Happy Birthday Polaroid

Die Kultkamera wird 75 Jahre alt

21. Februar 2022, 13:12 Uhr | dpa
Knipsen und sofort ein Foto in Händen halten, das ist bis heute das Prinzip der Polaroidkamera
© AdobeStock/Brais Seara

Ein Knopfdruck und man hat ein Foto: Am 21.02.1947 stellte der US-Amerikaner Edwin Land in New York die erste Sofortbildkamera vor. Die Idee war revolutionär - und sie lebt fort.

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Machen Sie Fotos mit Ihrem Handy, klatschen einen Filter drauf und laden sie dann bei Instagram, Facebook oder Twitter hoch? Dann handeln Sie sozusagen im Geiste einer 75 Jahre alten Erfindung des US-Amerikaners Edwin Land, der am 21. Februar 1947 die erste Sofortbildkamera in New York vorstellte. Die Erfindung schlug ein - ein bisschen so wie die Handykameras in den letzten Jahrzehnten. Und diverse Smartphone-Apps ahmen bis heute den Charme der Apparate nach.

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Wunsch der Tochter erfüllt

Die Sofortbildkamera Polaroid »Lightmixer 630« mit einer Porträtaufnahme des Erfinders der Sofortbildkamera und Gründers der Polaroid Corporation, Edwin H. Land.
Die Sofortbildkamera Polaroid »Lightmixer 630« mit einer Porträtaufnahme des Erfinders der Sofortbildkamera und Gründers der Polaroid Corporation, Edwin H. Land.
© Akg-Images/United Archives/dpa

Lands erste Kamera war Model 95 und der Name seiner Firma macht rückblickend die Tragweite ihrer technischen Revolution deutlich: Polaroid. Der Name wurde zwischenzeitlich zum Synonym für Fotografie: Man machte nicht nur Fotos, man knipste Polaroids! Land erfand die Kamera, nachdem seine Tochter ihn eines Tages fragte, warum sie Fotos nicht sofort sehen konnte.

Der Wissenschaftler tüftelte: »Ich konnte sehen, was die Polaroid-Kamera sein sollte. Sie war für mich genauso real, als säße sie vor mir, bevor ich jemals eine gebaut hatte«, erklärte er einmal. Doch was viele heute vor allem mit Spaß- und Partyfotografie in Verbindung bringen, war damals ein Meilenstein in vielen Bereichen.

Spurensucher an Tatorten konnten unkompliziert und schnell Fotos machen, die direkt in Akten oder an Tafeln verwendet werden konnten. Ärzte nutzten sie auf ähnliche Weise und machten Aufnahmen ihrer Patienten. Von Vorteil waren die Sofortbildkameras auch für Entwicklungshelfer, die in vielen Teilen der Welt keinen Zugriff auf Labore zur Entwicklung von Filmen gehabt hätten.

Dank Retro-Boom auch heute noch gefragt

Andy Warhol, amerikanische Maler, Graphiker und Filmemacher sowie führender Vertreter der Pop-art, lichtet den SPD-Vorsitzenden Willy Brandt (r) mit seiner Polaroid-Kamera ab.
Andy Warhol, amerikanische Maler, Graphiker und Filmemacher sowie führender Vertreter der Pop-art, lichtet den SPD-Vorsitzenden Willy Brandt (r) mit seiner Polaroid-Kamera ab.
© Peter Popp/dpa

Doch die neue Technologie hatte auch Nachteile, weshalb die herkömmliche Kamera mit Schwarz-Weiß- oder Farbfilm auch weiterhin von vielen Menschen benutzt wurde. Hier spielte vor allem der Preis der schnellen Bilder, die unter leisem Surren aus der Kamera kamen, eine Rolle. Polaroids und die Bilder von Konkurrenzmarken waren um ein Vielfaches teurer als jene aus dem Labor. Zudem blieben die Kameras lange Zeit klobig und passten bei weitem nicht in jede Tasche.

Die Fotos der Sofortbildkameras verkörperten für viele Menschen allerdings mehr als nur Schnelligkeit, sondern vor allem rückblickend auch ein Lebensgefühl. Leicht übersteuerte Farben, das langsame Verblassen, die Vignette an den Rändern: Das alles kreierte eine Ästhetik, die zum Retro-Hype im Multimedia-Bereich der letzten Jahre beitrug.

Im Jahr 2019 seien in Deutschland eine halbe Million Sofortbildkameras verkauft worden, teilt der Photoindustrie-Verband auf Anfrage mit - mehr als doppelt so viel wie noch 2016. In den vergangenen beiden Jahren ging die Zahl wieder etwas zurück, blieb aber weiter hoch. Gekauft wurden die Apparate vor allem von Teenagern und Menschen in ihren 20ern. Experten erklären den Trend auch mit dem Boom von retro-angehauchten digitalen Foto-Apps wie Instagram, die die jungen Käufer wieder zu den analogen Kameras zurückbringen.

Die Sehnsucht nach Imperfektion

Eine Polaroid-Sofortbildkamera liegt im »80er-Jahre Pop-up-Store« am Hackeschen Markt in Berlin.
Eine Polaroid-Sofortbildkamera liegt im »80er-Jahre Pop-up-Store« am Hackeschen Markt in Berlin.
© Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa

Gerade Instagram, das schon im Namen an die »Instant Camera« angelehnt ist, spielt mit dem Schick der Sofortbildapparate. Ein früheres Icon für die Software war eine Kamera, die einem Polaroid-Model verdächtig ähnlich sah. In der App können User alle möglichen Filter einstellen, die das Bild verfälschen und in vielen Fällen ihre jahrzehntealten Vorgänger imitieren. In manchen Programmen können auch die weißen Rahmen der Sofortbilder hinzugefügt werden.

Polaroid ging im Zuge der Digitalisierung und dem Erfolg der Digitalkamera 2001 pleite, inzwischen aber werden unter dem Traditionsnamen wieder Apparate hergestellt - von einer Firma, die ursprünglich als Fanprojekt in den Niederlanden startete. Doch es ist vor allem die Idee des - oft imperfekten, unrealen und dadurch attraktiven - Sofortbildes, das im digitalen Zeitalter in Smartphone-Apps weiterlebt. Eine Momentaufnahme, so leicht, als würde man die Welt durch eine Sonnenbrille sehen. (me)


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