Mit oder ohne Lüfter?

Grundlagen und Tipps zur Entwärmung von Industrie-PCs

20. Juli 2011, 11:14 Uhr | Von Christian Lang
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Lüfter unterstützen Konvektion

Bei der Wärmeströmung (Konvektion) führen Gase oder Flüssigkeiten die Wärme mit sich. Die freie, natürliche Konvektion ist dabei abhängig von der Strömungslänge des Körpers (beispielsweise von der Höhe eines Kühlkörpers) und von der Strömungsgeschwindigkeit, die wiederum durch die Temperaturdifferenz erzeugt wird. Der Wärmeübergang wird bestimmt vom Wärmeleitwert der Luft und der thermischen Grenzschichtdicke. Der Wärmewiderstand beim Übergang von einem Kühlkörper oder einem Gehäuse zu Luft ist dabei abhängig vom Wärmeübergangskoeffizienten und von der Größe der entsprechenden Oberfläche.

Bei passiv gekühlten Systemen ist z.B. ein hochkant gestelltes System wesentlich besser als ein flach liegendes Gerät mit gleichen Dimensionen. Hier ist die Strömungslänge optimiert. Das alleine kann schon zu einer Verminderung der Innentemperatur um mehr als 5 K führen.

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Infrarot-AUfnahme des Embedded-Systems NanoServer E4-GM45. Dieses System ist mit einem Lüfter ausgestattet
Bild 2. Infrarot-Aufnahme des Embedded-Systems NanoServer E4-GM45. Dieses System ist mit einem Lüfter ausgestattet
© DSM-Computer

Neben der freien Konvektion wird in vielen Fällen mit erzwungener Konvektion (aktive Kühlung) gearbeitet. Ein Gehäuselüfter transportiert kühle Umgebungsluft in das Innere des Gehäuses bzw. führt die erwärmte Innenluft nach außen. Als Nebeneffekt vermindert er auch noch den Wärmewiderstand von der Innenluft an das Außengehäuse.

Zur aktiven Kühlung ihrer Industrie-PCs und Embedded-Systemen setzt DSM Computer unterschiedliche Lüfter ein. Bild 2 zeigt das kompakte Embedded-System „NanoServer E4-GM45“ mit Lüfter in einer Infrarot-Aufnahme von außen und von innen gleich nach dem Öffnen des Deckels. Der Industrierechner basiert auf dem Intel-Chipsatz GM45 mit einer TDP von 12 W und der CPU Intel Core 2 Duo P8400 mit zwei CPU-Kernen und einer TDP von 25 W. Die maximale Verlustleistung des Systems mit allen Komponenten wie Speicher, Harddisk und Netzteilverlusten liegt bei ca. 50 bis 55 W.

Kennlinie eines Lüfters. der Arbeitspunkt ist der Schnittpunkt zwischen Lüfter- und Gerätekennlinie.
Bild 3. Kennlinie eines Lüfters. Der Arbeitspunkt ist der Schnittpunkt zwischen Lüfter- und Gerätekennlinie.
© DSM-Computer

Bei der Auswahl des Lüfters ist darauf zu achten, dass er im idealen Bereich der Kennlinie arbeitet (Bild 3). Damit die Gerätekennlinie möglichst flach ist und somit der Druckverlust gering bleibt, sollten die Ein- und Austrittsöffnungen mindestens das 1,5-fache des Lüfterquerschnitts betragen. Bei der Gerätekennlinie B arbeitet der Lüfter in einem deutlich günstigeren Bereich als bei der Kennlinie A. Der Volumenstrom ist dadurch wesentlich höher.

Um die Geräusche des Lüfters zu minimieren, dürfen keine scharfen Kanten direkt vor der Ansaugöffnung liegen. Die weit verbreitete Meinung, dass ein Lüfter sich negativ auf die Lebensdauer eines Systems auswirkt, ist nicht richtig. Aktuelle Lüfter sind mit einer Lebensdauer von mehr als 80 000 Stunden heute bei weitem nicht mehr die schwächste PC-Systemkomponente.

In der Praxis sind bei aktiv belüfteten Industrie-PC-Gehäusen auch mit leistungsstarken Core-i5-Systemen und voller Belastung Temperaturdifferenzen von außen nach innen von lediglich 8 bis 15 K erreichbar. Bei passiv gekühlten Geräten werden dagegen sogar bei Einsatz energiesparender Intel-Atom-CPUs mit 2 bis 2,5 W Verlustleistung und entsprechend kleinen Gehäuseabmessungen besondere Maßnahmen nötig, um ein ΔT unter 20 K zu erreichen. Die passive Kühlung ist hier nur abhängig von der Außenfläche, der Innenfläche und der Geometrie (Höhe, Kanten usw.), welche die freie Konvektion innen und außen am Gehäuse beeinflusst.

