Analysatoren

110 GHz auf dem Wafer analysieren

15. November 2013, 9:39 Uhr | Von Bob Buxton
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Wie sieht eine moderne VNA-Architektur aus?

Die neuen Messköpfe können direkt den Wafer kontaktieren
Bild 2. Die neuen Messköpfe können direkt den Wafer kontaktieren - bei den Frequenzen bis 110 GHz ein absoluter Pluspunkt.
© Antrisu

Jahrelang verwendete man in Breitband-VNA-Systemen relativ große Messköpfe, die aus einer Kombination von Hohlleiter- und Koax-Komponenten bestanden. Man konnte mit ihnen durchaus  Frequenzen bis zu 110 GHz erreichen - sie waren aber dennoch tendenziell instabil, und mit zunehmender  Frequenz reduzierten sich auch deren Leistungsdaten. Heute stehen moderne VNA-Architekturen zur Verfügung, die monolithisch integrierte Mikrowellen-IC-Technologien (MMIC) nutzen, woraus stabilere Messungen und bessere Leistungsdaten resultieren. Wegen der kompakten Bauweise der Messköpfe können diese auch einfacher auf einer Probe-Station montiert werden; in einigen Fällen ist auch eine Montage direkt an der Sonde selbst möglich (Bild 2).

Die technologischen Vorteile der neuen Messkopf-Architekturen, die sie von den HF-Parametern und den Stabilitätswerten her deutlich besser machen als herkömmliche Messkopf-Konzepte, basieren im Wesentlichen auf neuen nichtlinearen Höchstfrequenz-Übertragungsleitungen (NLTL = Non-Linear Transmission Line), die sowohl in den Multiplizierer-Stufen wie auch in den Referenz- und Messkanal-Samplern arbeiten.

Amplituden- und Phasengang der neuen Messköpfe über der Frequenz
Bild 3. Amplituden- und Phasengang der neuen Messköpfe über der Frequenz.
© Antrisu

Diese Leitungsstrukturen wurden in den Forschungslabors von Anritsu entwickelt und werden in GaAs-Technologie in der eigenen Halbleiter-Fab gefertigt. Sie sind zusammen mit speziellen Kopplern auf einem Substrat integriert, basieren auf einer koplanaren HF-Wellenleiter-Struktur und ersetzen auf wesentlich kleinerem Raum die früher verwendeten und schweren bzw. voluminösen Hohlleiter- und Koaxial-Übertragungselemente. Hinzu kommen wesentlich bessere Leistungswerte in Bezug auf Dynamikbereich und Richtschärfe mit der weiteren Folge einer deutlich verbesserten Parameter-Stabilität. Zusätzlich zu den verbesserten Messköpfen bieten neue Entwicklungen in den Breitband-Vektornetzwerkanalysatoren selbst eine höhere Genauigkeit und liefern stabilere Ergebnisse als frühere Generationen, wie aus Bild 3 ersichtlich ist. Die neuen Leistungsmerkmale umfassen:

  • Single Sweep-Breitbandfrequenzen im Bereich von 70 kHz bis 110 GHz
  • Dynamikbereich von 109 dB bei 110 GHz
  • Positive Richtschärfe am Richtkoppler und dadurch verbesserte Messstabilität und verminderte Kalibrierungshäufigkeit
  • Echtzeit-Pegelsteuerung des Stimulus für genauere lineare Messung von Verstärkung (Gain) und Kompressionsverhalten (CP 1)
  • Kompakte mm-Wellen-Module in Leichtbauweise, für präzises und wirtschaftliches Anordnen und Arbeiten auf der Wafer-Probe-Station.

