Game-Changer COM-HPC Mini

High-Performance im Miniformat

13. März 2023, 8:00 Uhr | Von Christian Eder
Ersten Module, die konform der – zurzeit noch vorläufigen – COM-HPC-Mini-Spezifikation sind. Bisher waren kompakt und leistungsfähig im Gegensatz zueinander. COM-HPC Mini löst den Gordischen Knoten und bringt High Performance im Miniformat.
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Auf der embedded world präsentiert Congatec erste Module, die konform der – zurzeit noch vorläufigen – COM-HPC-Mini-Spezifikation sind. Bislang standen die Begriffe kompakt und leistungsfähig im Gegensatz zueinander. COM-HPC Mini löst den Gordischen Knoten und bringt High Performance im Miniformat.

Mit der digitalen Transformation rücken Technik und Maschinen noch näher an den Menschen. Seien es kollaborative Roboter, autonome Fahrzeuge, KI-gestützte Medizingeräte oder schnelle 5G-Kommunikation. Um bei den sich ständig beschleunigenden Märkten weiterhin vorne mit dabei zu sein, müssen OEM ihr Produktportfolio stetig überprüfen, optimieren und ausbauen. Ein Performance-Sprung hin zu COM-HPC ist für viele neue Applikationen essenziell, denn die technischen Anforderungen steigen rasant: Situational Awareness mit Videoanalytik auf Basis von künstlicher Intelligenz (KI) erfordert mit zunehmend hohen Kameraauflösungen immens hohe Bandbreiten. Sprachsteuerungen müssen latenzfrei erfolgen. Hierzu sind Datenstreams mit immer höheren Datenmengen in immer kürzerer Zeit mittels KI zu verarbeiten. Grafik in Kombination mit Augmented Reality wird ebenfalls immer anspruchsvoller. Ein paralleles Verarbeiten von Daten bei kollaborativen Industrie-4.0-Prozessen erfordert für Echtzeit ebenfalls minimale Latenzen bei steigendem Datendurchsatz. Nicht zuletzt fordert die Cybersecurity ein Mehr an Rechenpower. Zudem wollen Systementwickler ihre Plattformen mit aktueller Konnektivitätstechnik wie Thunderbolt 4 optimieren.

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Die 13. Generation der Intel-Core-Prozessoren macht Congatec in COM-HPC Client Size A sowie mit COM-HPC Mini verfügbar. Zudem unterstützt Congatec weiter COM Express Basic
Bild 1. Die 13. Generation der Intel-Core-Prozessoren macht Congatec in COM-HPC Client Size A sowie mit COM-HPC Mini verfügbar. Zudem unterstützt Congatec weiter COM Express Basic.
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Der COM-HPC-Standard wurde auf diese zunehmenden Anforderungen hin entwickelt. Nun öffnet sich das Applikationsspektrum sogar noch weiter: COM-HPC-Mini-Module mit Intel-Core-Prozessoren der 13. Generation (Codename Raptor Lake) sind verfügbar. Hiermit steht Entwicklern in Kürze das komplette Ökosystem für die dritte Generation des modularen High-End-Embedded- und -Edge-Computings bereit. Es reicht von Server-on-Modules bis hin zu platzsparenden Client-on-Modules, die kaum größer als eine Kreditkarte sind. Selbst sehr platzsparend ausgelegte COM-Express-Compact- und -Mini-Applikationen können sich mit COM-HPC Mini neue Leistungsklassen und eine höhere Anzahl neuer Highspeed-Schnittstellen erschließen. Ganze Produktfamilien können hiermit hin zum neuen PICMG-Standard migrieren. Das Ganze, ohne Systemdesigns bezüglich des Gehäuses aufgrund größerer Modul- und hiermit auch Carrierboard-Maßen anzupassen.

Von COM Express Compact zu COM-HPC im Designsprint

Mit der Spezifikation von COM-HPC Size A war dieser Zustand noch nicht hergestellt. Denn mit 95 mm x 120 mm (11.400 mm2) ist der bislang kleinste Footprint des COM-HPC-Standards noch immer knapp 32 Prozent größer als COM Express Compact, der 95 mm x 95 mm (9.025 mm²) misst.

