Bakul Damle
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Selbstlernender Algorithmus

Wieso kann das konfigurierbare EZ-Modell so gute Ergebnisse liefern? Der Grund hierfür liegt in der Art und Weise, wie der patentierte ModelGauge-m5-EZ-Algorithmus die elektrischen Messwerte verarbeitet und daraus nutzbare Ladezustandswerte (SOC) sowie andere Akkuinformationen ermittelt. Der Algorithmus verfügt über mehrere Mechanismen, um Fehler zu unterdrücken, die sich durch Abweichungen zwischen dem genutzten Akkumodell und den tatsächlich verwendeten Akkuzellen ergeben. Diese Mechanismen machen die Ladezustandsberechnung auch gegenüber Fehlern in den elek¬trischen Messungen robuster.

Die Relation zwischen Leerlaufspannung und Ladezustand ist bei Li-Ionen-Zellen nahezu unabhängig vom Alter der Zelle
Bild 5. Die Relation zwischen Leerlaufspannung und Ladezustand ist bei Li-Ionen-Zellen nahezu unabhängig vom Alter der Zelle.
© Maxim

Darüber hinaus gibt es mehrere adaptive Mechanismen, die während der Ladezustandsmessung die Eigenschaften des Akkus lernen, um die Genauigkeit zu verbessern. Der ModelGauge-m5-EZ-Algorithmus kombiniert die Kurzzeitgenauigkeit und Linearität eines Ladungszählers mit der Langzeitstabilität einer spannungsbasierten Ladezustandsmessung. Der Kern des Algorithmus verbindet die Schätzung der Leerlaufspannung mit dem Ladungszähler. Die Leerlaufspannung einer Li-Ionen-Akkuzelle korreliert mit dem Ladezustand. Diese Beziehung ist weitgehend unabhängig vom Alter der Zelle (Bild 5).

Da die Akkuzellen in der Anwendung einem Lade-Entlade-Zyklus unterliegen, unterdrückt das Auf und Ab entlang dieser Kurve weitgehend alle lokalen Fehler, die aus der Abweichung zwischen Akkumodell und Akkuzelle herrühren.

Der ModelGauge-m5-EZ-Algorithmus begrenzt die Fehlerbandbreite der Ladezustandsmessung
Bild 6. Der ModelGauge-m5-EZ-Algorithmus begrenzt die Fehlerbandbreite der Ladezustandsmessung, die beim klassischen Ladungszähler durch Summieren der Offset-Drift stetig größer würde.
© Maxim

Zu Beginn, wenn die Akkuzelle erstmals mit dem ModelGauge-m5-EZ-IC zur Ladezustandsmessung verbunden ist, wird die geschätzte Leerlaufspannung sehr stark gewichtet im Vergleich zum Ausgabewert des Ladungszählers. Wenn die Akkuzelle anschließend im Gerät weitere Lade-/Entladezyklen durchläuft, verbessert sich die Genauigkeit des Ladungszählers und der EZ-Algorithmus ändert die Gewichtung, sodass das Ergebnis des Ladungszählers nun dominiert. Von diesem Punkt an wechselt das IC zur Ladezustandsmessung in den Regelungsbetrieb. Dies bietet eine kontinuierliche Fehlerkorrektur des Ladungszählers mit fester Größe – auf- oder abwärts, abhängig von der Richtung des Fehlers bei der Schätzung der Leerlaufspannung. Damit lassen sich Abweichungen zwischen dem Ladungszähler und der Leerlaufspannungsschätzung schnell korrigieren. Das resultierende Ergebnis wird von der summierten Drift des Offset-Fehlers der Strommessung nicht beeinträchtigt und ist stabiler als ein nur auf der Leerlaufspannungsschätzung basierender Algorithmus. (Bild 6).

Kontinuierliche Verbesserung des Akkumodells im Betrieb

Die Korrektur des Ladungszählers erfolgt kontinuierlich, wenn der Akku belastet wird, aber auch im unbelasteten Zustand – also sowohl während das Gerät aktiv ist als auch im Bereitschaftsbetrieb. In der Praxis bedeutet das, dass der Ladungszähler mehr als 200.000 Mal am Tag korrigiert wird – in winzigen Schritten, die für den Anwender nahezu unmerklich sind. Das ist ein wesentlicher Vorteil des ModelGauge-m5-EZ-Algorithmus im Vergleich zu konkurrierenden Algorithmen.
Da sich Temperatur und Entladungsrate in einem Gerät ändern, ändert sich auch die Ladungsmenge, die dem Gerät zur Verfügung steht. Der ModelGauge-m5-EZ-Algorithmus unterscheidet zwischen der verbleibenden Kapazität der Akkuzelle und der verbleibenden Kapazität der Anwendung und meldet beide Ergebnisse dem Anwender.

