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Industrie-4.0-/ IIoT-Retrofit – aber wie?

7. Mai 2018, 14:24 Uhr | Andreas Knoll
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Cloud oder Edge? Private oder Public Cloud?

Hierzu gehört dann auch die Frage: Cloud oder Edge, Private oder Public Cloud …

Volz: Ja, auf jeden Fall. Es gilt, sich erstens ein Ziel zu setzen: Was will ich überhaupt, welche Daten brauche ich dafür, wie komme ich an sie heran und wie kann ich sie analysieren? Der zweite Schritt ist, festzulegen, wie ich das technisch umsetzen kann und welche Komponenten ich dazu benötige. Und drittens muss ich entscheiden, ob ich dafür eine Private oder eine Public Cloud nutzen will und – wenn Public – welche. In diesem Zusammenhang ist auch zu klären, was „in the Cloud“ und was „at the Edge“ mit den Daten geschehen soll. Die Edge bietet sich für die Vorverarbeitung, Filterung und Pufferung der Daten an – mit dem Ziel, nur relevante Daten in die Cloud zu transportieren.

Welche Kriterien sollten Anwender für die Wahl einer Public Cloud zugrunde legen?

Volz: Anbieter von Public Clouds – inzwischen verbreitet sich der Begriff IoT- oder IIoT-Plattform zunehmend – halten dort Analyse-Software vor, die für bestimmte Anwendungen und Branchen aus den gesammelten Daten Informationen herausholt. Auch Apps für Mobilgeräte stehen bereit, um die Produktion zu überwachen. Weil die Investitionen in individuelle Datenanalyse-Software teuer sind und viel Fachkompetenz erfordern, geht der Trend hin zu skalierbaren Standard-Software-Paketen in der Cloud.

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Michael Volz, Volz Consulting „Edge-Gateways bieten sich für die Vorverarbeitung, Filterung und Pufferung der Daten an mit dem Ziel, nur relevante Daten in die Cloud zu transportieren.“
© Volz Consulting

Ein Beispiel dafür ist das System „SAP Leonardo“, das Anwendungen und Services für IIoT, maschinelles Lernen, Service-Management, Datenanalysen und vieles mehr bereitstellt. „SAP Leonardo“ ist quasi eine Toolbox mit Software für viele verschiedene Applikationen; Anwender können die benötigten Tools herausnehmen und relativ einfach loslegen. Anders ist das Konzept des offenen IoT-Betriebssystems MindSphere von Siemens: Dort stellen Partnerunternehmen die Datenanalyse-Apps bereit. Kern von IBM Watson wiederum ist die Datenanalyse, um Machine-Learning umsetzen zu können.

Welche Rolle spielt HMS Industrial Networks als Industriekommunikationstechnik-Hersteller für das Industrie-4.0-/IIoT-Retrofit?

Döring: HMS kümmert sich mit seinen Lösungen darum, die Daten zu erfassen und bereitzustellen. Datenanalyse und Predictive Maintenance erfolgen über ein Partnernetzwerk. Jeder Partner ist dabei auf andere Aufgaben spezialisiert und hat seine Domain-Expertise, ob Condition-Monitoring, Predictive Maintenance oder Visualisierung. Gemeinsam mit den Partnerunternehmen bietet HMS Gesamtlösungen an.

Welche seiner Produkte betrachtet HMS als zentral für das Industrie-4.0-/IIoT-Retrofit?

Döring: Als Herzstück unserer Retrofit-Lösungen fungiert das Gerät „eWON Flexy 205“, ein IIoT-Gateway und Remote-Access-Router. Mit seiner Hilfe lassen sich die benötigten Daten zyklisch aus der SPS herausholen und weiterleiten. Entscheidend für das Retrofit ist also, SPSen auch älterer Bauart auf das IIoT vorzubereiten, ohne das SPS-Programm zu verändern. Der Anwender muss somit lediglich an den Konfigurations-Port der SPS herankommen und ohne Änderungen am SPS-Programm die Daten aus der SPS herausbekommen.

eWON Flexy 205 ist in der Lage, die gewünschten Daten aktiv über die integrierten SPS-Protokolle aus der SPS herauszuziehen. Das Gerät unterstützt alle gängigen SPS-Systeme und hat die entsprechenden Treiber integriert. Für den Fall, dass nicht alle benötigten Daten in der SPS zur Verfügung stehen, können zusätzliche Sensoren über entsprechende Schnittstellen eingebunden werden.

Mittels „eWON Flexy 205“ lassen sich beispielsweise bei Roboterapplikationen über Motorparameter Verschleißdaten aus dem Roboter-Controller herausziehen. Bei Lagerverschleiß steigt die Stromaufnahme des Motors. Dann lassen sich Rückschlüsse ziehen, wie sich die Parameter entwickeln und wann die Verschleißgrenze erreicht ist.

Welche Bedeutung hat das kommende Industrial Ethernet TSN für das Indus­trie-4.0-/IIoT-Retrofit?

Volz: TSN bringt die IT- und die OT-Welt näher zusammen, weil ein und derselbe Standard die Echtzeit-Anforderungen beider Welten erfüllt. TSN legt die Funktionen des Data-Link-Layers (Schicht 2) fest. Die notwendigen Definitionen für die herstellerübergreifende Kommunikation in der Automatisierung werden aus heutiger Sicht auch weiterhin durch die industriellen Anwendungsprotokolle wie Profinet und EtherNet/IP festgelegt. Einfach ausgedrückt: TSN wird zukünftig die IRT-Funktionen bei Profinet ersetzen, die Sicht auf die Prozessdaten und Parameter für den SPS-Programmierer wird aber auch zukünftig durch die Profinet-Spezifikation festgelegt und bleibt unverändert. Meines Erachtens kommt der Hype um TSN etwas zu früh, zumal die Spezifikationen noch nicht fertiggestellt sind. HMS arbeitet an den Spezifikationen aktiv mit und bietet interessierten Kunden Prototypen der in Entwicklung befindlichen Anybus-Module mit TSN-Funktionen zur Evaluierung an.

Zum Schluss: Was würden Sie produzierenden Unternehmen in puncto Industrie-4.0-/IIoT-Retrofit ins Stammbuch schreiben?

Döring: Generell kann nichts darüber hinwegtäuschen: Fertigende Unternehmen müssen anfangen und etwas in Richtung Industrie 4.0 und IIoT tun. Weil das Thema sehr komplex ist, müssen sie sich damit befassen und darauf vorbereiten, um gewappnet zu sein, wenn die dadurch möglichen neuen Geschäftsmodelle in der Breite wirksam werden. Das heißt: Industrie-4.0- und IIoT-Retrofit sollten Chefsache werden. Es gilt, die nötigen Entscheidungen zu treffen, Mittel bereitzustellen und mit kleinen, überschaubaren Schritten Erfahrungen zu sammeln. Dabei sollten auch Fehlschläge einkalkuliert werden. Entscheidend ist aber letztlich, dass sich die gesamte Industrie-4.0-/IIoT-Retrofit-Lösung wirtschaftlich rechnet – auch deshalb ist es sinnvoll, mit kleinen Schritten anzufangen.


  1. Industrie-4.0-/ IIoT-Retrofit – aber wie?
  2. Cloud oder Edge? Private oder Public Cloud?

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