Von den Internetseiten des örtlichen Energieversorgers kann sich der Hausbewohner sein Energieaufnahmeprofil dann herunterladen und als Diagramm wie in Bild 3 auf seinem Computer ansehen. Die EVUs versichern, er bekomme dadurch ein geschärftes Bewusstsein für Energie und könne besser entscheiden, wann er seine Großverbraucher einschaltet. Auf diese Weise könne er dann Kosten einsparen. Zitat EnBW: „Ein bewusster Umgang mit Energie schont nicht nur die Umwelt, sondern auch Ihren Geldbeutel.“ Ganz sicher wahr.
Zitat weiter: „Aus diesem Grund haben wir von der EnBW mit dem Intelligenten Stromzähler für Baden-Württemberg eine neue und innovative Zählergeneration geschaffen, mit der Sie Ihren Energie-Verbrauch im Griff haben und Kosten sparen.“
Ähnlich RWE, in Mülheim/Ruhr mit einem Pilotprojekt engagiert: „Mit RWE wird Energiesparen zum Kinderspiel. ... Wer Strom spart, schont die Umwelt. Eine wertvolle Hilfe ist hier der neue Stromzähler von RWE: Er liefert umfangreiche und aktuelle Daten über Ihren Energieverbrauch. So können Sie Ihren Verbrauch aktiv steuern und Strom sparen. ... Das Ziel: Mehr Transparenz über den eigenen Verbrauch und damit die Möglichkeit, gezielt Energie zu sparen. Sie senken Ihre Stromkosten und schonen die Umwelt.“
Alles wunderbar. Wenn es denn so einfach wäre. Denn die versprochene „Möglichkeit“, Energie und Kosten einzusparen, ist noch lange keine Realität. Voraussetzung ist zunächst einmal, dass man überhaupt einen Nachttarif hat. Wer den sowieso schon nutzt, der kann sich dann überlegen, ob er jetzt zusätzlich auch noch die lärmende Waschmaschine erst nach 22 Uhr einschaltet. Sofern die Nachbarn das aushalten. Also viel graue Theorie, wenig reale Praxis.
RWE weiter: „Bisher wird der Stromverbrauch nur einmal pro Jahr abgelesen und abgerechnet. Mit dem neuen Stromzähler wird der Verbrauch monatlich abgelesen und Ihnen in Ihrem RWE Kundencenter online angezeigt. Dort haben Sie Ihre Energieverbrauchswerte im Monatsverlauf immer im Blick.“ Das muss man richtig verstehen. Was hier einmal im Monat geschieht, ist die Datenübertragung. Gemessen wird vom Zähler ständig, und übertragen werden nicht nur die aufsummierten Kilowattstunden, sondern das gesamte Verbrauchsprofil.
Der Kunde des EVU hat keine Kontrolle darüber, welche Daten aus seinem Hause zum Energieversorger übermittelt werden. Er kann nicht feststellen, in welchem Zeitraster seine Energieaufnahme erfasst wird. Diesbezügliche Aussagen der EVUs kann er nicht nachprüfen. Bisher gibt es auf diesem Gebiet noch keine Normung. Jedes EVU macht mehr oder weniger, was es will.
Ein anderes Problem bei der Sache: Die Herstellung und der Einbau der neuen Elektrizitätszähler kosten einiges Geld. Dazu kommt ihre Stromversorgung rund um die Uhr. Wie die Deutsche Energie-Agentur ermittelt hat, liegen die Anschaffungs- und Einbaukosten für die „smart meter“ deutlich höher als die dadurch ermöglichten Kosteneinsparungen: Je nach Anbieter werden einmalig 35 Euro bis 100 Euro und jährlich zwischen 60 Euro und 240 Euro in Rechnung gestellt. Dem stehen im Mittel optimistisch gerechnete Einsparungen von 9 bis 42 Euro gegenüber. Zu einem ähnlich vernichtenden Urteil kommt eine 76-seitige, in Österreich durchgeführte Studie [6].
Anders in dem Pilotprojekt Hassfurt. Hier wird versprochen: „Für unsere Kunden entstehen durch die neuen Zähler keinerlei zusätzliche Kosten“ [3]. Achtung, genau lesen! Das bezieht sich nur auf die Zähler selbst. Wie sich gestaffelte Tarife auswirken, die danach möglicherweise eingeführt werden, steht auf einem ganz anderen Blatt. Die EVUs sind nicht als Wohltätigkeitsunternehmen bekannt, sondern sind profitorientierte Aktiengesellschaften. Was bei ihnen zählt, ist nicht Umweltschonung, sondern shareholder value. Sie werden kaum aus reiner Edelmütigkeit Energieeinsparung propagieren und so ihr eigenes Geschäft schmälern.
Die eigentliche Motivation für den Einsatz von „smart meters“ sind, wie gesagt, die automatisierte Fernablesung, die Erhebung differenzierter Daten und noch ein bisschen Hoffnung auf einen besseren Tag-Nacht-Ausgleich. Dabei muss sich ihr Einbau innerhalb von ein paar Jahren amortisieren. Durch die höhere Systemkomplexität ergibt sich noch eine höhere Ausfallwahrscheinlichkeit des Gesamtsystems.