SDR-Transceiver

Amateurfunk per geostationärem Satellit

6. Mai 2020, 9:10 Uhr | Diego Koch
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Konzept des SDR-Transceivers

Die Neuerungen, die sich mit der Einführung der SDR-Technik ergaben, beeinflussten auch die Welt des Amateurfunks. Auch wenn heute die meisten Transceiver noch die gleichen Funktionen wie die älteren analogen Transceiver enthalten, sind viele inzwischen im Anschluss an den Mischer, d.h. in der ZF-Stufe, mit DSP-Technik ausgestattet. Einige Transceiver können außerdem den gesamten Kurzwellen-Teil des Spektrums direkt abtasten und digitalisieren – von DC bis 30 MHz.

Ein Vorteil der SDR-Transceiver ist, dass sich ihre Leistungsfähigkeit nicht mit der Zeit verschlechtert, da eine Vielzahl der kritischen analogen Bauelemente durch digitale Algorithmen ersetzt wurde. Als weiterer Pluspunkt kommt hinzu, dass die Leistungsfähigkeit, für die in analogen Funkstationen teure Bauelemente wie etwa Mischer oder Filter erforderlich sind, zu niedrigeren Kosten realisiert werden kann, indem weitere Elemente wie etwa A/D-Umsetzer (ADU) und DSPs hinzufügt werden.

Blockschaltung des Transceiver-ICs AD9363 von Analog Devices
Bild 3. Blockschaltung des Transceiver-ICs AD9363. Der Schaltkreis enthält die HF-Eingangs- und Ausgangsstufen, die Mixed-Signal- und Digitalstufen, um einen SDR-Transceiver zu realisieren.
© Analog Devices

Die Integration mehrerer Blöcke, zu denen Mischer zur Spiegelfrequenz-Unterdrückung, Oszillatoren und ADUs gehören, in ein und denselben Halbleiterbaustein hat neue Empfängerschaltungen möglich gemacht, die sich mit diskreter Technik nur schwierig realisieren lassen.

Ein Beispiel hierfür sind die Transceiver-ICs AD9363 [2] und AD9364 [3] von Analog Devices (ADI). Sie enthalten die gesamte Hochfrequenzeingangsschaltung sowie den Mixed-Signal- und den Digitalteil für die Sende- und die Empfangsrichtung in einem einzigen IC. In Kombination mit einem FPGA, das den digitalen Datenstrom von und nach dem Transceiver-IC koordiniert, sind für den Bau einer kompletten Funkstation nur noch der Leistungsverstärker, die Antennen (Sende- und Empfangsantenne) und die auf einem Computer laufenden Softwarealgorithmen nötig.

Zur Demonstration der Fähigkeiten des AD9363 (Bild 3) bietet ADI ein Software-Defined Radio Active Learning Module ADALM-PLUTO [4] an (Bild 4). Es kann zur Entwicklung von Funk-Applikationen auf SDR-Basis genutzt werden.

Der AD9363 bietet eine Sende- und Empfangsbandbreite von 20 MHz und kann die NB- und WB-Signale der Downlink-Transponder des Es’hail-2 empfangen, sobald diese von einer externen Mischstufe auf seinen Frequenzbereich von 235 MHz bis 3,8 GHz herabgemischt sind. Das Senden mit den Uplink-Frequenzen ist dagegen ohne externe Frequenzumsetzung möglich.

Foto des Radio Active Learning Module ADALM-PLUTO von Analog Devices
Bild 4. Das Software-Defined Radio Active Learning Module ADALM-PLUTO basiert auf dem Transceiver-IC AD9363 von Analog Devices und enthält ein FPGA, Zynq Z-7010, von Xilinx. Es unterstützt Matlab Simulink von MathWorks und wird mit Software-Bibliotheken – libiio, C, C++, C# – und Python API ausgeliefert.
© Analog Devices

Eine weitere vorteilhafte Eigenschaft im Vergleich zu anderen ICs dieser Leistungs- und Preisklasse ist die Verfügbarkeit zweier separater Anschlüsse für die Sende- und die Empfangsrichtung, sodass der Vollduplex-Betrieb möglich ist. Zwar erfolgt Amateurfunk meist im Halbduplex-Betrieb, jedoch lässt sich mit der Möglichkeit, die eigenen gesendeten Signale zu hören, beurteilen, ob man selbst deutlich moduliert oder ob die Sendeleistung erhöht oder verringert werden muss. Außerdem hilft der gleichzeitige Empfang beim Ausrichten der Sendeantenne, nachdem die Empfangsantenne eingestellt wurde.

ADALM-PLUTO wird in Sende und Empfangsrichtung durch kostenlose Softwarepakete unterstützt, die oftmals von den Funkamateuren selbst geschrieben werden. Ein Beispiel ist SDR Console von Simon Brown (Rufzeichen G4ELI). Diese Software koordiniert die Interaktion zwischen Anwender und Transceiver und implementiert die Modulation und Demodulation per Software.

Eine SDR-Satellitenfunkstation

Funkamateure sind dafür bekannt, dass sie ihre Hardware selbst bauen oder vorhandenes Equipment für ihre Zwecke umbauen. Was die Empfangsantennen und Abwärtsmischer betrifft, ist die kostengünstigste Alternative eine herkömmliche TV-Satellitenparabolantenne und ein LNB (Low-Noise Block). Der LNB enthält den Wellenleiter und den Abwärtsmischer, der das empfangene Downlink-Signal von 10,450 GHz in ein Signal von weniger als 1 GHz umsetzt, sodass es in das per SDR empfangbare Frequenzband fällt.

