»Wir machen die Tool-Nutzung flexibler«

Cloud-fähige Tools für moderne DevOps und CI/CD-Pipelines

26. Juni 2025, 9:00 Uhr | Andreas Knoll
Cecilia Wachtmeister ist CEO von IAR Systems.
© IAR Systems

Breite Architektur-Unterstützung, strenge Code-Qualitätskontrolle, zertifizierte Tools für Functional Safety: Cecilia Wachtmeister, CEO von IAR Systems, über die hohen Anforderungen von Embedded-Software-Entwicklern und die Transformation von IAR hin zum Entwicklungspartner für flexible Workflows.

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Markt&Technik: Wir sehen aktuell ein wachsendes Interesse für das offene ISA RISC-V und moderne Programmiersprachen wie Rust. Wie reagiert IAR als Tools-Anbieter auf diese Veränderungen im Ecosystem?

Cecilia Wachtmeister: Indem wir bei IAR unsere Unterstützung für Architekturen und Betriebssysteme konsequent weiter ausbauen – und damit sicherstellen, dass Kunden unsere Werkzeuge für eine Vielzahl von Projekten standardisieren können. Wir waren einer der ersten, der eine starke Unterstützung für RISC-V angeboten hat sowie auch für etablierte Ecosystems wie Arm und das Echtzeitbetriebssystem Zephyr.

Was Rust betrifft: Auch wenn die Programmiersprache zunehmend an Aufmerksamkeit gewinnt, so setzt die Mehrheit der Embedded-Entwickler immer noch auf C/C++, besonders in regulierten Märkten. Deshalb liegt unser Schwerpunkt weiterhin auf der Bereitstellung erstklassiger C/C++-Tools mit strenger Code-Qualitätskontrolle. Wir haben Rust natürlich auf dem Radar, aber aktuell sehen wir noch keine große Nachfrage im Embedded-Bereich.


Der breite Embedded-Software-Markt ist interessierter denn je an Open-Source- und flexibleren Lösungen. Ist Ihre kürzlich eingeführte Cloud-fähige Plattform eine Antwort auf diesen Trend?

Wir konzentrieren uns auf regulierte Märkte, in denen Standards wie zu Functional Safety (FuSa) und ein langfristiger Support entscheidend sind. Unser neues Angebot unterstützt moderne, flexible Entwicklungs-Workflows und gewährleistet zugleich die Robustheit, die in sicherheitskritischen Umgebungen erforderlich ist. Selbstverständlich gehen wir auch auf den Open-Source-Trend ein, indem wir eine Interoperabilität sicherstellen.

So haben wir eine umfassendere Unterstützung für GNU-C/C++-Erweiterungen eingeführt. Damit können die Kunden Open-Source-SDKs, beispielsweise aus dem Zephyr-RTOS-Ecosystem, einfacher in unsere Toolchain integrieren. Die Entwickler können damit offene Standards übernehmen und zugleich weiterhin die Funktionen branchenbewährter Tools nutzen.

Wir beobachten aktuell auch eine deutliche Verschiebung in einigen Branchen, besonders bei Automotive, Industrie und Medizintechnik, in denen Unternehmen die Einhaltung von FuSa-Standards anstreben. In vielen Fällen entscheiden sich Kunden für IAR, weil unsere zertifizierten Tools und unser langfristiger Support die Komplexität bei der Einhaltung der Standards reduzieren.

Mit unserem Subskriptionsmodell erhalten Kunden ohne zusätzliche Kosten Zugriff auf das gesamte IAR-Portfolio, einschließlich FuSa-zertifizierter Tools, Debugging-Funktionen und statischer Codeanalyse. Mit diesem Ansatz unterstützen wir nicht nur eine skalierbare, zeitgemäße Entwicklung, sondern liefern auch in regulierten Umgebungen vertrauenswürdige Ergebnisse.

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Cecilia Wachtmeister, CEO von IAR Systems
Cecilia Wachtmeister, IAR Systems: »Unsere Kunden entscheiden sich für die neue IAR-Plattform, weil sie moderne, flexible Entwicklungsabläufe unterstützt und die in sicherheitskritischen Umgebungen erforderliche Robustheit gewährleistet.«
© IAR Systems

Seit 40 Jahren bietet IAR proprietäre Tools an. Transformieren Sie derzeit Ihr Geschäftsmodell?

Es stimmt, wir durchlaufen gerade einen grundlegenden Wandel: Wir entwickeln uns von einem traditionellen Tools-Anbieter zu einem langfristigen strategischen Partner für Entwickler von Embedded-Systemen.

