Die E-Paper-Technik ist vor allem durch den Hersteller E Ink bekannt. Über die Jahre hat sich E Ink mit seinem Know-how als Marktführer etabliert. Ebenso wichtig wie die Displaytechnik selbst ist aber auch die Integration der Elektronik für die Ansteuerung des E-Paper-Displays.
Die E-Paper-Anzeigen arbeiten auf Basis von Look-up-Tabellen, die auch Waveform-Dateien genannt werden. Dabei handelt es sich um spezielle Tabellen, die vom Hersteller E Ink erstellt und jedem Produktionslos zugeordnet werden. Die Tabellen enthalten spezielle Timing-Einstellungen abhängig von der Umgebungstemperatur, dem tatsächlichen Pixelstatus und dem nächsten Pixelstatus. Die Dateien haben die Erweiterung WBF und enthalten das Bitmuster für die Ansteuerung jedes Pixels. Derzeit gibt es zwei Hersteller von ICs, die WBF-Dateien unterstützen: ITE und E Ink. Der Komplexitätsgrad der Look-up-Tabellen steigt je nach Displaytechnik mit der Farbtiefe, wie in der Tabelle dargestellt.
Die Liste umfasst verschiedene E-Paper-Techniken, von der einfachen S/W-Ansteuerung (Carta) bis zum komplexen Steuerungsprozess für Vollfarbanzeigen (Gallery Plus).
Art der Schnittstelle
ist entscheidend
Bei E-Paper-Displays mit SPI-Schnittstelle sind die Algorithmen für die Ansteuerung normalerweise integriert. Entwickler müssen sich in der Regel nicht mit den detaillierten Einstellungen befassen. Die Kommunikation mit diesen Displays beschränkt sich auf Schreiben und Lesen der Register des integrierten Controllers.
Wenn es sich bei der Schnittstelle des Displays um TTL oder Mini-LVDS handelt, erfolgt die Kommunikation mit dem Host auf anderer Ebene, und die Timing-Einstellungen für die Darstellung eines Bildes sollten abhängig von den verschiedenen Faktoren sehr genau sein. Viele Entwickler beginnen, diese Steuerung im 1-bit-Modus zu erlernen, um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie sie die Tintenpartikel in den Mikrokapseln innerhalb der E-Paper-Folie richtig bewegen können.
Waveform-Dateien vom Display-Hersteller vereinfachen die Ansteuerung
Diese technischen Informationen werden vom E-Paper-Display-Hersteller E Ink nicht weitergegeben, da er empfiehlt mit den Waveform-Dateien zu arbeiten. Die Verwendung der Waveform-Dateien spart Zeit und Aufwand bei der Entwicklung einer Ansteuerung. Entwicklungen ohne Waveform-Dateien mit eigenem Algorithmus sind aufwändig in der Recherche, um die Details der Technik zu erlernen.
Normalerweise kann ein eigener Algorithmus die Darstellung von Bildern mit 1 oder 2 bit Farbtiefe auf einem guten Qualitätsniveau unterstützen. Die Unterstützung von 8 und sogar 16 Graustufen ist ebenfalls möglich, allerdings ist die Leistung aufgrund der gängigen MCU- oder FPGA-Einschränkungen oft begrenzt. Ein selbst entwickelter Algorithmus der Timing-Parameter zur Darstellung des Bildes reicht normalerweise aus, um die erwartete Bildqualität zu erreichen.
Die möglichen Nachteile eines selbstentwickelten Algorithmus ohne Verwendung von Standard-Waveform-Dateien sind eine geringere Geschwindigkeit für die Aktualisierung des Bildinhalts, nicht ausreichender Kontrast, nicht exakte Grautöne und Ghosting-Effekte. Dennoch bevorzugen viele Entwickler ihre eigene Vorgehensweise und lehnen den Einsatz der ICs von ITE und E Ink ab, um die vollständige Kontrolle über jedes Bit auf der Kommunikationsebene zu haben und keine »Black-Box« in ihre Schaltung integrieren zu müssen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Stromaufnahme des Displaysystems. Die freie Wahl der Komponenten ermöglicht es Entwicklern einerseits, energieeffiziente Anwendungen zu erstellen und andererseits flexibel zu bleiben, falls sich die Stückliste ändern sollte.
