CAN und CANopen

Kommunikation ganz aktuell

30. März 2015, 11:51 Uhr | von Dr.-Ing. Norbert Binder

Die Geschichte von CAN und CANopen in der Medizintechnik reicht viele Jahre zurück. Bereits 1992 erkannte die Firma Philips Medical Systems die Vorteile von CAN und entwickelte ein Protokoll für den Einsatz in Patiententischen und Röntgensystemen. Dieser erste Ansatz, das CMS-Protokoll, diente in den folgenden Jahren als Gerüst für das CAL-Protokoll, das letztendlich im heutigen CANopen-Protokoll seine Vollendung fand.

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Die Vorteile, die sich für den Gerätehersteller durch den Einsatz eines Bussystems ergeben, sind leicht zu erahnen, wenn man bedenkt, dass moderne medizintechnische Geräte heutzutage aus einer Vielzahl von Baugruppen bestehen, die zu einem funktionierenden Gesamtsystem verbunden werden müssen. Einzelne Systemkomponenten wie Röntgengeneratoren, Patiententische oder Injektoren können beim Einsatz eines standardisierten Bussystems unabhängig entwickelt, modular verbunden sowie von einem zentralen Punkt aus gesteuert werden. Dies spart Entwicklungskosten, und die Komponenten lassen sich in unterschiedlichsten Systemen universell und skalierbar einsetzen. Es vermindert darüber hinaus in nicht unerheblichem Umfang die Anzahl an Kabeln.

Ein entscheidender Vorteil von CANopen als Kommunikationsprotokoll liegt hier in der Verfügbarkeit von Profilen für viele medizintechnische Geräte, wodurch eine Interoperabilität der Komponenten auf einfache Weise sichergestellt werden kann. Aufgrund der Natur von CAN bietet CANopen eine hohe Fehlerrobustheit, kurze Warte- und Fehler-Erholzeiten, eine robuste Datenübertragung, vielfältige Möglichkeiten zur Modularisierung von Systemen und Netzwerken, Plug&Play-Unterstützung und standardisierte Systemdienste. Des Weiteren ist die CAN- und CANopen-Technik bereits vom TÜV Deutschland und der FDA in den USA für den Einsatz in medizinischen Systemen anerkannt, da hier bereits eine Reihe von zugelassenen Anwendungen diese Technologie nutzen.

CAN und CANopen bieten ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis. So werden aufgrund der schlanken Protokollsoftwarepakete nur geringe Anforderungen an die Mikrocontroller der einzelnen Knoten gestellt, und die erforderlichen CAN-Controller sind in vielen gängigen Mikrocontrollern quasi kostenlos enthalten. Die eigentliche Vernetzung kann in den meisten Fällen ohne zusätzliche Komponenten wie etwa Switches erfolgen, was zusätzlich Kosten spart. Dennoch lassen sich bei Bedarf durch den Einsatz von Topologiekomponenten wie Bridges und Repeatern auch komplexe Topologien realisieren. Mithilfe von Topologiekomponenten lassen sich darüber hinaus auch einzelne Netzwerkabschnitte galvanisch trennen, beispielsweise zur Patienten¬sicherheit oder für den Wechsel des Übertragungsmediums (Glasfaser, Ethernet, Bluetooth oder andere serielle Protokolle). Kombinationen von mehreren Subnetzwerken, kabellose Übertragung oder störungsunempfindliche Kommunikation können so umgesetzt werden.

Neben dem Kostenvorteil und den geringen Anforderungen an Performance und Speicher hat CAN aber auch Vorteile hinsichtlich der Datensicherheit und -integrität innerhalb des Netzwerks, der schnellen Übertragung von hochpriorisierten Informationen sowie der automatisch erneuten Übertragung von Nachrichten im Fall von Übertragungsfehlern. Alle diese Eigenschaften bringt CAN selber schon mit, sodass diese nicht durch die Protokoll- oder Applikationssoftware behandelt werden müssen.

Generell reicht die Performance von CAN und CANopen für viele Anwendungen aus, doch in bestimmten Bereichen ist es sinnvoll, auf schnellere Ethernet-basierte Kommunikationslösungen zurückzugreifen. Beispiele finden sich etwa dort, wo große Datenmengen wie Bild- und Videodaten übertragen werden müssen. Solche nicht zeitkritischen Daten werden typischerweise mittels einer Peer-to-Peer-Verbindung über TCP/IP zwischen Sender und Empfänger ausgetauscht.

Datenkommunikation in der Medizintechnik

Wenn über Medizintechnik gesprochen wird, ist meist von bildgebenden oder invasiven Systemen die Rede. Und tatsächlich gibt es einen deutlichen Trend dazu, die Geräte in einem Operationssaal, auf Intensivstationen oder anderen Behandlungsräumen miteinander zu vernetzen und somit die Informationen globaler nutzen zu können. Positionsdaten von Instrumenten während einer OP werden über Navigationssysteme bestimmt, mit Röntgen- oder Ultraschallaufnahmen verifiziert und oftmals auch noch mit präoperativen CT-Daten korreliert. Ist für die Darstellung ein Kontrastmittel erforderlich, kann dies über den Injektor automatisch und zum richtigen Zeitpunkt infundiert werden. Diese Konzepte des integrierten OPs sind Gegenstand zahlreicher Forschungsprojekte.

Andere Bereiche aus der Medizintechnik sind weniger offensichtlich, jedoch genauso wichtig. So werden unter anderem auch Pumpen in Dialysegeräten über CAN gesteuert. Ein weiteres Randgebiet der Medizintechnik ist die Laborautomatisierung. Blut- und andere Proben werden heutzutage kaum noch manuell untersucht, ein Großteil hingegen komplett automatisiert verarbeitet. Das liegt zum Teil an den immensen Mengen und der damit verbundenen Fehleranfälligkeit. So werden die Proben in einer Halterung eingeladen, die ID vom Reagenzglas gelesen, weitere leere Reagenzgläser mit dieser ID versehen und die Probe darauf aufgeteilt. Danach kann die eigentliche Untersuchung durchgeführt werden. Die Auswertung und das Protokoll zu der jeweiligen ID werden danach automatisch erstellt. Die Kommunikation zwischen Transportbändern, Robotern, Zentrifugen, Pipettieranlage etc. ist in vielen Fällen mit CAN und CANopen implementiert. Die Systemstruktur und Anforderungen sind oft denen aus klassischen Automatisierungsanwendungen wie Pick-and-Place-Maschinen sehr ähnlich, weshalb in der Regel Standardkomponenten aus dem Industriebereich zum Einsatz kommen.

Über den Autor:

Norbert Binder ist International Sales Manager bei Ixxat Automation.


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