COM-HPC

Smarte Anwendungen im Internet of Things

19. Februar 2020, 9:04 Uhr | Autoren: Jessica Isquith und Christian Eder | Redaktion: Tobias Schlichtmeier
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Bis zu einem Terabyte Arbeitsspeicher

Dieses mehr an Highspeed-Performance-Bedarf soll COM-HPC in Zukunft mit bis zu 100 GbE, PCIe der vierten und fünften Generation bis 32 Gigabit pro Sekunde (Gbit/s), bis zu acht DIMM-Sockeln sowie High-Speed-Prozessoren mit mehr als 200 Watt Leistung abdecken. Zwei grundlegende Varianten des COM-HPC-Standards sind dabei zu unterscheiden: zum einen die headless COM-HPC Server-Module, die auch als Server-on-Modules (SoM) bezeichnet werden, zum anderen die COM-HPC Client-Module, die dem bisherigen Ansatz der COM Express Typ 6 Computer-on-Modules folgen.

COM-HPC Server-on-Modules können mit ihren acht DIMM-Sockeln 1,0 Terabyte Arbeitsspeicher hosten. Außerdem sollen sie bis zu 8-fach 25 GbE ausführen und bis zu 64 PCIe Lanes der Generationen 4 oder 5 unterstützen – also eine I/O-Performance von bis zu 256 Gbit/s (Bild 3).

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COM-HPC
Bild 3. COM-HPC spezifiziert fünf unterschiedliche Formfaktoren: zwei für Embedded-Computing-Server und – analog zu COM Express Basic/Compact und Mini – drei für Embedded-Computing-Clients. Auf allen sind bis zu 800 Pins und bis zu acht DIMM-Sockel bei einer Übertragungsrate von 1 Tera­byte RAM nutzbar.
© Congatec

Somit bieten sie eine extrem schnelle Konnektivität der Embedded-Edge-Server-Klasse, denn die neuen PCIe Lanes bieten Übertragungsraten von mehr als 32 Gbit/s bei PCIe Gen 5.0 ­(Tabelle). Eine entsprechende Performance wird benötigt und wird direkt in leistungsfähigen Schnittstellen umgesetzt. Es gibt bereits Bauelemente, die volle 28 Gbit/s non-return-to-zero (NRZ) übertragen können. Über die insgesamt 800 Pins sind zudem bis zu zwei leistungsfähige USB-4-Schnittstellen geplant. Die auf Thunderbolt 3.0 basierenden Schnittstellen bieten 40 Giga­bit pro Sekunde – das entspricht etwa 5 Gigabyte (GB) in der Sekunde und ist rund doppelt so schnell wie USB 3.2 mit maximal 20 Gbit/s, die ebenfalls bis zu zwei Mal unterstützt wird (Bild 4). Vier weitere USB-2.0-Schnittstellen runden das USB Angebot auf COM-HPC Server-Modulen ab. Neben zweifach nativem SATA werden zudem eSPI, 2 × SPI, SMB, 2 × I2C, 2 × UART und 12 GPIO-Schnittstellen unterstützt, um einfache Peripherie und klassische Kommunikationsschnittstellen für Servicezwecke zu integrieren.

congatec Tabelle
Tabelle. Im Vergleich zu den bei COM Express bislang maximal möglichen 8 Gbit/s bei PCIe 3.0 wird COM-HPC mit PCIe 4.0 und 5.0 den doppelten bis vierfachen Durchsatz ermöglichen.
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Board Management der Serverklasse

Neu bei COM-HPC ist des Weiteren die Integration einer System-Management-Schnittstelle. Die Software-Schnittstelle wird derzeit in der PICMG Arbeitsgruppe definiert. Ziel ist es, eine kleine Teilmenge der mächtigen und aufwendigen IPMI-(Intelligent Platform Management Interface)-Definition in die COM-HPC-Spezifikation mit aufzunehmen, um auf einfache Weise eine volle Server-Funktion implementieren zu können. COM-HPC wird also echte Edge-Server-Funktionen bieten, die über die Integration passender Board Management Controller (BMC) der Serverklasse auf Carrierboards umfassend ausbaufähig ist. Entsprechende Carrierboard-Design-Richtlinien sind deshalb voraussichtlich ein wichtiger Support-Bestandteil für Einsteiger in den neuen Standard.

