ARTES machts möglich

Präzise Radarsysteme für Konsumgüter

18. November 2022, 12:46 Uhr | Heinz Arnold
Matthias Göbel, Projektleiter von Embedded Brains (li): »Weil wir mit ARTES das System schon vorab verifizieren, können in der realen Welt keine großen Überraschungen mehr auftauchen, es wird weitgehend funktionieren wie vorgesehen.« / Peter Rasmussen, CEO von Embedded Brains: »Ein Radarsystem für einen Markt zu entwickeln, der eine Abnahmemenge von 200.000 Stück oder noch weniger pro Jahr verspricht, dafür lohnte sich der erhebliche Aufwand bisher nicht. Das ist jetzt mit ARTES vorbei.«
© Embedded Brains

Jetzt können Radarsysteme sogar in die kostensensitiven Konsumgüter- und Industriemärkte vorstoßen: Denn mit der Evaluierungsumgebung »ARTES« von Embedded Brains lassen sie sich um Monate schneller und deutlich kostengünstiger entwickeln.

Wir erschließen durch hochauflösende Radarsysteme mit Frequenzen in Bereichen bis 300 GHz ganz neue Anwendungsgebiete in der Industrie und im Consumer-Umfeld«, sagt Peter Rasmussen, Geschäftsführer von Embedded Brains. Das Geheimnis liegt in einem eigens erstellten Evaluierungskonzept namens »ARTES« (Adaptable Radar Toolkit for Embedded Systems), das die Zeit für eine Konzept-Evaluierung einer Radarsystem-Entwicklung von weit über sechs Monate auf vier Wochen verkürzt. Das spart nicht nur enorm viel Zeit und damit hohe Kosten, sondern führt dazu, dass das Risiko mehrfacher Hardware- und Software-Entwicklungszyklen vermieden wird und die Anwender sicher sein können: Wenn die Hard- und Software-Entwicklung abgeschlossen ist, dann funktioniert das System auf Anhieb – und zwar nicht nur im Labor, sondern im Feld unter den realen Umweltbedingungen mit all ihren Störeinflüssen. Das drückt die Entwicklungskosten noch einmal und sie erreichen damit ein Niveau, das es erlaubt, solche Systeme auch für Einsatzfälle in der Industrie und in Konsumelektronik-Geräten zu erstellen, wo die Stückzahlen nicht so hoch liegen, dass sich die bisher so teuren Entwicklungen gerechtfertigt hätten.

Dazu ein kurzer Blick darauf, wie die Radarsysteme derzeit entwickelt werden. Im Zentrum steht der jeweilige Radarsensor, auf den die Elektronik spezifisch zugeschnitten werden muss. Dasselbe gilt für die erforderliche Software. Dass Radarsensoren jetzt überhaupt in die hohen Frequenzbereiche bis 300 GHz vorrücken können, ist Materialien wie GaAs, GaN und SiGe zu verdanken.

Die hohen Frequenzen bieten mehrere Vorteile: Je höher die Frequenz, umso kürzer ist die Wellenlänge. Mit dem höheren Modulationshub, den der Gesetzgeber in diesen Bandbereichen erlaubt, können Radarsysteme Bewegungen und Entfernungen umso präziser bestimmen. »Bei 240 GHz können Auflösungen im Submillimeterbereich erzielt werden; das reicht, um Vitalfunktionen von Patienten zu überwachen oder bei noch höheren Frequenzen den Feuchtigkeitsgehalt von Pflanzen festzustellen, um sie gegebenenfalls zu bewässern. Auch für die Gestensteuerung sind sie gut geeignet, wie wir auf der embedded world in Nürnberg im kommenden Jahr demonstrieren werden«, erklärt Rasmussen.

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Mit ARTES verkürzt sich die Zeit für eine Konzept-Evaluierung einer Radarsystem-Entwicklung von weit über sechs Monate auf vier Wochen.
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Zudem wird die Bauform der Radarsensoren mit integrierten Antennen mit steigender Frequenz kleiner, und sie lassen sich besser in eine Vielzahl von Geräten integrieren. Ein Beispiel dafür sind Industrieroboter, deren Reichweite über Radarsysteme so sicher begrenzt wird, dass sie ohne Gefahr in enger Nachbarschaft mit Menschen arbeiten dürfen. Ein anderes Beispiel aus der Verbraucher-Welt: ein Gerät, das Radfahrern anzeigt, dass sie sicher abbiegen können, weil von hinten kein Verkehr kommt.

Doch weil die Entwicklung solcher Systeme bisher sehr hohe Investition erforderte, haben die großen Radarsensor-Hersteller nur die Märkte ins Visier genommen, die Stückzahlen in Millionenhöhe versprechen, allen voran den Automobilsektor. »Ein Markt, der eine Abnahmemenge von 200.000 Stück oder noch weniger pro Jahr verspricht, lohnte sich bisher nicht. Das wird nun mit ARTES anders«, freut sich Peter Rasmussen.

Was also steckt hinter ARTES? Embedded Brains hat auf dieser Plattform die Ankopplung für eine Vielzahl möglicher Radarsensoren sowie die erforderlichen Bauelemente wie Controller, A/D-Wandler integriert. Dort arbeiten leistungsfähige Prozessoren wie der IMX8 von NXP, auch mit FPGA-Unterstützung. Wer Echtzeitfähigkeit braucht, kann zusätzlich auch das Open-Source-RTOS namens RTEMS einsetzen, dessen größter europäischer Anbieter Embedded Brains ist. So können die Rohdaten aufgenommen werden, die der Sensor liefert. Über Softwaremodule unter MatLab oder Oktav wird dann die Auswertung berechnet und das Verhalten einzelner Komponenten bestimmt und optimiert. Damit kann für Hard- und Software Modul für Modul des Radarsystems in dieser Umgebung zusammengestellt werden. »Zudem können wir das sehr gut visualisieren«, erklärt Peter Rasmussen.

Auf dieser Basis erhalten die Anwender die entsprechende Software, von der sie wissen , dass sie genau das leistet, was sie leisten soll. Es verschafft ihnen auch die Flexibilität, die Software je nach den spezifischen Anforderungen, die unterschiedliche Einsatzbedingungen an das Radarsystem stellen, anpassen zu können. Erst wenn das Gesamtsystem verifiziert ist – wofür nur rund vier Wochen anzusetzen sind – startet die Entwicklung punktgenau im Labor.


  1. Präzise Radarsysteme für Konsumgüter
  2. Designs lassen sich nach dem Baukastenprinzip kombinieren

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