Eine einzige Subskription umfasst nun den Zugriff auf unser gesamtes Toolchain-Portfolio mit allen erweiterten Funktionen und Zertifizierungen und ist an den Anwenderzugriff und die Kapazitätsnutzung gebunden. Damit können wir unsere Kunden während des gesamten Produktlebenszyklus unterstützen, vom initialen Design bis zur langfristigen Wartung, besonders in regulierten Märkten.


Wie lässt sich Ihre Plattform in moderne DevOps-Praktiken und Continuous-Integration/Continuous-Deployment-Pipelines (CI/CD) integrieren?

Die IAR-Plattform ist nahtlos auf moderne DevOps-Methoden und CI/CD-Workflows abgestimmt. Sie ist cloudfähig und auf Automatisierung ausgelegt, sodass unsere Kunden ihre DevOps- und CI/CD-Kapazitäten dynamisch an ihre Projektanforderungen anpassen können.

Die Plattform ist architekturunabhängig und unterstützt die Entwicklung auf RISC-V, Arm, Renesas RX und anderen von Kunden gewünschten Architekturen, für die IAR eine kompatible Toolchain einschließlich Linker, Debugger und Tools für die statische Analyse bereitstellt. Dieses Prinzip gilt für alle IAR-Tools, deshalb können die Entwickler die Ressourcen dynamisch entsprechend der Arbeitslast zuweisen.

Wir unterstützen containerisierte, headless Workflows und ermöglichen eine native Integration mit Tools wie GitHub Actions, GitLab CI und Azure DevOps. Dadurch lassen sich unsere Tools direkt in moderne Software-Pipelines einbinden, ohne dass die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften beeinträchtigt oder bestehende Prozesse unterbrochen werden.


Wie stellt IAR bei der Umstellung auf Cloud-basierte Dienste sicher, dass Entwickler die Kontrolle und Flexibilität in ihren Workflows behalten?

Die neue IAR-Plattform gibt sowohl einzelnen Entwicklern als auch Unternehmen mehr Kontrolle und Flexibilität beim Zugriff auf die Tools und bei der Skalierung der Tools-Nutzung. Jedes Angebot kombiniert die Unterstützung für benannte Anwender, also Einzelpersonen, die zur Nutzung jeder IAR-Software lizenziert sind, und Kapazitätseinheiten für automatisierte Workflows.

Benannte Anwender sind nicht an bestimmte Rechner gebunden, was bedeutet, dass Entwickler mit derselben Lizenz auf Laptops, Desktops oder in Cloud-Umgebungen arbeiten können. Dies entspricht der Arbeitsweise moderner Teams und unterstützt Mobilität, Fernzugriff und hybride Setups.


Bei Embedded-System-Designs wird viel über die Implementierung von Sicherheit gesprochen. Sehen Sie angesichts des bevorstehenden EU-Cyber-Resilience-Act (CRA) eine steigende Nachfrage auf dem Markt?

Die Umsetzung des CRA rückt schnell näher, deshalb ist Embedded-Security keine theoretische Frage mehr, sondern eine grundlegende Anforderung. Wir sehen eine wachsende Nachfrage nach Funktionen wie Secure Boot, Firmware Integrity und IP-Schutz, besonders von Teams, die ohne zusätzliche Komplexität Sicherheitsmerkmale in ihre Anwendungen implementieren möchten. Durch die Integration dieser Funktionen in die Plattform, wie im Fall von IAR, können Software-Unternehmen die sich weiterentwickelnden regulatorischen Anforderungen erfüllen und zugleich die Effizienz ihrer Projekte aufrechterhalten.


Ein weiterer Dauerbrenner ist das Thema FuSa. Wie kommen beispielsweise Ihre Automotive-Kunden mit diesen Anforderungen zurecht?

Eines unserer hauptsächlichen Unterscheidungsmerkmale ist, dass wir zertifizierte, eingefrorene Toolchains mit langfristigem Support, oft von 15 bis mehr als 20 Jahren, anbieten, um die Anforderungen sicherheitskritischer Anwendungen zu erfüllen.

Für Kunden aus der Automobilindustrie, die nach ISO 26262 oder ähnlichen Normen arbeiten, reduzieren unsere Toolchains den Zertifizierungsaufwand und gewährleisten Konsistenz über den gesamten Entwicklungs- und Produktlebenszyklus.

Cecilia Wachtmeister, CEO von IAR Systems
Cecilia Wachtmeister, IAR Systems: »Wir entwickeln uns von einem traditionellen Tools-Anbieter zu einem langfristigen strategischen Partner für Entwickler von Embedded-Systemen.«
© IAR Systems

Codequalität ist entscheidend, um langfristig die Kontrolle über eine Software zu behalten. Wie trägt die IAR-Plattform zur Verbesserung der Codequalität bei?