 COM-HPC Mini bietet mit seinen 400 Pins eine hohe Anzahl an High-Performance-Schnittstellen – das Ganze bei Abmessungen, die kaum größer sind als eine Kreditkarte
Bild 2. COM-HPC Mini bietet mit seinen 400 Pins eine hohe Anzahl an High-Performance-Schnittstellen – das Ganze bei Abmessungen, die kaum größer sind als eine Kreditkarte.
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Auf die Breite des Moduls bezogen sind das 25 mm, die zu viel sind, um bestehende COM-Express-Designs allein vom Footprint betrachtet hin zu COM-HPC Client zu migrieren. Weil COM Express Compact der am weitesten verbreitete COM-Express-Formfaktor ist und in der Regel lediglich das High-End derzeit noch den größeren Formfaktor COM Express Basic nutzt, scheiterten viele Entwickler allein beim Dimensionieren des Systems. Kleiner geht jedoch immer. Aus dem Grund ist COM-HPC Mini mit seinen 95 mm x 60 mm vor allem für die vielen Systemdesigns in kompakter Bauart ein Befreiungsschlag, der vollkommen neue Perspektiven eröffnet.

Bei der Anzahl der Pins stehen mit 400 Pins zwar 40 weniger als bei COM Express Type 6 (440) bereit. Trotzdem profitieren Entwickler von Bandbreitengewinnen und einer größeren Schnittstellenvielfalt. Hierdurch relativiert sich der nominelle Rückgang der PCIe Lanes von 24 bei COM Express Type 6 auf 16 Lanes bei COM-HPC Mini. Das Schnittstellenpaket haben die meisten Systemdesigns mit kompakter Bauart ohnehin so gut wie nie ausgeschöpft. Vorhandene Schnittstellen bei COM-HPC Mini sind unter anderem:

➔ PCIe bis zu Gen 5 und voraussichtlich PCIe Gen 6
➔ vierfach USB 4.0
➔ zweifach 10 Gbit/s Ethernet (über zwei SerDes-Lanes auf vier Ports erweiterbar)
➔ bis zu vier Display-Schnittstellen
➔ zweifach MIPI-CSI für Kameras
➔ CAN-Bus
➔ zweifach UART

Auch der Support für funktionale Sicherheit ist als neues Feature hinzugekommen. Hiermit sind zukünftig sehr kompakte Applikationen wie autonome mobile Roboter und Fahrzeuge erreichbar, die neben anderen Aufgaben sicherheitskritische Echtzeit-Aufgaben auf einem System konsolidieren sollen.

Neu ist langfristig besser

Ein kleinerer Footprint passt immer: COM-Express-Basic- und Compact-Module können durch COM-HPC-Mini-Module problemlos ersetzt werden
Bild 3. Ein kleinerer Footprint passt immer: COM-Express-Basic- und Compact-Module können durch COM-HPC-Mini-Module problemlos ersetzt werden.
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Viele Applikationsentwickler wissen zudem die neu gewonnene Designsicherheit zu schätzen, da der COM-HPC-Konnektor für deutlich höheren Datendurchsatz spezifiziert ist als der COM-Express-Konnektor. Mit der Ende 2022 gelaunchten COM-Express-3.1-Spezifikation wurde der Support von PCIe 4.0 mit bis zu 16 Gbit/s geschaffen. Jedoch ist das Ende der Fahnenstange weiterer Leistungssteigerungen in Sicht: Beim aktuellen Launch der 13. Core-Prozessorgeneration zeigt sich, dass die Schere auseinandergeht, da COM-HPC mehr Leistung bietet. Hier unterstützen einige Varianten bereits PCIe 5.0, was einen doppelt so hohen Datendurchsatz ermöglicht. Entwickler müssen jedoch nicht nervös werden, wenn sie mit den Bandbreiten von COM Express noch leben können, denn diesen erfolgreichen Computer-on-Module(CoM)-Standard wird es noch viele weitere Jahre geben. Gewährleistet ist das unter anderem mit dem ungebremsten Support der Embedded-Hersteller und sorgfältigen Upgrades innerhalb des technisch Umsetzbaren.

Gerade für kostensensitive und/oder Low-Power-Designs ist das eine gute Nachricht, für die ist COM-HPC überdimensioniert. Möchten Entwickler jedoch ihr High-Performance-Design nach dem aktuellen Stand der Technik ausrichten, beispielsweise mit Thunderbolt 4, können sie ab sofort bestehende Designs migrieren. Thunderbolt-4-Anschlüsse setzen in Maximalausstattung über ein einziges USB-C-Kabel Stromversorgung, bidirektionale Datenübertragung bis hin zu USB 3.2 Gen 2 sowie 4K-Videoanzeigen und 10-Gbit-Ethernet um. Hierfür ist jedoch eine Bandbreite von bis zu 40 Gbit/s bereitzustellen, was mit dem COM-Express-Konnektor in der Spezifikation 3.1 nicht umsetzbar ist.

