Zeitbereichsreflektometer

Leiterbahnen genau unter die Lupe nehmen

31. Oktober 2019, 10:16 Uhr | Von Thomas Stüber
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Analyse von Signal-Integritätsproblemen

Stoßstellen sind oftmals die Ursache von Signalintegritätsproblemen und daher ist es wichtig, diese aufzuspüren und richtig zu bewerten.

Die Ortsauflösung mit der ein TDR-Messgerät Impedanzänderungen messen kann, hängt direkt mit der Anstiegszeit des im TDR erzeugten Impulses ab. Es bedeutet aber auch, dass für eine sinnvolle Messung in einem System die maximale Bandbreite auf das DUT gebracht werden muss. Die erste Frage bei einer Analyse muss also sein, wie und wo kann adaptiert werden? Hier gibt es verschiedene Lösungsansätze. Verfügt das zu testende System über einen Stecker, kann die Lösung ein Adapter vom Anschluss des TDR auf diesen Steckertyp sein. Diese Adapter gibt es für viele Standard-stecksysteme wie BNC, SMA, SMP aber auch für USB, SATA, HDMI, RJ45 und viele im Automobilbereich eingesetzte HF-Stecksysteme fertig zu kaufen. Eine zweite Lösung für die Adaption sind TDR-Tastköpfe, die es sowohl als Single-ended- wie auch als differenzielle Ausführung gibt. Alternativ lassen sich oft auch HF-Leitungen einlöten, bei denen sich nur auf einer Seite ein Stecker befindet (sogenannte Pigtails).

 

Um ein vollständiges Bild einer Übertargungstrecke zu bekommen ist es sinnvoll die Daten im Zeitbereich (Impedanzplot) und Frequnzbereich (S-Parameter) zu analysieren. Hilfreich für eine Beurteilung ist auch eine Simulation eines Augendiagrams aus de
Bild 3: Um ein vollständiges Bild einer Übertargungstrecke zu bekommen ist es sinnvoll die Daten im Zeitbereich (Impedanzplot) und Frequnzbereich (S-Parameter) zu analysieren. Hilfreich für eine Beurteilung ist auch eine Simulation eines Augendiagrams aus den Messdaten.
© Teledyne LeCroy

In folgendem Beispiel soll eine Übertragungsstrecke mit mehreren Elementen für eine 10-Gbit-Übertragung analysiert werden. Hierzu eignet sich am besten eine unbestückte Platine und die Adaption muss grundsätzlich an den Enden der Übertragungsstrecken erfolgen. Bei der Adaption in der Mitte der Strecke, würde sich der TDR-Puls in beide Richtungen ausbreiten und es wäre nicht möglich, die Reflexionen korrekt zuzuordnen. In Bild 3 ist der Impedanzplot in Rot im rechten oberen Fenster dargestellt. In der Impedanzkurve sind einige Impedanzsprünge zu sehen. Es fällt auf, dass sich die Impedanz an zwei Stellen über eine längere Distanz von 50 Ohm auf circa 58 Ohm ändert. Dies kann anhand des Layouts sehr gut nachvollzogen werden, da die Impedanz von 58 Ohm immer dann auftritt, wenn der Signalpfad auf eine Mittellage der Platine wechselt.

Die Frage ist nun, ob sich das Design für die Übertragung von 10-Gbit-Signalen eignet, oder ob der Impedanzsprung durch den Lagenwechsel zu groß ist. Hier kann die Betrachtung im Frequenzbereich helfen. Für Analysen im Frequenzbereich werden die S-Parameter (Scattering-Parameter) verwendet. Im Fenster links oben ist die Dämpfung über die Frequenz (S21) dargestellt. Im Fenster darunter sieht man die Anpassung (S11), also wieviel der eingespeisten Energie durch eine falsche Anpassung reflektiert wird. Die Anpassung über die Frequenz ist ein wichtiges Indiz, in wie weit die Übertragung gestört ist.

