Die neuen ARMv7-CPUs auf dem Raspberry Pi V2 machen erstmals den Einsatz von Betriebssystemen wie Android und Windows möglich – die Frage ist, was kann der Anwender für ein »Benutzererlebnis« erwarten?
Die neuen Raspberry-CPUs vom Typ ARM Cortex-A7 stehen rechenleistungsmäßig meilenweit vor dem ARM11, der in den bisherigen Pis zum Einsatz kam. Nichtsdestotrotz ist der A7 eine der langsamsten CPUs der Cortex-A-Familie, mit einer ähnlichen Rechenleistung wie der Cortex-A8, der z.B. im iPhone 3GS zum Einsatz kam.
Mit dem Befehlssatz ARMv7 kann auch Code, der für ARMv6, dem Instruktions-Satz des ARM11, ohne Änderungen ausgeführt werden – Ausnahme sind natürlich handcodierte Assembler-Routinen die speziell für den Raspberry Pi 1 entwickelt wurden. Über die nächsten Monate werden dann auch die meisten ARMv6-Bibliotheken durch Standard-ARMv7-Debian-Bibliotheken ersetzt werden.
Das Raspberry-Pi-2-ARMv7-ISA ermöglicht den Einsatz von Betriebssystemen, die auf dem Raspberry Pi zuvor nie richtig gearbeitet haben, insbesondere Ubuntu, Android und Windows. Während der Einsatz von Ubuntu und Android offensichtlich ist, handelt es sich bei Windows um eine besonders interessante Ankündigung, die hohe Erwartungen im Microsoft-Ecosystem geweckt hat. Die Raspberry-Pi-Stiftung erklärte, sie habe mit Microsoft seit sechs Monaten zusammengearbeitet, um Windows 10 auf den Raspberry Pi 2 zu bringen und will es kostenlos "für Maker" verfügbar machen, was vermutlich einen nicht-kommerziellen Einsatz bedeutet.
Das ist eine große Ankündigung von Microsoft, welche die Ansage, dass Windows 10 auf jedem Gerät laufen kann einschließlich des Internets der Dinge, untermauert. Die Windows-10-Benutzererfahrung auf dem Raspberry Pi 2 wird wahrscheinlich sehr ähnlich zu Windows RT sein, d.h. ohne Desktop-Anwendungen. Auf der anderen Seite sollen Anwendungen, die auf dem Surface Pro 3 laufen, auch auf dem Pi 2 laufen, dies ist ein wichtiger Bestandteil der „Windows für das Internet der Dinge- Initiative“.
Die eine Seite ist die architektonische Fähigkeit, Windows 10 laufen zu lassen, die andere Seite sind die Performance-Erwartungen. Das Original-Surface lief mit Windows RT extrem langsam und das war mit viel schnelleren 1,3-GHz-ARM-Cortex-A9-CPUs, die einen absoluten DMIPS-Wert von 13.000 generieren, doppelt soviel wie die vier Cortex-A7 im Raspberry Pi 2.
Auch wenn sich die Windows-Software seitdem enorm verbessert hat, geht kein Weg an der Tatsache vorbei, dass vier Cortex-A7s bei 900 MHz ein neues hardwaremäßiges Tief für Windows bedeutet. Die einzige Software aus dem Hause Microsoft, die mit derartigen Konfigurationen bislang arbeiten musste, war und ist Windows Phone.
Windows-10 auf Raspberry Pi 2 zeigt auch interessante Spaltung in Microsofts Entwicklungsstrategie, denn diese Ankündigung kommt nur wenige Wochen nach der Ankündigung, dass Windows 10 nicht auf Microsofts ARM-basierende Surface-Geräte kommen wird, weder auf das Original-Surface als noch auf das Surface 2. Man darf deshalb daran zweifeln, dass Windows 10 für Raspberry Pi 2 eine voll funktionsfähige Version sein wird, zumal eine IoT-Anwendung sehr unterschiedlich im Vergleich zu einer Desktop-Anwendung ist.
Es gibt eine offizielle Website für die Windows-10-Unterstützung, die aber noch keine großen Details enthält. Microsoft will interessierte Anwender für sein „Windows für IoT“-Entwicklungsprogramm begeistern, um in der Zukunft zusätzliche Details erhalten zu können.
Meine Prognose für Windows 10 für Raspberry Pi 2 ist, dass wir eine sehr „downgestrippte“ Version sehen werden, welche insbesondere ohne ressourcenfressende Eigenschaften wie die Ausführung von Desktop-Apps oder Task-Switching daherkommen wird, sondern deren übersichtlicher Kern nebst APIs für Maker-Anforderungen optimiert sein wird. Inwieweit Windows 10 mit einem größeren Touch-Screen zurechtkommen wird (anders gefragt, wie Touch-optimiert Windows 10 ist), ist eine weitere interessante Frage. Die Antwort wird die Maker-Community sicher eher als später liefern.
Wer glaubt, dass seine Erfahrung vom PC bald auch auf den Pi transferiert werden kann, sollte diese Erwartungshaltung sehr schnell korrigieren – dazu sind die Cortex-A7 als auch die unveränderte GPU einfach zu schwach.
Raspberry Pi V2 Modell B | Raspberry PI V1 Modell B+ | |
---|---|---|
SoC | Broadcom BCM2836 | Broadcom BCM2835 |
CPU | 4xARM Cortex-A7 mit 900 MHz, ARMv7 ISA | 1x ARM1176JZF-S mit 700 MHz, ARMv6-ISA |
GPU | Broadcom VideoCore IV mit 250 MHz | Broadcom VideoCore IV mit 250 MHz |
Speicher | 1 GB DDR2 | 512 MB DDR2 |
USB | 4x USB 2.0. Host | 4x USB 2.0. Host |
Kamera | 15-Pin-MIPI | 15-Pin-MIPI |
Videoausgang | HDMI 1.3a, Composite Video 3,5mm Klinkenstecker |
HDMI 1.3a, Composite Video 3,5mm Klinkenstecker |
Audioeingang | mit I2S-Schnittstelle | mit I2S-Schnittstelle |
Ausdioausgang | HDMI, 3.5-mm-Klinkenstecker, I2S | HDMI, 3.5-mm-Klinkenstecker, I2S |
Massenspeicher | MicroSD | MicroSD |
Netzwerk | 10/100 Ethernet | 10/100 Ethernet |
Maximale Leistungsaufnahme | < 5 W | 3 W |
Größe | 85,6 x 56,5 mm | 85,6 x 56,5 mm |
Preis |
35 US-Dollar ohne MPEG-2 und VC1-Codecs 40,60 US-Dollar mit MPEG-2 und VC1-Codecs |
35 US-Dollar ohne MPEG-2 und VC1-Codecs 40,60 US-Dollar mit MPEG-2 und VC1-Codecs |
Vergleich der Hardware von Raspberry Pi Version 2 mit dem Vorgänger. Außer der RAM-Verdoppelung und den neuen CPUs ist alles beim alten geblieben, sogar der Preis.