Gelötete CPUs mit höherem Leistungsvermögen

Niedriger ist kein Bottleneck: Ein COM-HPC-Mini-Modul und ein Heatspreader benötigen minimal 15 mm (Oberfläche Carrier Board bis Heatspreader)
Bild 4. Niedriger ist kein Bottleneck: Ein COM-HPC-Mini-Modul und ein Heatspreader benötigen minimal 15 mm (Oberfläche Carrier Board bis Heatspreader).
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Zahlreiche Faktoren sprechen demnach für den COM-HPC-Standard. Hierbei wirkt der Launch der Intel-Core-Prozessoren der 13. Generation wie ein Beschleuniger. Congatec erwartet einen schnellen und massiven Anstieg der Serienproduktion von OEM-Designs auf Basis der neuen Module. Unter anderem weil die neuen langzeitverfügbaren Prozessoren viele Features verbessern und dennoch vollständig hardwarekompatibel zu ihren Vorgängern sind – was das Implementieren beschleunigt und vereinfacht. Mit Thunderbolt und PCIe-Support bis zu Gen 5 eröffnen die Module Entwicklern neue Horizonte in Bezug auf Datendurchsatz, I/O-Bandbreite und Leistungsdichte. Die neuen COM-Express-3.1-konformen Module hingegen sichern vor allem Investitionen in bestehende Designs über viele weitere Jahre – inklusive Upgrade-Optionen hin zu mehr Datendurchsatz mit PCIe-Gen4-Support.

Im Vergleich zu Intels Core-Prozessoren der 12. Generation bieten die neuen COM-HPC und COM Express CoMs mit gelöteten Prozessoren der 13. Generation verschiedene Vorteile: Zum Ersten stellen sie Intels Hybridarchitektur erstmals robusten Designs im industriellen Temperaturbereich von -40 bis +85 °C bereit. Zum Zweiten bieten sie laut Intel bis zu acht Prozent mehr Singlethread- und bis zu fünf Prozent mehr Multithread-Leistung. Der Zuwachs geht mit dem verbesserten Fertigungsprozess einher in Verbindung mit einer höheren Energieeffizienz.

Ebenfalls neu in der Leistungsklasse (15 bis 45 W Base Power) sind der Support von DDR5-Speicher und PCIe-Gen5-Konnektivität bei ausgewählten CPU-Versionen. Beides trägt zu einer noch besseren Multithread-Leistung sowie einem höheren Datendurchsatz bei. Mit bis zu 96 Execution Units (EU) und schnellen Codier- und Decodier-Fähigkeiten ist die integrierte Iris-Xe-Grafikarchitektur ideal bei hohen Grafikanforderungen – beispielsweise in Applikationen mit Videostreaming und/oder videodatenbasierter Situationserkennung. All die Features verbessern viele Embedded- und Edge- Computing-Applikationen – die zunehmend Machine-Learning-Funktionen sowie Konsolidieren von Workloads implementieren.

Dank optimierter Kühllösungen bietet COM-HPC Mini mit einer maximalen Leistungsaufnahme von bis zu 76 W reichlich Spielraum für leistungsorientierte Prozessoren und Systemdesigns
Bild 5. Dank optimierter Kühllösungen bietet COM-HPC Mini mit einer maximalen Leistungsaufnahme von bis zu 76 W reichlich Spielraum für leistungsorientierte Prozessoren und Systemdesigns.
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COM-HPC Mini ist sehr robust

Stellt man sich die neuen Prozessoren auf COM-HPC Mini vor und addiert Features wie gelöteten RAM und den Support des industriellen Temperaturbereichs, erkennt man, wie universell die neuen Module in High-Performance-Systemen einsetzbar sind – was mit COM Express nicht erreichbar ist. Bleibt noch die Frage: Wie aufwendig ist es, Systeme von COM Express hin zu COM-HPC zu migrieren? Im Grunde ist lediglich das Carrier Board betroffen, das von seinen Maßen und Schnittstellenplatzierungen jedoch gleichbleiben kann. Sicherlich sind Routing und Bauelemente an die neue Leistung anzupassen, zudem ist kein einfacher Austausch des Moduls möglich. Es steht hardwareseitig aber eben »lediglich« die Adaption bestehender Designpraxis an die neuen Anforderungen schnellerer Schnittstellen an. Hierbei ist vor allem die Highspeed-Signalisierung herausfordernd.