Vergleich einer guten Übertragungsstrecke und einer schlechten Übertragungstrecke im Frequenz und Zeitbereich
Bild 4: Vergleich einer guten Übertragungsstrecke und einer schlechten Übertragungstrecke im Frequenz und Zeitbereich.
© Teledyne LeCroy

Eine gute Faustformel sagt aus, dass die Anpassung bei der Grundfrequenz (also für ein 10-Gbit-Signal bei 5 GHz), besser als 10 dB sein sollte. Da viele Entwickler nicht unbedingt sehr erfahren bei der Interpretation von S-Parametern sind, soll hier ein Ansatz im Zeitbereich näher betrachtet werden. Mit der Signal Integrity Studio Software von Teledyne LeCroy, die es als Option zu dem Wave-Pulser 40iX gibt, besteht die Möglichkeit, virtuelle Signale auf das gemessene DUT zu geben und sich so die in Software erzeugten Signale am Ende der Übertragungsstrecke, ähnlich wie bei einem Oszilloskop im Zeitbereich, zu betrachten. Im Bild 3 rechts unten ist das auf diese Weise simulierte Signal als Augendiagramm dargestellt. Hier ist es nun sehr einfach zu erkennen, dass das Signal durch die Impedanzsprünge sehr viel weniger gestört wird, als anhand des Impedanzplots zu befürchten war.

Beim Vergleich von verschiedenen Platinen wurde nun bei einer Serie doch ein sehr schlechtes Signalintegritätsverhalten festgestellt. Die betroffene Platine wurde genau wie die Platine im Bild 3 analysiert und es wurden die Messparameter einer guten mit der der schlechten Platine übereinandergelegt (Bild 4).

 

Ein Teil der Auflösung geht verloren

WavePulser 40iX und T3SP15D ergänzen sich in allen wichtigen Aspekten von Tests, Validierung und bei der Fehlersuche an Kabeln, Backplanes, Connectoren, Transmission Lines
Bild 5: WavePulser 40iX und T3SP15D ergänzen sich in allen wichtigen Aspekten von Tests, Validierung und bei der Fehlersuche an Kabeln, Backplanes, Connectoren, Transmission Lines.
© Teledyne LeCroy

Sehr deutlich sind Unterschiede im Augendiagramm und in der Übertragungsfunktion (S21) zu sehen. Betrachtet man im unteren linken Fenster die Impedanzkurve, die wie in Bild 3 vom Port 2 (S22) aus gemessen wurde, sind deutliche Unterschiede zu sehen. Diese erklären aber nicht den großen Unterschied der beiden Augendiagramme. Zur Sicherheit wurde auch noch die Impedanz von Port 1 aus gemessen (S11). Hier sind die Unterschiede viel deutlicher zu sehen. Woher kommen nun diese Unterschiede? Es wurde in beiden Fällen doch dasselbe DUT vermessen. Hier muss man in Betracht ziehen, dass die Ortsauflösung eines TDR von der Anstiegszeit des verwendeten Pulses abhängt. Nun wurde in beiden Fällen natürlich der gleiche Puls verwendet, die Anstiegszeit wird aber, wie ein echtes Signal, durch Stoßstellen und Dämpfung auf dem Weg »durch« das DUT immer flacher. Somit geht ein Teil der Auflösung verloren. Eine Ab­hilfe ist, wie in diesem Beispiel gezeigt, die Messungen von beiden Seiten durchzuführen oder, beispielsweise bei einem größeren System, Messungen an Teilbereichen durchzuführen.

Die Messergebnisse von TDR-Instrumenten sind, durch das angewendete Messverfahren im Zeitbereich, für viele Anwender, die sonst mit Oszilloskopen arbeiten, sehr viel einfacher zu verstehen als die Analyse der S-Parameter, die mit einem Vector Network Analyzer ermittelt werden. Die Anzahl der Kanäle und die Bandbreite sind wesentliche Unterschiede, die vom jeweiligen Einsatzbereich abhängen. Mit zwei Kanälen können Messungen an differenziellen Leitungen von einer Seite durchgeführt werden. Für die Messung der Transmission (Dämpfung über der Frequenz), benötigt man bei differenziellen Leitungen vier Kanäle. Die Anstiegszeit des Pulses, der im TDR-Instrument erzeugt wird, begrenzt wiederum die Ortsauflösung. Mit einem Puls mit 35 ps Anstiegszeit kann auf FR4-Leiterplatten eine Ortsauflösung von etwa 3 mm erreicht werden, mit 10 ps dagegen aber eine Auflösung von <= 1 mm. Um die Resultate der TDR-Messungen optimal zu nutzen und rasch zu Lösungen zu gelangen, gibt es zusätzlich Analysemöglichkeiten im Frequenzbereich (S-Parameter) sowie die Simulation von virtuellen Signalen im Zeitbereich.

Thomas-Stüber von Teledyne LeCroy
Thomas StüberGroup Leader Application bei Teledyne LeCroy
© Teledyne LeCroy

  1. Leiterbahnen genau unter die Lupe nehmen
  2. Analyse von Signal-Integritätsproblemen

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