E-Paper-Displays brauchen
mehrere Versorgungsspannungen
Der andere wichtige Teil der E-Paper-Display-Ansteuerung ist der Spannungsgenerator. Die Displays benötigen mehrere unterschiedliche Spannungspegel. Beispielsweise braucht das E-Paper-Display ED133UT2 (Bild) eine Logikspannungsversorgung von 3,3 V, eine negative Gate-Versorgung von –20 V, eine positive Gate-Versorgung von +27 V, eine negative Source-Versorgung –15 V und eine positive Source-Versorgung von +15 V. Es gibt spezielle E-Paper-Spannungsregler, die aus einer Versorgungsspannung, z. B. von den 5 V des USB-Anschlusses, sämtliche Spannungspegel für die Ansteuerelektronik eines E-Paper-Displays wie das ED133UT2 erzeugen.
Laut Spezifikation beträgt die typische Leistung dieses E-Paper-Panel 265 mW. Der Spitzenwert bei Bildwechsel liegt bei 4,3 W. Im Vergleich zur LCD-Technik mit Hinterleuchtung benötigt die E-Paper-Technik weniger Energie. Dieser Vorteil kann jedoch zunichte gemacht werden, wenn die Anwendung in kurzer Zeit viele Bildwechsel benötigt. Mit anderen Worten: Die Anzeige eines Videos per E-Paper-Technik ist nicht energiesparender. Um die Leistungsaufnahme zu begrenzen, gibt es aber mehrere Möglichkeiten, z. B. Teilaktualisierungen oder eine Reduktion der Anzahl von Graustufen. Damit lässt sich die Stromaufnahme etwas senken, jedoch hat es bei hoher Aktualisierungsfrequenz keinen wesentlichen Einfluss auf die Gesamtleistungsaufnahme.
Unabhängig davon, welche Verfahrensweise verwendet wird, liegt das Hauptaugenmerk der E-Paper-Technik auf der Energieeinsparung. Das Bild bleibt nach der Abschaltung des Systems auf dem Bildschirm erhalten. Diese Eigenschaft ist die hauptsächliche Begründung für den Einsatz von E-Paper-Displays.
Steuerelektronik selbst entwickeln
oder zukaufen?
Auf dem Markt gibt es zwei Mainstreams bei der Entwicklung von Systemen mit E-Paper-Display: entweder eine eigene Ansteuerungskarte entwickeln oder komplette Ansteuerungssysteme zukaufen. Die erste Möglichkeit ist optimal für Entwickler, die sich intensiv mit Algorithmen befassen und versuchen, ihr eigenes, einzigartiges System zu schaffen – mit klaren Vorteilen gegenüber den gängigen Komplettangeboten und einem Ziel wie z. B. extrem niedrige Stromaufnahme oder sehr niedrige Kosten. Die zweite Alternative, die Fertigsysteme, basieren auf ICs mit Waveform-Unterstützung und bieten eine einfachere Kommunikation zum Host über API und Bibliotheken.
Beide Arten von Ansteuerungen haben ihre eigene Nische. Allerdings ist es angesichts der Komplexität der E-Paper-Struktur – insbesondere bei Farbdisplays – sinnvoll, den Ingenieuren von E Ink zu vertrauen. Sie investieren Monate in die Erstellung geeigneter Waveform-Dateien, bevor ein neues E-Paper-Display auf den Markt kommt. Dadurch wird die Entwicklung von Produkten mit E-Paper-Display erleichtert und auch beschleunigt.