Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Magnetische Antiteilchen für eine neue IT

27. August 2018, 10:57 Uhr | Paulina Würth
Materie und Antimaterie im magnetischen Nanokosmos: Ein Gas aus Skyrmionen (lila) und Antiskyrmionen (grün), das aus den trochoidalen Bewegungen eines einzigen Antiskyrmions entstanden ist.
© Joo-Von Kim

Skyrmionen und Antiskyrmionen sind magnetische Nanopartikel und vielversprechende Kandidaten für neue Informationstechnologien. Physiker haben nun ein neues Verhalten entdeckt, bei dem sie das Verhalten von Teilchen zu Antiteilchen nutzen.

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Skyrmionen sind Wirbel in magnetischen Materialien, die sich über wenige Nanometer ausbreiten und die in extrem dünnen magnetischen Filmen mit der Dicke von nur wenigen Atomen zu finden sind. Skyrmionen besitzen eine bestimmte Eigenschaft, die sogenannte topologische Ladung, die eine ähnliche Rolle spielt wie elektrische Ladungen. Wenn beispielsweise eine angelegte Kraft die Skyrmionen nach links ablenkt, dann würde dieselbe Kraft Antiskyrmionen, das entsprechende Antiteilchen, nach rechts ablenken. Seit den ersten experimentellen Beobachtungen im Jahr 2009 stehen Skyrmionen im Fokus intensiver Forschungen, weil sie neue Möglichkeiten der Datenspeicherung und Informationsverarbeitung eröffnen.

Überraschung bei hohen Strömen

Jetzt haben Wissenschaftler der Universität Uppsala, der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und der Universität Paris-Saclay gezeigt, dass in Ferromagnet-Nanoschichten, in denen sowohl Skyrmionen als auch Antiskyrmionen vorhanden sind, noch weitaus komplexere Phänomene auftreten können. Sie verwendeten Simulationstechniken, um die magnetischen Eigenschaften und die Dynamiken in solchen Filmen zu berechnen, und untersuchten damit, wie Skyrmionen und Antiskyrmionen sich verhalten, wenn elektrische Ströme angelegt werden, die eine Kraft auf die Teilchen ausüben.

Bei niedrigen Strömen zeigt sich das erwartete Verhalten: Entgegengesetzte topologische Ladungen werden durch die gleiche Kraft in entgegengesetzte Richtungen abgelenkt. Wird der Strom allerdings schrittweise erhöht, sind die Bewegungen nicht mehr spiegelverkehrt. Während sich Skyrmionen weiterhin geradlinig bewegen, nehmen Antiskyrmionen gekrümmte Bewegungsbahnen an, zunächst nur kurzzeitig, dann bei einer weiteren Erhöhung des elektrischen Stroms permanent. Die Bahn ähnelt dann der Kurve des Pedals an einem Fahrrad, das auf einem geraden Weg entlangfährt. Diese auffälligen Ergebnisse zeigen, dass sich entgegengesetzte topologische Ladungen tatsächlich sehr unterschiedlich verhalten können.

Skyrmionen + Antiskyrmionen = Mehr von beiden

Aber es gab noch weitere Überraschungen. Bei einer Erhöhung der Energie, die durch die angelegten Ströme ins System eingebracht wird, kann die trochoidale Bewegung dazu führen, dass sich periodisch Skyrmion-Antiskyrmion-Paare bilden. Wegen ihrer unterschiedlichen Bewegungsart entfernen sich die entstandenen Skyrmionen, während Antiskyrmionen mit ihrer kurvenartigen Bewegung eher in dem Bereich verbleiben, in dem sie erzeugt wurden. Bemerkenswerterweise wird jedes erzeugte Antiskyrmion zu einer neuen Quelle von Skyrmion-Antiskyrmion-Paaren, was zu einer Vermehrung der Partikel führt.

Die Tragweite dieser theoretischen Arbeit ist möglicherweise sehr weitreichend. Im Hinblick auf künftige Technologien legt die Studie nahe, dass Antiskyrmionen als eine stetige Quelle für Skyrmionen dienen könnten. Dies wäre für alle künftigen Anwendungen, die Skyrmionen zur Übertragung und Speicherung von Daten verwenden, von entscheidender Bedeutung. Darüber hinaus bestimmt die Pedal-Bewegung die absolute Geschwindigkeitsbegrenzung solcher topologischen Ladungen – ein wichtiger Parameter, falls in Zukunft Schaltkreise mit Hilfe von Skyrmionen entwickelt werden.

Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature Electronics veröffentlicht.


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