Fraunhofer IOSB-INA

Mobiler Industrie-4.0-Koffer

10. September 2018, 17:40 Uhr | Nicole Wörner
Das mobile Produktionsdatenerfassungssystem von Fraunhofer Lemgo hat es in sich: Diverse Sensortypen erheben die Daten – ohne zusätzliche Hardware sendet das System sie zur Verarbeitung in die Cloud.
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Wissenschaftler des Fraunhofer IOSB-INA haben ein neuartiges mobiles Sensorsystem entwickelt. Was ein wenig aussieht wie unhandliches Reisegepäck, ist ein mobiler „Industrie-4.0-Analysekoffer“ für Maschinen und Anlagen.

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Industrie 4.0 ist nicht nur ein Thema für die großen Industriekonzerne, sondern auch kleine und mittlere Unternehmen möchten sich zunehmend die Vorteile der vernetzten Produktion zunutze machen. Aber was erwarten Unternehmen im Mittelstand eigentlich von Industrie 4.0? Wo erhofft man sich Vorteile, wo verbirgt sich ein greifbarer und konkreter Nutzen? Ohne zunächst hohe Beträge in Betriebsmittel und Personal zu investieren, lassen sich diese Fragen schwer beantworten.

Eine praxisnahe Antwort haben nun Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut entwickelt: Mit dem neuen Sensorsystem INAsense soll es vor allem der Mittelstand künftig leichter haben, mehr Transparenz, Kontrolle, Planbarkeit, Sicherheit und Flexibilität in der eigenen Produktion zu gewinnen.

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Dr. Holger Flatt, Fraunhofer IOSB-INA: »Mit dem mobilen Sensorsystem wollen wir vor Ort Daten gewinnen, Transparenz erzeugen und Potenziale aufzeigen oder bei dem Auffinden von Problemen unterstützen.«
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INAsense ist ein mobiler, knapp 80 cm langer und 50 cm breiter „Industrie-4.0-Analysekoffer“ für Maschinen und Anlagen. Er ermöglicht es, Daten von bestehenden Prozessen sowie Daten von zusätzlichen Sensoren temporär zu erfassen und via Mobilfunk an eine Datenbank zu übermitteln. Verfahren der maschinellen Intelligenz können diese dann analysieren und Ursachen für Qualitätsdefizite offenlegen oder Anzeichen für eine anstehende Wartung identifizieren.

Einfach und praxisgerecht also – auch für Unternehmen, die den Einstieg in die vernetzte Fertigung bisher gescheut haben? »Industrie 4.0 ist für viele Mittelständler noch ein abstrakter Begriff, der nichts mit ihren Auftragsbüchern oder Produkten zu tun hat«, erklärt Dr.-Ing. Holger Flatt, Leiter der Forschungsgruppe Intelligente Sensorsysteme beim Fraunhofer IOSB-INA, dem Forschungsstandort für intelligente Automation. »Mit dem mobilen Sensorsystem wollen wir vor Ort Daten gewinnen, Transparenz erzeugen und Potenziale aufzeigen oder beim Auffinden von Problemen unterstützen.« Ein großer Vorteil dabei sei, dass weder eigene Sensorik-Hardware noch eigene einschlägige Industrie-4.0-Kompetenz im Unternehmen vorhanden sein müsse.

Das Sensorsystem bietet zur Gewinnung der Daten eine große technische Bandbreite: Infrarot-, Vibrations-, Druck-, Distanz-, Temperatur-, Luftfeuchte- und Anlagenleistungsmessung sowie diverse weitere physikalische Eigenschaften der Anlage – all das nimmt das Messsystem von Fraunhofer wahr. Außerdem ist eine speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) verbaut, ein interner Rechner und ein Gateway sowie ein LTE-Router zur Übermittlung der Sensordaten an eine sichere Cloud. »Daten- und Informationsquellen sind die Basis für alle Industrie-4.0-Anwendungen«, betont Andrej Friesen, Entwickler und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer-Standort Lemgo. »Wir wollen unseren Partnern eine Kombination aus Mobilität und industrieller Sensorik sowie einen anwendungsunabhängigen Aufbau bieten, die mit unmittelbaren Erkenntnissen und damit einhergehendem Nutzen überzeugt.«

INAsense unterscheide sich dabei insofern von vergleichbaren Systemen, als es nicht nur für eine Branche (wie Automotive oder die Prozessindustrie) optimiert sei und direkt in die laufende Produktion gebracht und eingesetzt werden könne. So solle sich das Produktionsdatenerfassungssystem aus Lemgo zukünftig in unterschiedlichsten Szenarien als nützlich erweisen. Zum Beispiel in der Qualitätssicherung, um Transparenz im Prozess zu schaffen oder bevorstehende Wartungen vorherzusagen. Darüber hinaus können Maschinen auf Basis der Erkenntnisse aus den Produktionsdaten effizienter und leistungsfähiger betrieben werden.


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