Der kompakte Hutschienen-PC H1-A integriert ein 70x70 mm² kleines Qseven-Modul, das zur Kühlung direkt mit dem Rechnergehäuse verbunden ist.
Bild 4. Der kompakte Hutschienen-PC H1-A integriert ein 70 x 70 mm² kleines Qseven-Modul, das zur Kühlung direkt mit dem Rechnergehäuse verbunden ist.
© DSM-Computer

Eine passive Kühlung ohne erzwungene Konvektion von innen nach außen kennzeichnet den neuen Hutschienen-PC H1-A von DSM. Der nur 7 TE (122 mm) breite Industrierechner lässt sich dank seiner standardisierten Montagemöglichkeit einfach in einen Schaltschrank oder Standard-Elektroschrank verbauen. Das Herzstück des Rechners ist ein 70 × 70 mm2 kleines Qseven-Modul, das mit dem energiesparenden Intel-Atom-Prozessor Z510 arbeitet. Als Chipsatz kommt der Intel US15W System Controller Hub mit integriertem Grafikprozessor GMA 500 zum Einsatz. Zur optimalen Wärmeableitung ist das Qseven-Board direkt über eine Heatrail mit dem Rechnergehäuse verbunden. Auch CPU und System Controller Hub sind direkt an das Aluminiumgehäuse angebunden (Bild 4). Die Kühlrippen sind so angeordnet, dass sie auch im Elektroschrank optimal wirken. Die maximale Systemverlustleistung wird mit ca. 8 W angegeben. Der Hutschienen-PC kommt damit ohne Lüfter aus.

Effektive Wärmeableitung durch Heat Pipes

Um die Wärme von der Wärmequelle direkt an das Gehäuse zu führen, können Heat Pipes eingebaut werden. Heat Pipes bestehen aus einem geschlossenen Rohr, in dem auf einer Seite eine Flüssigkeit (z.B. Wasser) verdunstet und am anderen Ende wieder kondensiert. Dabei wird die Verdunstungswärme transportiert. Der Rücktransport der Flüssigkeit erfolgt mittels Kapillarwirkung mit einem Maschennetz oder einer entsprechenden Verrippung der Rohrinnenseite.

Heat Pipes ermöglichen einen sehr effektiven Wärmetransport. Es lässt sich eine 100- bis 1000-fach höhere Wärmemenge transportieren als mit einem Kupferbauteil gleicher geometrischer Abmessungen. Die Funktion der Heat Pipe hängt nicht nur von der Temperaturdifferenz, dem Durchmesser und den Radien, sondern auch von den Einbaubedingungen ab und muss speziell für die jeweilige Anwendung optimiert sein. Darüber hinaus arbeitet die Heat Pipe nur in einem ganz bestimmten Temperaturbereich und ersetzt keinen Kühlkörper.

Aktiv oder passiv?

Sowohl die aktive als auch die passive Entwärmung eines System haben Vorteile, die von Fall zu Fall abgewogen werden müssen. Für die aktive Kühlung sprechen:

  • niedrige Temperaturdifferenz ∆T durch erzwungenen Luftaustausch (in der Praxis ca. 8 bis 15 K),
  • hohe Lebensdauer der verbauten Komponenten,
  • gerichteter Luftstrom reduziert Hot Spots,
  • relativ preiswert.

Die passive Kühlung hat folgende Vorteile:

  • keine beweglichen Teile (bei Flash Disks),
  • wartungsfrei,
  • kein Ansaugen von (nennenswertem) Staub in das System,
  • Vorteile bei Anforderung nach Schutzklasse IP 4x/IP 5x.

DSM Computer stellt durch eine Temperaturmessung sicher, dass alle eingesetzten Bauteile innerhalb ihrer spezifizierten Werte betrieben werden. Die Temperaturbestimmung erfolgt über Fühler (Umgebung, Oberfläche), mit einer Infrarotkamera oder durch eine Simulation. Darüber hinaus können in einem Temperaturschrank die Funktion, die Optik etc. des Gerätes bei maximalen Temperaturgrenzwerten nach unterschiedlichen DIN-EN-Normen über einen bestimmten Zeitraum getestet werden.


  1. Grundlagen und Tipps zur Entwärmung von Industrie-PCs
  2. Lüfter unterstützen Konvektion
  3. 10 Grad weniger - doppelte Lebensdauer

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