NB-Modulationsarten wie CW – Bandbreite im zweistelligen Hertzbereich – und SSB – Bandbreite unter 3 kHz –verlangen nach hochgradig stabilen Lokaloszillatoren, um ohne fortlaufendes Nachstimmen auszukommen.

Weniger kritisch ist dies bei den WB-Modulationsarten mit Bandbreiten von einigen MHz, wie sie beispielsweise für die Fernsehübertragung verwendet werden. Bei der modernen digitalen Kommunikation ist das Kompensieren von Frequenz-Offsets und Langzeit-Drifts durch thermische Einflüsse bereits in die Standards eingebaut und wird allgemein implementiert.

Leider ist dies jedoch bei vielen NB-Modulationsarten, wie sie von Funkamateuren genutzt werden, noch nicht standardisiert oder implementiert. Hier wird deshalb davon ausgegangen, dass die Genauigkeit und Drift von VCO und PLL bzw. der Abtastrate im LNB oder in den Basisband-Signalen perfekt sind.

Blockschaltung einer kompletten Satellitenfunkstation für Es'hail-2.
Bild 5. Blockschaltung einer kompletten Funkstation für die Kommunikation mit dem geostationären Satelliten OSCAR100 (Es'hail-2), realisiert mit dem SDR-Entwicklungsmodul ADALM-PLUTO.
© Analog Devices

Um sicherzustellen, dass diese Annahme zutrifft, greifen Funkamateure gelegentlich auf Referenztakte von hoher Genauigkeit und geringer Drift zurück. Da es vielen Funkamateuren lieber ist, eine Taktreferenz auszutauschen als komplexe digitale Signalverarbeitungstechniken zu implementieren, raten viele von ihnen zu dieser einfachen Methode.

Da die Uplink-Frequenzen im ISM-Frequenzband von 2,4 GHz liegen, das auch von WLANs genutzt wird, können lizenzierte Funkamateure existierende WLAN-Ausrüstungen wie etwa Leistungsverstärker und Antennen mit hohem Gewinn für ihre Zwecke nutzen. Die Ausgangsleistung des ADALM-PLUTO von 5 dBm reicht zum Ansteuern eines Leistungsverstärkers mit einer Ausgangsleistung von einigen Watt nicht aus. Hier wird ein Vorverstärker als Treiber benötigt, z.B. das Referenzdesign CN-0417 [5] auf Basis des 20-dB-Leistungsverstärkers ADL5606 [6], das vom SEPIC-Mikromodul-DC/DC-Wandler LTM8045 [7] mit Strom versorgt wird. Es bietet ausreichend Verstärkung, um Leistungsverstärker anzusteuern.

Bild 5 veranschaulicht, wie eine solche Funkstation aufbaut sein kann, die sich auch für eine Notkommunikation schnell installieren lässt.

 

Literatur

[1] Es’hail-2/QO-100. AMSAT-UK, https://amsat-uk.org/satellites/geo/eshail-2
[2] RF Agile Transceiver AD9363. Analog Devices, Datenblatt, 2016, www.analog.com/media/en/technical-documentation/data-sheets/AD9363.pdf.

[3] RF Agile Transceiver AD9364. Analog Devices, Datenblatt, 2014, www.analog.com/media/en/technical-documentation/data-sheets/AD9364.pdf.

[4] ADALM-PLUTO – Software-Defined Radio Active Learning Module. Analog Devices,
www.analog.com/en/design-center/evaluation-hardware-and-software/evaluation-boards-kits/ADALM-PLUTO.html#eb-overview.

[5] USB Powered 2.4 GHz RF Power Amplifier. Analog Devices, Circuit Note, CN-0417, 2018, www.analog.com/media/en/reference-design-documentation/reference-designs/CN0417.pdf

[6] 1800 MHz to 2700 MHz, 1 W RF Driver Amplifier. Analog Devices, Datenblatt, 2017, www.analog.com/media/en/technical-documentation/data-sheets/ADL5606.pdf.

[7] Inverting or SEPIC μModule DC/DC Converter with Up to 700 mA Output Current. Linear Technology, Datenblatt, 2013, www.analog.com/media/en/technical-documentation/data-sheets/8045fc.pdf.

[8] Space Communication. American Radio Relay League (ARRL), www.arrl.org/space-communication.

[9] Taylor, W. und Brown, D.: RF Transceivers Provide Breakthrough SWaP Solutions for Aerospace and Defense. Analog Devices, Analog Dialogue 50-09, September 2016, www.analog.com/media/en/analog-dialogue/volume-50/number-3/articles/rf-transceivers-provide-breakthrough-swap-solutions.pdf.

 

Der Autor

Diego Koch, Applications Engineer bei Analog Devices
Diego Koch, Applikationsingenieur bei Analog Devices
© Analog Devices

Diego Koch

arbeitet als Applications Engineer im European Centralized Applications Center von Analog Devices in München. Er ist seit 1998 in der Halbleiterindustrie tätig und kam 2017 zu Analog Devices, wo er im Design-Support für das Power-by-Linear-Portfolio auf dem allgemeinen europäischen Markt zuständig war.

Koch hat einen Master-Abschluss in Elektrotechnik vom Politecnico di Milano (Italien). Er ist Funkamateur und hat Lizenzen für zwei Länder, mit den Rufzeichen IZ2MZL und DK2MZL.

diego.koch@analog.com


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