Ein großer Teil der erfolgreichen Tumorbehandlungen beruht auf der Effizienz von Operationen und Strahlentherapie. Die bekannteren Formen nichtinvasiver Krebsbehandlung, Chemotherapie und Bestrahlung, können den menschlichen Körper stark beeinträchtigen, da sie gesunde und entartete Zellen gleichermaßen schädigen. Der Einsatz beschleunigter Teilchenstrahlen ist ein Schritt hin zur Entwicklung gezielterer und effektiverer Krebsbehandlungen, die das gesunde Gewebe vor Schäden schützen. Dies ist besonders wichtig, wenn sich Krebs in der Nähe lebenswichtiger Organe entwickelt.
Bereits seit den frühen 1950ern wird die Hadronentherapie in vielen Zentren praktiziert. Neueste technische Fortschritte haben die Forschungen bei diesem Therapieverfahren am Centro Nazionale di Adroterapia Oncologica (CNAO) in Pavia (Italien) beschleunigt. Je nach spezieller Tumorformation müssen Onkologen die technischen Parameter von Teilchenstrahlen regelmäßig anpassen, um die Effizienz des Verfahrens zu optimieren. Dazu ist ein präzises Steuerungssystem erforderlich. Indem die energiegeladenen ionisierenden Teilchen genau auf den gewünschten Tumor gerichtet werden, wird weniger Energie im gesunden Gewebe abgelagert, welches das Zielgewebe umgibt.
Präzise Steuerung
Für diese komplexe Behandlung sind fast 300 Geräte zu vernetzen, um den Betrieb der Maschine sowie den Zugang zum Raum selbst zu steuern. Um sicheren Zugang zu den Behandlungsräumen während der Abgabe radioaktiver Strahlung zu gewährleisten, wurde mit dem »LabVIEW FPGA Module« und passender PXI-Hardware von National Instruments ein Sicherheitsschließsystem entwickelt. Das System, das den eigentlichen Teilchenstrahl erzeugt und steuert, benötigt Windows-Benutzeroberflächen, die mit echtzeitfähigen und FPGA-basierten Geräten für die Steuerung verbunden sind. Die Systemdesignsoftware »LabVIEW« (Bild 1) vereinfachte diese Aufgabe, indem sie diese zahlreichen heterogenen Verarbeitungseinheiten in eine einzige Entwicklungsumgebung integriert und den Umgang damit vereinfacht.
Timing und Synchronisierung sind wesentliche Anforderungen für das sichere Erstellen und Steuern der Strahlen. Um die anspruchsvolle Anforderung einer Auflösung von 100 µs zu erfüllen, wurde ein spezifisches Ethernet-basiertes Nachrichtenprotokoll mit dem »LabVIEW Real-Time Module« und PXI entwickelt. Die strikteren Anforderungen einer Auflösung von 50 ns wurden mit einem Glasfasernetzwerk mit dedizierten PXI-Modulen erfüllt.
Für das Ausrichten des Strahls auf den Tumor sind Systeme erforderlich, die den Strahl vorbereiten sowie dessen Intensität und Position messen und steuern, während sie die Strahlung gleichmäßig über den Tumor verteilen. Diese Systeme, die mit LabVIEW, echtzeitfähiger NI-PXI- und FPGA-basierter »CompactRIO«-Hardware entwickelt wurden, messen je nach Bedarf alle 100 µs die Strahlintensität und -position mit einer Genauigkeit von 100 µm bis 200 µm. Das System zur Strahlsteuerung bietet die von den Wissenschaftlern benötigten genauen Messungen, Echtzeitsteuerung und Datendarstellung.
Die Entwicklung einer offenen Architektur mit dieser modularen Hard- und Software bedeutete, dass Herausforderungen, die eventuell bei einem Projekt auf Basis handels- üblicher Standardhardware entstehen könnten, entsprechend bewältigt wurden. Die Flexibilität der PXI-Architektur trug in Verbindung mit LabVIEW und der RIO-Hardware dazu bei, das System flexibel zu gestalten.
Im Anschluss an Dosimetrie- und Strahlenbiologietests mit Protonenstrahlen wurde dem CNAO die Erlaubnis zur Behandlung von Patienten erteilt. Die AITRO (Associazione Italiana Tecnici Radioterapia Oncologica e Fisica Sanitaria) schätzt, dass mehr als 3000 neue Strahlentherapie-Patienten pro Jahr mit Hadronentherapie behandelt werden. Diese Zahl werde zudem kontinuierlich steigen (Bild 2).
Über den Autor:
Luigi Tremolada ist Technical Manager bei SIDeA.
Hadronen, Strahlen und Zellen |
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Generell befasst sich das medizinische Gebiet der Strahlentherapie mit der medizinischen Anwendung von ionisierender Strahlung auf lebendes Gewebe, um Krankheiten zu heilen oder deren Fortschreiten zu verzögern. Die Hadronentherapie (Teilchen- oder Partikeltherapie) ist ein Spezialgebiet davon. Hier wird im Rahmen einer Krebsbehandlung der Tumor mit energiereichen, positiv geladenen Ionen (meist Protonen oder Kohlenstoffionen) bestrahlt. Die Teilchen werden in einem Zyklotron (Protonen) oder Synchronen (großes Bild, etwa für Kohlenstoffionen) beschleunigt. Der Begriff Hadronen bezeichnet Teilchen, die der starken Wechselwirkung unterworfen sind; Beispiele sind die Nukleonen Proton und Neutron, aus denen Atomkerne aufgebaut sind. Sie wiederum sind aus Quarks zusammengesetzt und somit keine Elementarteilchen im engeren Sinne. |