Aufgrund der verbesserten Messstabilität und -genauigkeit, die durch diese neue Generation der Breitband-Vektornetzwerkanalysatoren erreicht werden, müssen Halbleiter-Prüfingenieure weniger häufig Kalibrierungen durchführen, wodurch die Bauteil-Messeffizienz verbessert wird. Statt der 20-minütigen Kalibrierung, die früher stündlich erforderlich war, müssen moderne Breitband-mm-Wellen-VNAs nunmehr nur einmal pro Messeinsatz oder sogar nur einmal täglich kalibriert werden. In der Bauteilcharakterisierungsphase bedeutet dies 37 % mehr Messzeit innerhalb  einer zum Beispiel vierstündigen Messperiode. Durchsatz und die Effizienz aller Tests steigen damit herheblich.

In der Phase der Fertigungskontrolle müssen derartige Messungen oftmals rund um die Uhr durchgeführt werden. Automatisierte Teststationen und Wafer-Handling-Systeme optimieren dabei die für die Bewertung eines jeden Bauteils benötigte Zeit.

Während in vielerlei Hinsicht eine Beschleunigung der Testzyklen erwünscht ist, kann jedoch die geringere Stabilität der mm-Wellen-Messköpfe der älteren Generation in derartigen Konstellationen noch immer die stündliche Kalibrierung erforderlich machen. Wenn auch dieser Zeitaufwand so gering wie möglich gehalten wird, so nimmt die Kalibrierung immerhin noch einen beträchtlichen Teil der verfügbaren Zeit in Anspruch - eine Zeit, in der nicht produktiv getestet werden kann. Der Einsatz eines modernen mm-Wellen-VNA, der einmal täglich kalibriert wird, bedeutet letztlich eine Zunahme der Produkttestzeit um beachtliche 8 Prozent.

 Parameter VNA-Konzept (1 Kalibrierung je Std.) Neues VNA-Konzept (1 Kalibrierung je 8-h-Messperiode)
 Einzel-Kalibrierungszeit (min)  5  5
Gesamt-Kalibrierungszeit pro Tag (min) 40 5
Reale Messzeit pro Tag (min) 440 475
Messeffizienz 91,7 % 99,0 %
Effizienzsteigerung neues Konzept gegenüber traditionellem   + 8%
 Anzahl zusätzlich getesteter Bauteile mit neuem Konzept je Tag (bei 3 s Testzeit/Teil)    +700

Parameter-Vergleich des traditionellen VNA-Konzeptes mit der neuen Architektur


In der Tabelle wird diese Optimierung deutlich. Sie enthält ein Beispiel, das zeigt, wie eine Teststation mit einer 3-Sekunden-Testzeit am Messobjekt täglich zusätzlich 700 Bauteile bewerten konnte. Für ein Bauteil mit einer längeren Testzeit von vielleicht 10 Sekunden pro Bauteil läge die Anzahl der zusätzlich prüfbaren Bauteile aufgrund der verringerten Kalibrierungshäufigkeit bei 210. Dabei würde es sich höchstwahrscheinlich um komplexere und daher preisintensivere Bauteile handeln. Mit Hilfe moderner VNA-Test-Architekturen sind Halbleiter-Prüfingenieure in der Lage, exakte, stabile Messungen über längere Zeitabschnitte hinweg durchzuführen. Die Optimierungen im Bereich der Messeffizienz ermöglichen es diesen Test-Architekturen, Bauteile in der Entwicklungsphase besser zu charakterisieren, Produktspezifikationen selbstbewusster festzulegen und eine größere Anzahl von Produkten während der Fertigung zu testen.

 

Der Autor

Bob Buxton 
ist Marketing Manager, General Purpose Business Unit, bei Anritsu. Er erwarb einen MSc. (Master of Science) auf dem Gebiet Mikrowellen und moderne Optik (Microwaves and Modern Optics) am University College London sowie einen Abschluss als Betriebswirt (MBA) an der George Fox University, Newberg, Oregon. Er verfügt über Erfahrungen in F&E, Produktdefinition und Marketing in Verbindung mit Mikrowellenbaugruppen, Betriebsmitteln und Testgeräten in den Bereichen Radartechnik, Fernmeldewesen und Videotechnik. Seit April 2010 leitet er bei Anritsu das Marketing-Team für universelle Mikrowellen-Labortestgeräte.

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