In regelmäßigen Abständen passt der EZ-Algorithmus das Modell der Akkuzelle und die Geräteinformationen an, um anfängliche Fehler zu beheben und um die Genauigkeit beim Altern der Akkuzelle zu gewährleisten. Diese internen Anpassungen erfolgen immer als kleine Korrekturen. Auf diese Weise werden sowohl eine Instabilität als auch sprunghafte Änderungen in der Ladungsanzeige vermieden. Das Lernen erfolgt automatisch ohne Zutun des Host Controller. Zusätzlich zur Schätzung des Akkuladezustands beobachtet das IC die Erholungsphase des Akkus nach Lasttrennung und korrigiert die Dynamik der spannungsbasierten Ladezustandsmessung.

Der ModelGauge-m5-EZ-Algorithmus enthält eine Funktion, die garantiert, dass das Ergebnis der Ladezustandsmessung gegen 0 % geht, wenn sich die Zellspannung der Entladeschlussspannung nähert. Sobald sich die Zellspannung der erwarteten Entladeschlussspannung nähert, passt das IC die Änderungsrate der Ladungsanzeige allmählich an, sodass die Ladungsanzeige genau in dem Moment 0 % meldet, wenn die Zellspannung den Wert der Ladeschlussspannung erreicht. Dies vermeidet ein unerwartetes Herunterfahren des Gerätes oder eine verfrühte 0%-Ladungsanzeige. Dies bietet auch einen zusätzlichen Mechanismus zur Unterdrückung von Fehlern in der Ladezustandsmessung, die daher rühren, dass das Akkumodell vom tatsächlich verwendeten Akku abweicht.

Die ICs zur Ladezustandsmessung mit dem Algorithmus ModelGauge-m5-EZ kompensieren automatisch die Alterung der Akkuzellen, die Temperatur und die Selbstentladungsrate und liefern über einen weiten Bereich an Betriebsbedingungen den exakten Ladezustand (SOC) in mAh oder Prozent. Sie ermöglichen eine genaue Abschätzung der Zeit bis zur vollständigen Entladung, der Zeit bis zur vollständigen Ladung und eine „Cycle+“-Alterungsprognose und bieten drei Methoden zur Erfassung des Alters des Akkus: Verringerung der Kapazität, Erhöhung des Innenwiderstands und Zählen der Zyklen.
Äußerst präzise messen die ICs zur Ladezustandsmessung auch Strom, Spannung und Temperatur. Die Temperatur des Akkus wird mit einem internen Temperatursensor gemessen oder mit zwei externen Thermistoren über eine ratiometrische Messung. Durch Erfassung hoher oder niedriger Spannungen, Ströme, Temperaturen oder Ladezustände können die ICs Warnungen ausgeben. Sie enthalten auch zwei schnelle, programmierbare Komparatoren zur Überstromerkennung, die Stromspitzen detektieren und dem Mikrocontroller im Gerät ein Warnsignal geben, damit er geeignete Anpassungen durchführt und so Betriebsbedingungen verhindert, die zu einem plötzlichen Ausfall des Akkus führen könnten. Beide Komparatoren verfügen über programmierbare Schwellenwerte und programmierbare Verzögerungen zum Entprellen.

Die ICs der MAX1720x/MAX1721x-Familie sind die einzigen autarken Ladezustandsmesser mit integrierter SHA-256-Authentifizierung und einem 160-bit-Sicherheitsschlüssel. Sie erschweren damit das Kopieren von Akkusätzen. Jedes IC enthält eine einmalige 64-bit-ID. Die ICs sind in einem leicht zu handhabenden, bleifreien, 3 mm × 3 mm großen 14-Pin-TDFN-Gehäuse verfügbar.

 

Der Autor

Bakul Damle
ist als Business Director bei Maxim Integrated für die Batteriemanagement-ICs verantwortlich. Zu seinen Schwerpunktthemen gehören unter anderem Batterie- und Power Management wie Ladezustandsanzeiger, Energy Harvesting, kontaktlose Energieübertragung und Authentifizierung von Akkusätzen. Bevor er 2005 zu Maxim kam, arbeitete Bakul Damle für National Instruments, wo er ein Entwicklerteam für hochauflösende computerbasierte Instrumente leitete, sowie für Digitronics im Bereich Leistungswandler. Er hat einen Abschluss als Master of Science in Elektrotechnik des California Institute of Technology und als Bachelor of Technology in Angewandter Physik des Indian Institute of Technology. Bakul Damle hält mehrere Patente im Bereich Test- und Messsysteme.

 

bakul.damle@maximintegrated.com



  1. Ein Algorithmus für alle Zellen
  2. Vergleich der Modelle
  3. Selbstlernender Algorithmus

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