Fraunhofer FEP

Datenbrillen mit deutlich reduzierter Leistungsaufnahme

28. März 2017, 14:50 Uhr | Von Helmuth Lemme
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Stromfresser Ansteuerelektronik

Die Analyse des Stromverbrauchs des Gesamtsystems hat dann aber gezeigt: Das eigentliche Display verbraucht nur einen kleinen Bruchteil. Sehr viel mehr nimmt in den kommerziell verfügbaren Datenbrillen die zugehörige Signalverarbeitung auf. Zum einen auf dem Display-Chip selbst der Ansteuerungsteil, der neben dem leuchtenden Bereich sitzt, noch weit mehr aber die externen Chips, die den Bildinhalt anliefern. Bei einer Standard-High-Speed-Schnittstelle (etwa HDMI) sind diese wegen der hohen Takt- und Signalfrequenzen große Stromfresser. Um die loszuwerden, reduziert man hier den Datenfluss ganz wesentlich auf einige wenige Buchstaben, Zahlen oder einfache Symbole (Bild 2). Dafür reicht ein minimalistisches System mit einem Low-Power-Mikrocontroller und einer sehr viel einfacheren Schnittstelle wie SPI oder Bluetooth Low Energy. Dennoch kann das Display 45 Mal pro Sekunde aktualisiert werden. In vielen Fällen reicht schon ein Bildwechsel im Sekundentakt.

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Wird die Anzeige auf einfache Symbole beschränkt, kann eine deutlich einfachere Hardware genutzt werden – die auch weniger Leistung aufnimmt
Bild 2. Wird die Anzeige auf einfache Symbole beschränkt, kann eine deutlich einfachere Hardware genutzt werden – die auch weniger Leistung aufnimmt.
© Fraunhofer FEP

Eine weitere Maßnahme zur Energieeinsparung: Bei Bewegtbildern ändert sich nicht immer der gesamte Bildinhalt, sondern nur ein Teil. Etwa wenn in einem Film eine Person durch einen Raum geht, bleibt der Hintergrund stehen und muss nicht ständig wieder neu an das Display geliefert werden. Es müssen also nur die Bildteile übertragen werden, die sich tatsächlich ändern. Damit die übrigen stehen bleiben, wurde der Bildspeicher im Display-Chip als statisches RAM ausgeführt, das den Bildinhalt beliebig lange hält und keine Refresh-Zyklen benötigt – im Gegensatz zu herkömmlichen Ausführungen, die ein dynamisches RAM mit Speicherkondensatoren enthalten, das regelmäßig aufgefrischt werden muss. Der Preis dafür sind deutlich mehr Transistoren pro Pixel; dadurch sind die Pixel mit 12 x 12 µm² jetzt etwas größer als die Subpixel des Farb-Display (8 x 8 µm²). Bei Vollfarbe wäre die Auflösung entsprechend geringer, oder aber der Chip wird größer gefertigt, wodurch er wieder teurer würde.

Die momentan verfügbaren Vorführmuster haben eine Pixelauflösung von 304 x 256 auf einer aktiven Fläche von 3,65 x 3,07 mm²; sie leuchten einfarbig grün mit 16 Helligkeitsstufen, maximal 7000 cd/m² (Bild 3). Diese Werte stellen einen vorläufigen Kompromiss zwischen vielen, zum Teil gegenläufigen Parametern dar. In einer späteren Serienproduktion können diese dann immer noch an die jeweiligen Erfordernisse angepasst werden.

Auf solche Kleinst-Displays schaut ein Betrachter durch eine Lupe
Bild 3. Auf solche Kleinst-Displays schaut ein Betrachter durch eine Lupe.
© Fraunhofer FEP

Alles in allem kommt das Display jetzt mit einer Betriebsleistung zwischen 0,1 und 3 mW aus. Der genaue Wert hängt von den dargestellten Bildinhalten ab. Die abgespeckte Ansteuerung benötigt etwa 15 mW. Im Vergleich dazu hat das Vorgängermodell, ein Farbdisplay mit 800 x 600 Pixeln, 200 mW geschluckt und die wesentlich aufwendigere Ansteuerung rund 2 W – die ein Anwender auf seiner Nase auch durchaus gefühlt hat.

Ausführung nach Kundenwünschen möglich

Der Prototyp wurde auf der Electronica 2016 vorgeführt. Das nur 25 g leichte System ist an eine Schirmmütze montiert (Bild 4); es besteht aus der optischen Einheit mit dem Display-Chip und vorgesetzter Linse, der Platine mit der Ansteuerung und dem Akku (eine Lithium-Ionen-Zelle mit 125 mAh), der eine Betriebszeit von etwa 30 Stunden erlaubt. Das Display wird nicht direkt ins Blickfeld platziert, sondern etwas seitlich herausgerückt, sodass es die Sicht nicht behindert. Eine automatische Helligkeitsregelung passt die Leuchtstärke an das Umgebungslicht an. Bei Bedarf sind auch Ausführungen mit anderen Daten oder OLED-Farben machbar; Kundenwünsche können weitgehend berücksichtigt werden. Die Fraunhofer-Forscher bieten Evaluation Kits an, mit denen eigene Applikationen erprobt werden können. Das Interesse seitens der Industrie ist bereits groß.


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