Thunderbolt 3
Bild 4. Die auf COM-HPC-Server und Client-Modulen verfügbare USB-4.0-Schnittstelle integriert Thunderbolt 3 – der Standard unterstützt bis zu 40 Gbit/s, zwei 4K Displays, bis zu 100 Watt Leistung sowie die Protokolle PCIe, USB, DisplayPort und Thunderbolt.
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Neuer Bestandteil der Spezifikation wird neben der Management-Schnittstelle sein, dass Anwender COM-HPC Device-Module für Grafikprozessoren oder FPGAs entwickeln können. Hierfür wurden in der Spezifikation PCI-Express-Clock-Eingänge definiert, um COM-HPC-Module ebenfalls als Clients einsetzen zu können. So wird es möglich, heterogene Computing-Anwendungen äußerst flexibel und ohne aufwendige Raiser-Karten platzsparend auszulegen. Normalerweise entwickelt ein Ingenieur Grafikkarten für PCIe-Sockel so, dass sie im 90-Grad-Winkel zum Motherboard steckbar sind. Außerdem bieten sie deutlich weniger Steckplätze.
Gleiches gilt für die Alternative der MXM3-Grafikkarten, denn sie besitzen ebenfalls lediglich 314 Pins. COM-HPC ermöglicht folglich extrem flache, modulare Designs auch für die GPGPU. So sind flachbauende Slotkarten für Racksysteme möglich, die sowohl COM-HPC-Server-Module als auch COM-HPC-basierte Beschleuniger-Module auf Basis von GPGPUs, FPGAs oder DSPs bieten. Entsprechende Produkte aller drei Beschleuniger-Modul-Varianten sollen sich bereits in Vorbereitung befinden, sodass COM-HPC nicht mehr bloß ein Standard für Embedded-Edge-Server-Prozessoren ist, sondern ebenfalls für die Erweiterung mittels GPGPU, FPGA und DSPs nutzbar ist.

Nicht mehr 440, sondern 800 Pins

Diese hohe Leistungsfähigkeit der Embedded-Edge-Server-Klasse stellt eine vollkommen neue Kategorie des robusten Embedded-Computing dar. Etwas dezenter positioniert sich daneben die zweite Kategorie der COM-HPC-Client-Module oberhalb der Spezifikation COM-ExpressTyp 6, denn hier sind wegen kleinerem Footprint lediglich bis zu vier SO-DIMM-Riegel möglich. Deshalb macht hier vor allem die Anzahl der Pins den entscheidenden Unterschied aus. Auf 800 Pins kann ein Entwickler deutlich mehr Schnittstellen ausführen als über die 440 von COM Express. Insofern COM Express auch PCIe der vierten Generation verarbeiten kann – wovon zumindest im abwärtskompatiblen Modus auszugehen ist – brauchen Entwickler von COM-Express-Systemen also nicht auf COM-HPC Client-Module zu wechseln.

Neben 49 PCIe Lanes (COM Express Typ 6 bietet 24) gibt es zudem erstmals zwei 25-GbE-KR-Schnittstellen und bis zu zwei 10 Gb BaseT-Schnittstellen, was deutlich mehr ist als bislang ein einfaches GbE LAN. Attraktiv sind ebenfalls bis zu zwei MIPI-CSI-Schnittstellen, die kostengüns­tige Kamera­­anbindungen für Situationsbewusstsein und kollaborative Robotik ermöglichen. Viele Entwickler schätzen die komfortablen, vielseitigen und extrem leistungsfähigen USB-4.0-Schnittstellen, die neben vierfach USB 2.0 vorhanden sind. Von ihnen wird es bis zu vier geben, um extrem schnellen Speicher mit bis zu 40 Gbit/s anzubinden oder die Versorgung von bis zu zwei 4K-Displays inklusive Stromversorgung und integrierter 10-GbE-Netzwerkanbindung über ein einziges USB-C-Kabel umzusetzen. Ebenso wurde bei der Grafik aufgeräumt. Der Support umfasst nun drei dedizierte DDI-Schnittstellen. Spezifische Auslegungen für DisplayPort, DVI-I/VGA und DVI-I, HDMI oder DVI zu LVDS Konverter werden auf dem Carrierboard ausgeführt.
»SoundWire« wurde als neue Schnittstelle in die Spezifikation aufgenommen und ersetzt das bisher meist eingesetzte HDA Interface. SoundWire ist ein MIPI-Standard, der lediglich zwei Leitungen benötigt: Clock und Data mit einem Takt von bis zu 2,288 MHz. Über diese beiden Leitungen können bis zu 4 Audio Codecs parallel angeschlossen werden, wobei jeder Codec eine eigene ID erhält, die ausgewertet wird.