Services und Trainings vereinfachen das Design

Die Migration von COM Express zu COM-HPC verbessert zahlreiche Schnittstellenoptionen
Tabelle 1. Die Migration von COM Express zu COM-HPC verbessert zahlreiche Schnittstellenoptionen.
© Congatec

Hier greifen Hersteller wie Congatec Entwicklern mit einer eigenen Schulungsakademie unter die Arme. Sie bietet Trainingsprogramme für Carrier- Board-Design an und soll Entwicklern Wissen für das Systemdesign vermitteln. Ziel ist es, Entwicklern einen schnellen, einfachen und effizienten Einblick in die Designregeln des neuen PICMG-Standards zu geben. Die Kurse führen Entwickler beispielsweise durch alle obligatorischen und empfohlenen Designgrundlagen und Best-Practice-Schaltpläne für CoMs und versetzen sie in die Lage, ihre eigenen Carrier-Board-Designprojekte zu starten. Mit dem Trainingsprogramm für Carrier-Board-Designs, das ab April 2023 startet, erhalten Ingenieure einen Einstieg in die Welt des High-End-Embedded- und -Edge-Computings – von PCB-Layout-Prinzipien über Power-Management-Regeln und Signalintegritätsanforderungen bis hin zur Bauteilauswahl.

Congatec macht die 13. Generation Intel-Core-Prozessoren in zahlreichen Varianten verfügbar
Tabelle 2. Congatec macht die 13. Generation Intel-Core-Prozessoren in zahlreichen Varianten verfügbar
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Entwickler, die zwar COM-HPC einsetzen wollen, jedoch selbst nicht über die Ressourcen zur Integration der Module verfügen, bietet Congatec den Design-in-Service an. Carrier-Board-Designs, optimierte Kühllösungen sowie Systemintegrationen sind möglich. Hiermit gestaltet Congatec ein umfassendes COM-HPC-Ökosystem. So sind neue Designs und Designsprints zur Migration von COM Express zu COM-HPC Mini nicht länger herausfordernd.


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Vorstoß in die Welt der Mixed-Critical-Echtzeit-Server

Die Welt der Mixed-Critical-Echtzeit-Server
© Congatec

Neben Computer-on-Modules bedient COM-HPC auch Edge-Server-Applikationen. In dieser Leistungsklasse erweiterte Congatec jüngst sein Server-on-Modules-Portfolio um fünf COM-HPC-Server-Size-D-Module mit Intel-Xeon-D-2700- Prozessor in den Maßen 160 mm x 160 mm. Der Launch unterstreicht die Nachfrage der Industrie nach Edge Server Performance in einem kleinen, robusten und für den Outdoor-Einsatz geeigneten Formfaktor. Außerdem dringen hiermit Intels CPUs mit ihren bis zu 20 Kernen noch weiter in den Bereich der anspruchsvollen gemischt-kritischen Echtzeitapplikationen vor. Im Vergleich zu den bereits verfügbaren größeren COM-HPC-Server-Size-E-Modulen (200 mm x 160 mm) halbiert sich die Anzahl der unterstützten DRAM-Module von acht auf vier. Dennoch stehen 512 GB DDR4-RAM mit 2.933 MT/s bereit. Vorteil des begrenzten Arbeitsspeichers ist, dass die Module weniger Platz benötigen, was den Footprint im Vergleich zu Size E um 20 Prozent reduziert. Zielapplikationen der neuen COM-HPC-Module sind tief eingebettete, platzbeschränkte Edge-Server-Applikationen mit hohem Datendurchsatz, aber weniger speicherintensiven Workloads. Sie finden sich in IIoT-vernetzten Echtzeitumgebungen, so zum Beispiel in Smart Factories und kritischen Infrastrukturen.
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Der Autor

Eder Christian
© congatec

Christian Eder ist Director Marketing bei Congatec. Mit seinem großen Engagement in den Gremien der SGeT und PICMG treibt er die Standardisierung von Computermodulen voran. So hat er Jahrzehnte der Embedded-Computing-Branche geprägt und war unter anderem bei der Umsetzung von COM Express, Qseven oder SMARC beteiligt. Derzeit ist er Chairman für COM-HPC bei der PICMG und zweiter Vorsitzender der SGeT.


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