Interview mit Hermann Eul

»Das Vorurteil der hohen Leistungsaufnahme hält nicht mehr lange«

15. Oktober 2013, 15:39 Uhr | Frank Riemenschneider
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

"Bei Kabeln haben Sie eine endlose Kapazität, das ist nur eine Geldfrage"

Intel arbeitet mit Hochdruck an integrierten Chips mit Applikationsprozessor und Modem.
Intel arbeitet mit Hochdruck an integrierten Chips mit Applikationsprozessor und Modem.
© Elektronik

Elektronik: Haben Sie im Vergleich zu Ihrer Tätigkeit bei Infineon bei Intel noch größere Möglichkeiten für Grundlagenforschungen, die nicht so produktgetrieben sind, wie man das bei Infineon haben wollte?

Eul: Absolut. Ich habe ein größeres Standardisierungsteam und dann dürfen Sie die großen Intel-Labs nicht vergessen, da kommen mehr Ideen raus, als man am Ende Produkte machen kann.

Elektronik: Das ist ja fast schon ein universitärer Ansatz…

Eul: Aus den Intel-Labs arbeiten wir auch sehr viel mit Universitäten zusammen.

Elektronik: Huawei arbeitet bereits an 5G mit Übertragunsraten von 10 Gbit/s. Sie auch?

Eul: Wir arbeiten an dem gesamten Horizont, das dürfte Ihre Frage beantworten (lacht).

Elektronik: Und was dürfen wir von 5G erwarten?

Eul: 5G ist zum heutigen Zeitpunkt überhaupt nicht ausspezifiziert. Es ist ungefähr für 2020 angepeilt und ich kann Ihnen nicht sagen, was die Industrie ausdefinieren wird. Was wir brauchen, sind mehr Kapazität in den Netzen und Lösungen für die sehr divergenten Bänder und Technologien. Heute haben wir im Smartphone bereits 2G, 3G, zwei ja total unterschiedliche Technolgien, dann LTE, Bluetooth, also nochmals zwei unterschiedliche Technologien, WiFi, ein FM-Radio, NFC und einen GPS-Receiver. Bei LTE haben wir schon 40 Bänder gelistet, da kann einem Angst und Bange werden, das kommt durch die z.T. exponentiell wachsenden Ratenraten. Die Frage wird also sein, wie können wir mit unterschiedlichen Technologien ein in sich geschlossenes, vom Nutzer nicht als inhomogenes Netz erkennbares Lösungsportfolio schaffen. Wie es ganau aussehen wird? Dafür haben wir die besten Leute der Welt in der Standardisierung, um dem dann Rechnung zu tragen.

Elektronik: Ich höre immer viel über Internet der Dinge, Car-to-Car und Car-to-X-Komunikation, Wireless-Sensor-Nodes, aber wenig darüber, wie die Kommunikationsinfrastruktur diesen explodierenden Datenmengen Rechnung tragen soll…

Eul: Eine Schlussfolgerung muß sein, immer mehr Rechenleistung in die Endgeräte zu packen um nicht alles in der Cloud rechnen lassen zu müssen. Zum Glück sind ja in der Funktechnik Wege gefunden worden, durch Frequenz-Wiederverwendungsverfahren und kleinere Zellen mehr Kapazität schaffen zu können, als man jemals gedacht hat. Vorausgesetzt, man baut diese ganzen Funkzellen auf, stellt sich dann natürlich die Frage, kriegen wir das alles in den Backbone rein. Ich glaube ja, weil es bereits Ansätze wie z.B. Software-Defined-Networks gibt, um da mehr Flexibilität zu schaffen.

Elektronik: Also keine Bandbreitenprobleme im Backbone?

Eul: Die Wireless-Frequenzbänder werden eher der Flaschenhals sein, trotz Frequenz-Wiederverwendung und Interferenz-robuster Übertragungschemata, den nichtsdestotrotz bringt das nicht endlos Bandbreite. Bei Kabeln haben Sie im Grunde genommen eine endlose Kapazität, das ist nur eine Geldfrage, denn Sie können ja soviele Glasfaserkabel verlegen bis Sie irgendwann nicht mehr genug Sand haben, um die Glasfaserkabel zu bauen. Dieses Spektrum ist beliebig multiplizierbar im Gegensatz zum Luftspektrum, das nicht beliebig multiplizierbar ist.

Elektronik: Qualcomm ist bei Smartphones mit seinen integrierten Snapdragon-SoCs, die Modem und Applikationsprozessor auf einem Chip integrieren, sehr erfolgreich. Wann sehen wir denn so ein SoC aus dem Hause Intel?

Eul: Da haben wir uns nicht genau festgelegt, angepeilt ist jedoch 2014. Anfang 2014 kommen Merrifield-Produkte (Anmerkung: SoCs mit Silvermont-CPUs für Smartphones) und Ende 2014 dann integrierte Chips.

Elektronik: Die Notwendigkeit, diese integrierten Chips anzubieten, hat Intel somit endlich erkannt…

Eul: Absolut. Ich denke aber, dass wir sie im High-End nicht sehen werden, da haben auch Wettbewerber erkannt, dass es eine derartige Komplexität gibt, dass es andere Entscheidungsgründe gibt als die Frage integriert oder nicht. Kaum einer kommt noch mit Chips unter 100mm2 Fläche hin und ein integrierter Chip könnte einfach zu komplex werden. Damit will ich aber nicht außer Frage stellen, dass die Integration für andere Marktsegmente notwendig ist. Ich sehe Intel dort in einem Aufholprozess, wir haben ja erst durch den Kauf des Infineon-Wireless-Geschäftes überhaupt die Möglichkeit bekommen, das überhaupt zu tun – und werden es machen. Andere hatten die Technologien schon viel früher und haben entsprechend früher begonnen, derartige Chips zu bauen. Dass wir integrieren können, haben wir ja bereits deutlich bewiesen.

Elektronik: Inwiefern?

Eul: Schauen Sie sich beide Enden an, die zusammengeführt werden. Bei den Prozessoren Ivy Bridge oder Haswell oder auch die neuen Atom-SoCs, da ist ja nicht nur mehr die CPU drauf, sondern Grafik, Video und System-Management. Und was das Modem angeht, waren wir die ersten, die ein Single-Chip-Radio gebaut haben, dann noch mit Power-Management drauf. Das 3G-Modem, das wir heute noch liefern mit dem integrierten Leistungsverstärker, mit dem wir alle Bänder abdecken können, zeigt das. Sie können darauf wetten, dass wir wissen, wie man integriert.


  1. »Das Vorurteil der hohen Leistungsaufnahme hält nicht mehr lange«
  2. "Bei Kabeln haben Sie eine endlose Kapazität, das ist nur eine Geldfrage"
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