Unsere Plattform unterstützt Teams bei der Durchsetzung der Codequalität in jeder Entwicklungsphase, von einzelnen Entwicklerarbeitsplätzen bis hin zu automatisierten CI/CD-Pipelines. Tools für die statische Analyse wie C-STAT sind direkt in die Toolchain integriert und ermöglichen es Entwicklern, Probleme frühzeitig und konsequent zu erkennen.

Weil diese Tools interaktiv während der Entwicklung und automatisch während der Builds eingesetzt werden, lässt sich jede Codeänderung oder jeder Integrationszyklus anhand von Industriestandards wie MISRA C/C++, CERT C und CWE überprüfen. Dadurch wird nicht nur die Konsistenz der Kodierungspraktiken gewährleistet, sondern die Teams können auch langfristige Wartbarkeit, Sicherheit und Konformität sicherstellen.

Ob im Standalone-Modus oder eingebettet in einen automatisierten Workflow, die Tools ermöglichen ein kontinuierliches Feedback zur Codequalität, reduzieren den manuellen Prüfaufwand und helfen Unternehmen, komplexe Embedded-Software-Projekte beherrschbar zu halten.


KI und Machine Learning halten immer mehr Einzug in Embedded-Anwendungen. Wie unterstützt IAR Entwickler, die mit KI/ML in Embedded-Systemen arbeiten?

IAR entwickelt zwar keine KI-Algorithmen oder -Frameworks, aber wir unterstützen Entwickler, die KI/ML in Embedded-Systeme einbringen, indem wir leistungsstarke, architekturoptimierte Toolchains und umfassende Debugging-Funktionen bereitstellen.

Viele KI/ML-Modelle, die in Mikrocontrollern eingesetzt werden, beruhen auf effizienten Inferenz-Engines, die oft CMSIS-NN, TensorFlow Lite für Mikrocontroller oder herstellerspezifische Bibliotheken verwenden. Die Compiler von IAR helfen Entwicklern, die maximale Leistung aus diesen Workloads herauszuholen, indem sie die Ausführungsgeschwindigkeit, den Speicherbedarf und den Stromverbrauch optimieren.

Darüber hinaus hilft die IAR-Plattform Entwicklern mit Laufzeitanalyse-Tools und der Durchsetzung von Codequalität, sicherzustellen, dass sich KI-basierte Anwendungen vorhersehbar, zuverlässig und sicher verhalten, selbst in sicherheitsrelevanten Systemen mit unterschiedlich kritischen Komponenten.

Immer mehr Embedded-Systeme kombinieren Echtzeitsteuerung mit ML-Inferenz, deshalb konzentrieren wir uns weiterhin darauf, Entwicklern zu helfen, diese Systeme mit der nötigen Sicherheit und Transparenz zu erstellen, zu testen und einzusetzen.


Bevor Sie im vergangenen Jahr zur CEO von IAR ernannt wurden, waren Sie bereits einige Zeit im Vorstand des Unternehmens tätig. Was war für Sie neu aus der Perspektive der CEO?

In den vier Jahren als Vorstandsmitglied von IAR habe ich ein gutes Verständnis für das Unternehmen entwickelt. Aber es ist ein großer Unterschied, ob man die strategische Perspektive eines Vorstands einnimmt oder ob man als CEO die Verantwortung für das Management und das Tagesgeschäft trägt.

Die Transformation, die wir derzeit umsetzen – die Umstellung auf ein Subskriptionsmodell, die Erweiterung der Architektur- und Betriebssystem-Unterstützung sowie die Vertiefung langfristiger Kundenbeziehungen – ist eine tiefgreifende operative Veränderung. Sie erfordert eine enge Abstimmung zwischen den Teams, klare Kommunikation und eine starke Fokussierung auf die Umsetzung.

Meine Aufgabe besteht heute darin, unsere Strategie und deren Umsetzung zu koordinieren und sicherzustellen, dass unsere Kunden, Mitarbeiter, Partner und Aktionäre gleichermaßen zufrieden und engagiert sind. Meine täglichen Aufgaben reichen von der Auswahl zukünftiger Technologien über die Entwicklung von Mehrwert für unsere Kunden bis hin zur Stärkung der Allianzen mit strategischen Partnern und Investoren.

Ich bin dankbar und fühle mich geehrt, mit den Kollegen bei IAR und unseren Partnern zusammenarbeiten zu dürfen. Für mich ist das wirklich ein Traumjob – herausfordernd, anregend und in jeder Interaktion bereichernd.


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