Sobald es um mehr geht als nur eine Bestückungsvariante ist häufig eine CE- und FCC-Neuzertifizierung des Boards nötig, die mit entsprechenden Kosten verbunden ist. Aufgrund dieser Tatsache und des »non-refundable engineering fees«, das Farnell für die Entwicklungskosten verlangt, kommt nur ein relativ kleiner Kreis finanzstarker Unternehmen für eine Modifikation in Betracht. Allerdings gibt es auch schon Start-up-Firmen, die ein kundenspezfisches Board in Auftrag gegeben haben. »Wir können diesen Firmen die gesamte Lagerhaltung und Logistik abnehmen, wodurch sie wieder Kosten sparen,« sagt Richard Curtin und will damit relativieren, dass es nur Großkonzerne sein müssen, die sich eine Modifikation des Compute Modules leisten können.
Von der Öffentlichkeit unbemerkt gab es bereits modifizierte Raspberry-Pi-Boards, die Farnell auf Basis der Raspberry Pi B, B+ und RPi 2 angefertigt hat. Mit dem Release des Compute Module 3 bietet Farnell seine Modifikations-Dienstleistung nun auch offiziell an. Für Raspberry-Pi-Modifikationen unterhält Farnell zwei Entwicklungszentren, die bei Farnell-Tochterfirmen angesiedelt sind. Einfachere Modifikationen, wie etwa Bestückungsvarianten oder Modifikationen der Leiterplattengröße nimmt Embest Technology vor, ein Entwicklungsbüro im chinesischen Shenzen, in dem 60 Ingenieure sitzen. Wenn komplexere Änderungen gewünscht werden, die eine CE-/FCC-Neuzertifizierung erfordern, dann wird der Entwicklungsauftrag in Cleveland, Ohio, USA bei Avid Technologies bearbeitet, wo weitere 40 Entwicklungsingenieure beschäfigt sind. Ein weiteres Entwicklungsteam befindet sich in Indien.
Typische Änderungsaufträge sind die Integration der Raspberry-Pi-Hardware in einen Sensorknoten oder ein IoT-Gerät. In den ersten sechs Wochen seit Bekanntgabe des „customization service“ hat Farnell nach eigenen Angaben fünf Projekte gewonnen:
Weiterhin ist öffentlich bekannt, dass NEC in einige seiner Großformat-Displays der Serien P und V ein angepasstes Compute Module einbaut, mit dem die Displays zur intelligenten Anzeigetafel werden.
Mit dem Design-Service öffnet Farnell die Option, ein Raspberry-Pi-Board oder -Compute-Module zu individualisieren, um OEM-Hersteller die Möglichkeit zu geben, Raspberry-Pi-Technik in ihre Produkte einzubauen und von der großen Software-Basis der Raspberry-Pi-Community zu profitieren, gleichzeitig aber ein in der Massenfertigung günstig herstellbares Board für ihr System zu bekommen. Laut Richard Curtin geht es bei den meisten Anfragen um Gateway-Systeme und um Änderungen, die den Formfaktor der Leiterplatte betreffen.