E-Health-Gesetz

Die Schweiz als Vorbild

9. Mai 2017, 8:59 Uhr | Tobias Rühmann

Deutsche Wartezimmer sind überfüllt und Ärzte überlastet. Dass immer mehr Menschen mit Kleinigkeiten den Hausarzt aufsuchen, verschärft die Situation. Telemedizin könnte die Lösung sein.

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Deutschland steht mit der Entwicklung der Telemedizin erst am Anfang. Helfen könnte ein Blick in die Schweiz: Die Alpenrepublik macht vor, wie Telemedizin mit den gängigen Hausarztmodellen kombiniert werden kann.

Die Techniker Krankenkassen (TK) in Baden-Württemberg haben konkrete Vorstellungen, wie die Digitalisierung im Gesundheitswesen und die Ausweitung von Telemedizin vorangetrieben werden können. Telemedizin ist ein Sammelbegriff für verschiedenartige ärztliche Versorgungskonzepte. Ihnen ist gemein, dass medizinische Leistungen der Gesundheitsversorgung in den Bereichen Diagnostik, Therapie und Rehabilitation sowie bei der ärztlichen Entscheidungsberatung über räumliche oder zeitliche Distanz hinweg erbracht werden.

Das E-Health-Gesetz als Start für Telemedizin

Die Krankenkasse fordert in einem Positionspapier einen stärkeren Dia­log mit den Bürgern und eine stärkere Fokussierung auf den Aufbau von Medienkompetenz. Außerdem soll Telemedizin als Unterstützung in die ambulante Versorgung integriert werden. Gesundheitsversorgung und Telemedizin sollen nach dem Willen der TK in der Aus- und Weiterbildung von Ärzten und anderen Heilberuflern eine feste Rolle bekommen.
Die TK sieht den Südwesten als Innovationsschmiede für Projekte, die einen Platz in der Regelversorgung bekommen können. Außerdem positioniert sie sich mit ihren Forderungen als Vorreiter im deutschen Gesundheitswesen, welches die Entwicklung einer telemedizinischen Infrastruktur mit Skepsis betrachtet. Diese Zurückhaltung könnte daran liegen, dass es Ärzten bis vor zwei Jahren noch verboten war, eine individuelle ärztliche Fernberatung über eine allgemeine Patienteninforma­tion hinaus durchzuführen. Dieses so genannte Fernbehandlungsverbot stammte noch aus dem Geschlechtskrankheitengesetz von 1945. Erst im Dezember 2015 wurde im Bundestag das E-Health-Gesetz verabschiedet. Es hebt dieses Verbot auf und enthält einen Fahrplan für die Einführung einer digitalen Infrastruktur mit höchsten Sicherheitsstandards. Bis 2018 soll nun eine funktionierende Telematik-Infrastruktur aufgebaut sowie Krankenhäuser und Arztpraxen darin integriert werden.

Ein erster Schritt in die richtige Richtung

Rund 100 Millionen Euro plant die Landesregierung Baden-Württemberg für ihr Digitalisierungspaket im Haushaltsplan 2017 ein. Bei den vielen Insellösungen und offenen Finanzierungsfragen geht das der TK aber nicht weit genug. Sie fordert eine gezielte Förderung der Telemedizin. Das Geld dafür soll aus dem 5,5 Millionen Euro schweren Strukturfonds der KV Baden-Württemberg und dem 130 Millionen Euro umfassenden bundesweiten Krankenhaus-Strukturfonds kommen. Mit Hilfe dieser Mittel können der Nutzen der Telemedizin für die ambulante Versorgung erprobt und zusätzliche Online-Sprechstunden gefördert werden. Auch die telemedizinischen Leistungen in den Kliniken könnten weiter ausgebaut sowie fest in der Krankenhausförderung und dem Landeskrankenhausplan verankert werden. Damit sollen Ärzte nicht ersetzt, sondern nur entlastet werden.

Lernen von der Schweiz

Trotz der aktuellen Bemühungen hängt Deutschland im Bereich Telemedizin weit hinterher. Die Schweiz ist da schon wesentlich weiter. Telemedizin gehört hier neben den gängigen Hausarztmodellen längst zur Ärztelandschaft dazu. Ein bekannter Dienstleister-Anbieter in diesem Bereich ist Medgate. Hierbeit handelt es sich um das größte ärztlich betriebene telemedizinische Zentrum Europas. Um mit dem Anbieter arbeiten zu dürfen, müssen Ärzte eine zweijährige Berufspraxis haben. Sie erhalten eine drei- bis viermonatige Ausbildung und müssen jährliche Prüfungen absolvieren. Der direkte Kontakt zum Patienten fehlt zwar, doch die Zufriedenheit mit dem Dienst ist hoch. Rund 90 % der Anrufer würden ihre telemedizinische Beratung weiterempfehlen.


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  2. Diagnose per Telefon

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