Carrierboard-Designs  der Server-on-Modules-Klasse
Carrierboard-Designs der Server-on-Modules-Klasse.
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OEMs, die mit einem der an der neuen Spezifikation beteiligten Unternehmen in Geschäftsbeziehung stehen, können bereits jetzt in passende Carrierboard-Designs einsteigen, wenn sie sie unter non disclosure agreement (NDA) halten und nicht an Dritte weitergeben. Erst mit dem offiziellem Release wird die neue Spezifikation als offener Standard verfügbar sein. Weitere Informationen zum neuen Standard COM-HPC-Computer-on-Modules und seinem Pinout gibt es auf den Homepages von Congatec [1] und PICMG [2].

Literatur:
[1] https://www.congatec.com/COM-HPC
[2]https://www.picmg.org/openstandards/development/

Carrierboard-Designs
der Server-on-Modules-Klasse
Wollen Entwickler sich bereits heute mit der Auslegung eines COM-HPC Carrierboards auf Edge-Server-Niveau auseinandersetzen, empfiehlt es sich, einen Blick auf das exakt 5,5 × 5,8 Zoll große mini-STX Carrierboard conga-STX7/Carrier zu werfen. Es wurde zwar für COM Express Typ 7 Server-on-Modules entwickelt, zeichnet sich jedoch durch die Integration seines Board Management Controllers der Serverklasse aus. Er ermöglicht umfassende Out-of-Service/Out-of-Band-Zugriffe für die Bereitstellung effizienter Fernüberwachungs-, Verwaltungs- und Wartungsfunktionen. Auf dem Board findet sich ein AST2500 BMC von Aspeed, der auf einem 800-MHz-Arm-1-Prozessor basiert, DDR4 1600 Mbit/s unterstützt und On-Chip-PCIe 2D VGA für die Managementkonsole vorhält. Die Firmware des Controllers hat Congatec auf die Anforderungen an das Management von Computer-on-Modules basierten Embedded-Edge- und Mikro-Servern optimiert. Hierzu zählt unter anderem die Möglichkeit, die bestehenden Schnittstellen der PICMG-Standards zu nutzen, um über die Sensor-Implementierung in das Remote-Management-System alle nötigen Event Logs und Alerts umzusetzen. Zudem wurden IPMI-­Befehle zur Chassis-Power-Kontrolle sowie Kernel-based Virtual Machine (KVM)- und Medienumleit-Funktionen implementiert, um sowohl lokal angebundene Server-Konsolen als auch Remote-KVM zu unterstützen. Eine Host-Debugging-Konsole und ihr Output-Switching zwischen den unterschied­lichen Zielen des Hostsystems runden die Version 1.0 des Releases ab.

 

Jess Isquith
Jess Isquith ist CEO der PICMG. Sie verfügt über mehr als zwanzig Jahre Erfahrung in der Embedded-Computing-Branche. So war sie unter anderem Präsidentin von Aurora Technologies und Vizepräsidentin für Marketing bei Carlo Gavazzi / SIE Computing Solutions. Sie verfügt über einen Bachelor- und Master-Abschluss in Ingenieurwesen der Tufts University.
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Christian Eder ist Director Marketing bei Congatec.
Christian Eder ist Director Marketing bei Congatec und Chairman der PCIMG. Er hat einen Abschluss in Elektrotechnik der Fachhochschule Regensburg. Eder verfügt über 30 Jahre Erfahrung im Bereich Embedded Computing und ist einer der Gründer von Congatec.
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